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Fortsetzung des Textes Herzinsuffizienz 6. Therapie 6.1 Informationen zur Prognose im Falle der Nichtbehandlung Die Diagnose "Herzinsuffizienz" ist häufig nur eine Verdachtsdiagnose, gestützt auch auf das gute Ansprechen auf einen ersten
Therapieversuch mit Diuretika. Es gibt nur begrenzte Angaben über die Prognose einer unbehandelten Herzinsuffizienz. Eine Kohorten-Studie von Framingham zeigte, dass die mittlere Überlebenszeit bei Männern 1,7 und bei Frauen 3,2 Jahre betrug (30). 6.2 Potenzielle Ursachen einer Herzinsuffizienz und mögliche Therapieansätze Eine Vielzahl von pathophysiologischen Mechanismen kommt als Ursache für eine klinisch manifeste Herzinsuffizienz in Frage. Daraus ergeben sich oftmals unterschiedliche Therapieansätze. Folgende Tabelle9 gibt eine Übersicht. Ein großer Teil der genannten Therapieoptionen kann nur durch Spezialisten durchgeführt werden. Tabelle 9: Ursachen einer Herzinsuffizienz und potenzielle Therapieansätze
6.2.1 Neue Therapieverfahren Biventrikuläre Schrittmacherstimulation Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz finden sich in den dilatierten Ventrikeln bei 30 - 50% intraventrikuläre Leitungsverzögerungen, woraus eine schlechte Koordination der Kontraktion und Relaxation resultiert, die letztlich die systolische Funktion des linken Ventrikels beeinflusst. Eine Resynchronisation der myokardialen Funktion ist das Ziel der biventrikulären Schrittmacherstimulation. In Studien an Patienten im klinischen Stadium NYHA III und mit einer intraventrikulären Leitungszeit (QRS-Dauer) > 150 msec konnte gezeigt werden, dass sich sowohl akut die Hämodynamik als auch im chronischen Einsatz die Belastbarkeit und die Lebensqualität bessern. Die Therapie ist aktuell nur im Rahmen kontrollierter Studien verfügbar und die Indikation sollte in erfahrenden Zentren geprüft werden (149, 150, 151). Implantierbare linksventrikuläre Unterstützungssysteme Trotz pharmakologischer Therapie sterben viele Patienten in der terminalen Herzinsuffizienz, die grundsätzlich Kandidaten für eine Herztransplantation oder ein mechanisches Unterstützungssystem wären. Die hohe Mortalität auf der Warteliste für eine Herztransplantation und die limitierte
Verfügbarkeit von Spenderorganen unterstreichen die Notwendigkeit für Alternativen zur kardialen Allotransplantation. Ventrikuläre Unterstützungssysteme sind vollständig oder teilweise implantierbare mechanische Pumpen, die die Pumpfunktion des Ventrikels übernehmen und so für einen ausreichenden Blutfluss (pulsatil oder nicht-pulsatil) beim Patienten sorgen. Indikationen sind die passagere Unterstützung bei akuten Krankheitsverläufen (akute Herzinsuffizienz, fulminante
Myokarditis, massiver Infarkt, etc.) als Überbrückung bis zur Transplantation. Die zweite Indikationsgruppe sind Patienten, die eine mechanische Unterstützung benötigen, damit sich das eigene Herz wieder erholen kann (Pat. nach Herzoperation). Neben den Indikationen zur passageren Unterstützung werden zunehmend Systeme zur Langzeitunterstützung implantiert und evaluiert. Diese Systeme (z.B. Heartmate 1205 VE, Novacor N100) erlauben es den Patienten die Klinik zu
verlassen und ein weitgehend unabhängiges Leben zu führen. Die Systeme können ein Herzzeitvolumen bis zu 10 l/min aufbringen. Bei einem Teil der Patienten kommt es zu einer Erholung des eigenen linken Ventrikels, sodass eine Entwöhnung vom System versucht werden kann und letztlich das System explantiert wird. Chirurgische Rekonstruktion der Ventrikelgeometrie Die zunehmende Dilatation des Herzens und insbesondere des linken Ventrikels im Rahmen des Remodeling bei chronischer Herzinsuffizienz führt zu einer zunehmenden Verschlechterung der myokardialen Pumpfunktion und zu einem zunehmenden Risiko sekundärer Komplikationen (Thrombembolie, Rhythmusstörungen) sowie mit zunehmendem Radius des Ventrikels zu einer erhöhten Wandspannung (LaPlace’sches Gesetz) mit ihren negativen Konsequenzen für die Myokardfunktion. Die chirurgische Verkleinerung des Ventrikels wurde von Batista eingeführt (Batista-Operation) mit dem Ziel, den Radius zu reduzieren und die Beziehung zwischen Volumen und Masse zu normalisieren. Die Ergebnisse dieser Therapie sind sehr widersprüchlich und die Auswahlkriterien für geeignete Patienten nicht endgültig definiert. Dagegen ist die Resektion großer Ventrikelaneurysmen und damit eine Optimierung der Ventrikelgeometrie ein etabliertes Verfahren. Die Auswahl von geeigneten Patienten soll nur in erfahrenen Zentren in der Kooperation zwischen Herzchirurg und Kardiologe erfolgen (155, 156, 157).
6.3 Optimierte Therapie von Begleiterkrankungen Auf eine optimierte Therapie bei Begleiterkrankungen sollte wegen der Gefahr der Progredienz einer bestehenden Herzinsuffizienz besonders geachtet werden: 6.3.1 Antikoagulation Bei herzinsuffizienten Patienten besteht ein erhöhtes Thrombembolierisiko (80). Die Inzidenz liegt bei 2,0 - 2,4% pro 100 Patientenjahre (80). Besonders gefährdet sind Patienten mit Vorhofflimmern. Das Risiko einer Thrombembolie steigt mit abnehmender Ejektionsfraktion kontinuierlich an (80, 140, 141). Bei herzinsuffizienten Patienten mit Sinusrhythmus liegen keine prospektiven Daten vor; eine retrospektive Analyse weist auf eine verringerte Gesamtletalität und Hospitalisationsrate unter einer antikoagulatorischen Therapie hin (80, 142). Die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) kann bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung die Inzidenz von Koronarereignissen vermindern (80). Eine retrospektive Analyse zeigte eine Reduktion der Letalität von Postinfarktpatienten mit und ohne symptomatische Herzinsuffizienz auch in Gegenwart einer ACE-Hemmer-Therapie (80, 143). Es werden jedoch Interferenzen zwischen ACE-Hemmern und ASS diskutiert (80, 144). 6.4 Diuretika Klinische Erfahrung zeigt, dass Schleifen- und Thiaziddiuretika bei Patienten mit Herzinsuffizienz zur Verringerung von Dyspnoe und zum Abbau von Ödemen beitragen und die körperliche Belastungsfähigkeit steigern. Dies ist bislang jedoch nur in wenigen, relativ kleinen kontrollierten Studien für die Schleifendiuretika nachgewiesen (43, 44). Thiazide sind bei Patienten mit leichter bis mittelgradiger Herzinsuffizienz (NYHA I-II) ähnlich effektiv wie die Schleifendiuretika. Bei eingeschränkter Nierenfunktion oder bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz (NYHA III-IV) sind Schleifendiuretika jedoch effektiver und deshalb bevorzugt einzusetzen (45, 46). Die Kombination eines Thiazids mit einem Schleifendiuretikum (sog. selektive Nephronblockade) kann die diuretische Wirkung deutlich verstärken und bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz und therapieresistenten Ödemen sinnvoll sein (47). Die engmaschige Kontrolle von Serum-Natrium, -Kalium und Nierenfunktion ist in diesem Fall besonders wichtig. Kaliumsparende Diuretika (Triamteren und Amilorid) können eine bei Thiazid- oder Schleifendiuretika-Einnahme häufig auftretende Hypokaliämie vermeiden helfen (47).
6.4.1 Hinweise für die Anwendung von Diuretika Tabelle 10: Dosierungen häufiger Diuretika bei oraler Applikation (modifizert nach (4))
6.4.3 Spironolacton Als Antagonist des Aldosterons inhibiert Spironolacton das Renin-Angiotensin-System. Eine große, randomisierte, klinische Studie, in der Spironolacton bei Patienten mit mittelgradiger bis schwerer Herzinsuffizienz zum Einsatz kam, wurde abgebrochen, weil die Behandlungsergebnisse mit Spironolacton so positiv waren, dass es der Kontrollgruppe nicht mehr vorzuenthalten war (48). Bei den meisten Patienten in dieser Studie wurde Spironolacton zusätzlich zu einem Diuretikum, ACE-Hemmer und Digoxin gegeben (48). Die orale Gabe von Spironolacton sollte mit einer Dosierung von 25 mg einmal pro Tag verabreicht werden. Eine sorgfältige Kontrolle der Serum-Elektrolyte ist bei diesen Patienten besonders wichtig (48, 137, 138, 139). 6.5 ACE-Hemmer In der Ergänzung zur Diuretikatherapie verbessern ACE-Hemmer sowohl die Symptome als auch die klinischen Befunde einer Herzinsuffizienz und die körperliche Belastungsfähigkeit (49, 50, 51, 52, 53, 133, 134). Zusätzlich verzögern ACE-Hemmer die Progression einer Herzinsuffizienz von den leichteren Verlaufsformen zu mittelgradigen und schweren Stadien und verringern die Zahl der Krankenhauseinweisungen. In zwei großen randomisiert kontrollierten Studien sowie in einer Metaanalyse konnte eine deutliche Verringerung der Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz nachgewiesen werden (49, 52, 54).
6.5.1 Hinweise für die Anwendung von ACE-Hemmern Tabelle 11: Dosierungen häufiger ACE-Hemmer in klinischen Studien (NYHA I-IV)
6.5.2 Kontraindikationen für ACE-Hemmer Absolute Kontraindikationen: Relative Kontraindikationen:
6.6 Betablocker Nach mehreren Jahren intensiver Forschung und zahlreichen veröffentlichten Studien ist die Beurteilung des Einsatzes von Betablockern in der Therapie der Herzinsuffizienz heute eindeutig. Vorausgesetzt, dass die Betablocker-Therapie in sehr kleiner Dosis begonnen und anschließend langsam im Verlauf von Wochen und Monaten aufdosiert wird, zeigen Betablocker mehrere positive Effekte auf den Verlauf der Erkrankung (73). Eine vorübergehende, leichte klinische Befundverschlechterung in der Phase der Dosissteigerung sollte dabei wenn möglich toleriert werden. Durch die Langzeitgabe von Betablockern als Ergänzung einer Therapie mit Diuretika und ACE-Hemmern ist die Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz deutlich verringert, die linksventrikuläre Funktion und das klinische Befinden sind deutlich gebessert, Krankenhauseinweisungen und -aufenthalte sind reduziert (59). Die Datenlage bezüglich Carvedilol ist nicht eindeutig (59, 60, 61). Eine Studie zeigt eine Tendenz, dass Carvedilol im Vergleich zu anderen Betablockern eine reduzierte Mortalität aufweist, ohne jedoch statistisch signifikant zu sein (59). Bei anderen Betablockern konnte die Lebensverlängerung nach Myokardinfarkt und LV-Dysfunktion bereits nachgewiesen werden (35, 62).
6.6.1 Hinweise für die Anwendung von BetaBlockern Tabelle 12: Beta-Blocker: Empfehlungen zur Therapie
6.6.2 Kontraindikationen für Betablocker Absolute Kontraindikationen: Relative Kontraindikationen:
6.7 Digitalis Digitalispräparate (v.a. Digitoxin und Digoxin) waren lange Zeit die Mittel der Wahl bei der Therapie der Herzinsuffizienz (74). Neuere Studien und Therapieoptionen (ACE-Hemmer, Betablocker) legen allerdings eine kritischere, gezieltere Indikationsstellung für eine Digitalistherapie nahe (63). Digitalispräparate sind heute eine von mehreren Therapiemöglichkeiten, deren Einsatz dann erwogen werden sollte, wenn trotz Vormedikation mit Diuretika und ACE-Hemmern und Betablockern die Symptome der Herzinsuffizienz weiterbestehen. Studienlage/gesicherte Erkenntnisse:
6.7.1 Hinweise für die Anwendung von Digitalispräparaten Digitalispräparate haben eine geringe therapeutische Breite, die durch folgende Faktoren beeinflusst wird: Folgende Medikamente beeinflussen die Digitaliswirkung: Regelmäßige Therapiekontrollen sind erforderlich: Auswahl des Digitalisglykosids sowie der Applikationsart (intravenös vs. oral) nach erwünschter Schnelligkeit (schnell-mittel-langsam) des Wirkungseintritts. 1. Prinzip (i.v.): Schnelle Sättigung: Gesamtkörperdosis (ca. 1,5 bis 2 mg) am 1. Tag in 3 Dosierungen; ab 2. Tag Erhaltungsdosis 2. Prinzip (oral): Durch eine Digitalistherapie wird die Option einer zusätzlichen Betablocker-Therapie wegen der Gefahr bradykarder Herzrhythmusstörungen erschwert. Patienten mit Digitalisglykosiden, die das Präparat bisher gut vertragen haben, können sich symptomatisch verschlechtern, wenn dieses abgesetzt wird. Digitalisierte Patienten sollten regelmäßig auf Intoxikationszeichen beobachtet werden. Folgende Tabelle gibt einen Übersicht über die Herzglykosidtherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz und normaler Nierenfunktion. Tabelle 13: Übersicht Digitalisglykoside (4, 31)
6.7.2 Kontraindikationen für Digitalispräparate Folgende Kontraindikationen sind bei der Therapie mit Digitalispräparaten zu beachten:
6.8 Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (AT1-Blocker, Sartane) Es gibt nur relativ wenig Informationen über die klinischen Effekte diese Substanzklasse. Pharmakologisch wird die Wirkung von Angiotensin II am Typ 1 Rezeptor blockiert, im Gegensatz zur Hemmung der Produktion von Angiotensin II (Wirkmechanismus der ACE-Hemmer). Es existieren einige Studien, die besagen, dass die Wirkungsweise von LOSARTAN, dem Prototypen der Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, in Bezug auf die Hämodynamik, die neuroendokrine Aktivität und Leistungsfähigkeit weitgehend der von ACE-Hemmern entspricht (67, 68, 69). In einer randomisierten, kontrollierten Studie wurde nachgewiesen, dass LOSARTAN effektiver ist als Captopril. Nach 48 Behandlungswochen betrug das Risiko zu versterben (unabhängig von der Ursache) 8,7% unter Captopril, verglichen mit 4,8% unter Losartan (eine signifikante Verminderung des absoluten Risikos um 3,9%). Entsprechend wurde das Risiko, ins Krankenhaus eingewiesen zu
werden (unabhängig von der Ursache) von 30% unter Captopril auf 22% unter Losartan gesenkt (53). Ausgehend vom Wirkmechanismus der Substanzgruppe, ist die Einnahme von Losartan im Vergleich mit ACE-Hemmern seltener mit dem Auftreten von Husten assoziiert, was auch in anderen Studien gezeigt werden konnte (53). Es gibt bisher nicht genügend gute Studien, die belegen, dass eine Hypotonie oder ein Nierenversagen bei Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten seltener auftreten als bei ACE-Hemmern. Falls der Patient eine Kaliumsubstitution oder ein kaliumsparendes Diuretikum erhält, besteht unter Angiotensin-II-Antagonisten die Gefahr einer Hyperkaliämie. Entweder sollte die Kaliumdosis reduziert werden oder eine Kontrolle des Kaliumspiegels innerhalb von zwei Wochen nach Therapiebeginn erfolgen. Die Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten sollte den gleichen Prinzipien folgen wie die ACE-Hemmer Therapie. Das Monitoring kann analog dem der ACE-Hemmer erfolgen. Dosierungsempfehlungen siehe Tabelle 15 (53, 145). Tabelle 14: Dosierungsempfehlungen für Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
6.8.1 Kontraindikationen für Angiotensin-II-Antagonisten Absolute Kontraindikationen: Relative Kontraindikationen:
6.9 Vasodilatatoren (Hydralazin und Nitrate) Es konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass das Hinzufügen von Hydralazin und Isosorbitdinitrat (ISDN) zu Digoxin und Diuretika die Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz nach 2 Jahren um 9% senkt (49). Eine Studie, die Hydralazin und ISDN mit Enalapril vergleicht, zeigte, dass bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Herzinsuffizienz (NYHA I-II) Enalapril wirksamer war als Hydralazin, wobei die absolute jährliche Verminderung der Sterblichkeit zwischen 4 und 7% lag (51). Bei Patienten mit schwererer Herzinsuffizienz (Symptome bei minimaler körperlicher Belastung, NYHA III-IV) waren Enalapril und Vasodilatatoren gleich wirksam (51). Tabelle 15: Dosierungsempfehlungen Vasodilatatoren
6.10 Amlodipin Nach randomisierten, kontrollierten Studien scheint erwiesen, dass Patienten mit folgender Konstellation von einer Therapie mit Amlodipin profitieren: Die Mortalität wurde um 13% reduziert. Die Zahl der zu behandelnden Fälle, um einen Todesfall in einem Jahr zu vermeiden (NNT), betrug 8. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Patienten mit bekannter ischämischer Herzkrankheit (KHK) Nachteile von einer Amlodipin-Therapie hätten (72). Unbekannt ist, ob Patienten mit einer weniger schweren Herzinsuffizienz ebenfalls von Amlodipin profitieren.
6.11 Crataegus-/Weißdornpräparate Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Crataegusextrakt vasodilatierend und am Herzmuskel cAMP-unabhängig positiv inotrop wirkt (70). In klinischen Studien konnte bei Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz nahezu ausschließlich im Stadium NYHA II eine Beschwerdebesserung erzielt werden (71). Zur symptomatischen und/oder prognostischen Wirkung von Crataeguspräparaten additiv zu einer Basistherapie mit ACE-Hemmern liegen keine Erkenntnisse vor; sie können nach den bisherigen Daten nicht empfohlen werden (4, 31).
7. Herztransplantation
Bei Patienten mit schwerer therapieresistenter Herzinsuffizienz kann eine Herztransplantation indiziert sein. Sie hat eine bessere Prognose als medikamentöse Therapie allein (75). Die meisten Transplantationszentren haben strenge Einschlusskriterien für eine Herztransplantation. Einerseits gibt es nur eine begrenzte Zahl von Spenderorganen; andererseits sollen solche Fälle behandelt werden, die die schwerwiegendsten Symptome aufweisen und bei denen der größte Nutzen und die längsten Überlebenszeiten zu erwarten sind (75, 76, 78, 77, 79). Häufige Ein- und Ausschlusskriterien werden im Folgenden aufgeführt. Häufige Einschlusskriterien für eine Herztransplantation: Häufige Ausschlusskriterien für eine Herztransplantation: Die 5-Jahres-Überlebensrate nach Herztransplantation liegt bei etwa 70 - 80%. (31, 77, 78, 80). 8. Empfehlungen zur Lebensführung 8.1 Bewegungsübungen (Exercise-Training) Bei akuter Herzinsuffizienz ist körperliche Schonung ein fester Bestandteil der Behandlung. Für Patienten mit einer stabilen chronischen Herzinsuffizienz gibt es überzeugende Untersuchungen, dass Bewegungsübungen nützlich sind (81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 135, 136, 146, 147), obwohl es bislang noch keinen Nachweis darüber gibt, dass sie die Mortalität bei chronischer Herzinsuffizienz senken. Gezeigt werden konnte allerdings, dass eine zunehmende Belastungsfähigkeit zu einer verbesserten Prognose führt (80, 89) Bewegungsübungen führen u.a. zu verbesserter renaler Durchblutung und gesteigerter Wirkung von Diuretika (90). Ebenso werden durch die Übungen eine Reihe physiologischer Variablen, wie z.B. die linksventrikuläre Funktion oder der muskuläre Blutfluss, verbessert (94, 95). In einigen Studien konnte gezeigt werden, dass sich nach der Aufnahme von Bewegungsübungen ab der dritten Woche die körperliche Leistungsfähigkeit, die subjektive Wahrnehmung von Dyspnoe und Lebensqualität sowie das seelische Wohlbefinden verbesserten (91, 92, 93, 94, 95). Wichtig ist, dass die Patienten dazu ermutigt werden, das Training nach Ende der begleiteten Maßnahmen selbständig weiterzuführen. Bislang haben alle Studien dieser Art ein dynamisches Aerobic-Programm und Ausdauertraining, z.B. Fahrradfahren, mit einer Häufigkeit von 3-5 mal pro Woche für jeweils 20 - 60 Minuten, benutzt. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass ein stationäres Programm erforderlich ist. Eine Studie mit einem in häuslicher Umgebung aufgestellten Ergometerfahrrad lieferte gute Ergebnisse (85). In den meisten Studien wird eine Belastungsgrenze angestrebt, die sich an der Belastungsergometrie orientiert; d.h. eine submaximale Herzfrequenz von 60 - 80% der maximalen Herzfrequenz sollte nicht überschritten werden (85, 93, 96). Patienten sollten ermutigt werden, subjektive "Abbruchkriterien" zu finden, z.B. die Unfähigkeit während einer Übung eine Unterhaltung weiterzuführen (eher als eine festgelegte Herzfrequenz.) Wenn sie sich nach der Übung abends oder am nächsten Morgen erschöpft fühlen, sollten sie ihr Belastungsniveau zurückschrauben.
8.1.1 Kontraindikationen für Bewegungsübungen Vor der Aufnahme von Bewegungsübungen sollte durch eine fachärztliche Untersuchung das Vorliegen von Kontraindikationen überprüft werden. Folgende Kontraindikationen für Bewegungsübungen sind zu beachten (85, 93, 94, 96, 136, 146, 147):
8.2 Alkohol Eine akute Alkoholeinnahme führt zu einer verminderten Kontraktilität des Myokards (97). Unklar ist, ob Alkoholabstinenz die Mortalität reduziert. Allerdings weisen einige Berichte auf eine verbesserte linksventrikuläre Funktion und klinisches Wohlbefinden hin (98). Andererseits ist abzuwägen, dass der Verzicht auf Alkohol für einen chronisch kranken Patienten mit geringer Lebenserwartung einen Verlust an Lebensqualität bedeuten kann. Tabelle 16: Alkoholmenge in Getränken
8.3 Nikotin Rauchen verursacht eine periphere Vasokonstriktion (99). Deshalb sollte Patienten mit Herzinsuffizienz vom Rauchen abgeraten werden. Dieser Rat sollte ausgewogen für jeden einzelnen Patienten betrachtet werden. Auf der einen Seite steht die schlechte Prognose der Erkrankung mit verminderter Lebenserwartung, die relativ lange Dauer bis zum Eintritt einer Risikominimierung und die Reduktion von Lebensqualität für die Patienten durch den Nikotinverzicht. Andererseits könnte die Ernsthaftigkeit der Erkrankung für den Patienten als Motivation zu gesundheitsbewusstem Verhalten genutzt werden. Nikotinverzicht kann helfen, die Häufigkeit von Husten und rezidivierenden bronchopulmonalen Infekten zu reduzieren. Insgesamt sollte die Diskussion in vernünftiger Relation zur Eigenmotivation des einzelnen Patienten stehen. 8.3.1 Nikotinersatztherapie Auch eine Nikotinersatztherapie kann hilfreich sein. Hier kommen Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummi in Frage, die bei Patienten mit stabiler Koronarer Herzkrankheit sicher eingesetzt werden können (100, 101). Nicht empfohlen werden können sie bei Patienten mit Myokardinfarkt in den vergangenen 4 Wochen, Patienten mit schweren Arrhythmien oder instabiler Angina pectoris. Die Dosis sollte an die entsprechenden Rauchgewohnheiten angepasst werden (101). Bei einem täglichen Zigarettenkonsum von 15 Zigaretten pro Tag sollte mit 2 mg/d dosiert werden, bei höherem Konsum sollte die Dosis 4 mg/d in den ersten 4 Wochen betragen, dann 2 mg/d.
8.4 Reisen Probleme können bei Flugreisen, großen Höhenlagen, hohen Temperaturen und bei hoher Luftfeuchtigkeit auftreten. Kurze Flugreisen sind normalerweise unproblematisch und häufig empfehlenswerter als die Benutzung anderer Transportmittel. Lange Flugreisen sind wegen des Risikos einer Dehydratation, massiver Beinödeme und einer möglichen tiefen Beinvenenthrombose, insbesondere bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz (NYHA III und IV) nicht empfehlenswert. Wenn bei diesen Patienten eine Flugreise dennoch unumgänglich ist, sollten sie individuell zu Einnahme von Flüssigkeit und Diuretika und zur Notwendigkeit einer körperlichen Bewegung auch während des Fluges beraten werden. Alle Herzinsuffizienzpatienten sollten über eine mögliche Diätumstellung, die Folgen einer Gastroenteritis, und über die Folgen von hohen Temperaturen auf den Flüssigkeitshaushalt, insbesondere unter Diuretikamedikation informiert sein (3). 8.5 Impfungen Einige Studien zeigen eine Reduktion der Krankenhausaufnahme wegen Herzinsuffizienz bei gegen Influenza geimpften Patienten während eines Influenza-A-Ausbruchs (102). Eine andere Studie zeigt, dass 23% der Dekompensationen bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Herzinsuffizienz mit Infektionen assoziiert sind (103), davon ein Drittel pulmonale Infektionen. 12% aller Hospitalisierungen bei Herzinsuffizienzpatienten werden durch pulmonale Infektionen ausgelöst, beschreibt eine dritte Studie (104).
8.6 Kontrazeption Bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz (NYHA III und IV) ist das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen und die mütterliche Sterblichkeit erhöht. Weil eine komplikationslose Schwangerschaft unwahrscheinlich ist, sollte sie vermieden werden. Kardiologische Beratung ist auch bei milder Herzinsuffizienz empfehlenswert, die mögliche Verschlechterung der Herzinsuffizienz durch die Schwangerschaft sollte der Patientin erklärt werden. Hormonelle Empfängnisverhütung kann heutzutage empfohlen werden. Auch Intrauterinpessare können empfohlen werden, außer bei Vorliegen eines Herzklappenfehlers, da es hier zu Problemen durch Infektionen oder durch eine Antikoagulationstherapie kommen kann (3). 8.7 Diätetische Maßnahmen/Salzrestriktion Bei gesunden Patienten führt eine Reduktion der täglichen Salzaufnahme z.B. von 10 g auf 5 g pro Tag zu einer Abnahme des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens um 1 - 1,5 Liter (105). Ob dieser Effekt auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz zu finden ist, ist noch unklar. Sollte er vorhanden sein, könnte dies zu einer Reduktion der Diuretikaeinnahme bzw. zu einer Dosisminderung mit entsprechender Abnahme unerwünschter Nebenwirkungen führen. Bei Verwendung von Salzersatzprodukten, die reich an Kalium sind, ist Vorsicht geboten. Sie können besonders in Verbindung mit der Einnahme von ACE-Hemmern zu einer Hyperkaliämie führen. Tabelle 17: Salzgehalt in Lebensmitteln
8.8 Flüssigkeitszufuhr Bei der Herzinsuffizienz NYHA III-IV sollte die Flüssigkeitszufuhr 1- 1,5 Liter nicht überschreiten; bei den leichteren Formen (NYHA I-II) sind bis zu 2 Liter pro Tag tolerabel (80). In besonderen Situationen (Fieber, Diarrhoe, Emesis, etc.) sind höhere Mengen erlaubt.
8.9 Adipositas Gewichtsreduktion führt zu abnehmender Herzarbeit. Zusätzlich senkt sie den Blutdruck und verbessert das Lipidprofil des Patienten (106, 107, 108, 109, 110). Dies ist auch für die Sekundärprävention der Koronaren Herzerkrankung, Hauptursache der chronischen Herzinsuffizienz, wichtig.
8.10 Kachexie Eine häufig mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz einhergehende Kachexie führt zu Verlust von Muskelsubstanz (Herzmuskulatur eingeschlossen) und Fettgewebe und reduziert die Leistungsfähigkeit und Überlebenszeit (111, 112).
8.11 Thiamine Mehrere kleine Studien haben von Thiamindefiziten bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz berichtet. Das größte Risiko scheint für ältere Patienten mit mittelgradiger bis schwerer Herzinsuffizienz, die hohe Dosen von Schleifendiuretika erhalten haben (Thiamin kann durch den Urin verloren gehen) und für Patienten mit Alkoholanamnese zu bestehen (114, 115, 116, 117). In zwei Studien wird die Verbesserung der linksventrikulären Funktion bei Patienten mit Thiamindefizit durch Thiaminzusatz beschrieben; eine weitere Studie kann diesen Effekt nicht darstellen (114, 115, 116). 9. Patientenführung
9.1 Betreuung und Case-Management Als Folge einer Herzinsuffizienz ist für viele Patienten häufig eine Krankenhausbehandlung notwendig. Die mit steigendem Lebensalter zunehmende Prävalenz führt dazu, dass die Herzinsuffizienz bei den über 65-jährigen Menschen zu den häufigsten Krankenhauseinweisungsdiagnosen gehört. Neben dem natürlichen und nur begrenzt beeinflussbaren Verlauf der Erkrankung gibt es eine Zahl von Behandlungsfaktoren, die durch intensive Betreuung und Führung der Patienten gegebenenfalls so verbessert werden können, dass eine aufwendige Klinikbehandlung seltener notwendig wird. In sechs unterschiedlichen Studien wurden folgende Behandlungsaspekte herausgearbeitet, die gehäuft zu unnötigen Klinikeinweisungen führen (103, 104, 118, 119, 120, 121): In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass intensivierte Nachsorge nach Krankenhausaufenthalten und generell intensivierte Betreuung zu verbesserter Lebensqualität und geringerer Rehospitalisierungsrate beitragen (122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 148). Eine exakte Vorgehensweise kann aus diesen sehr unterschiedlichen Studien noch nicht abgeleitet werden. Sinnvoll erscheint jedoch eine Zusammensetzung aus allgemeiner Gesundheitserziehung, Bewegungsübungen und einer engmaschigen therapeutischen Betreuung. Unabhängig davon, ob die Patienten normal allgemeinärztlich geführt werden oder in ein formales Betreuungsprogramm (Case Management oder Disease Management) aufgenommen wurden, sollten folgende Aspekte in der langfristigen Versorgung berücksichtigt werden: 9.1.1 Vorbereitung auf Ausnahmesituationen (Sick-Day-Plan) Krankenhausaufnahmen und Notfallbehandlungen können vermieden werden, wenn man mit den Patienten einen individuellen "Sick-Day-Plan" erarbeitet, also Vorgehensweisen bei Verschlechterung der Symptomatik bespricht. Der Plan kann Ausnahmesituationen wie fieberhafte Infekte, übermäßige Belastung durch seelischen oder körperlichen Stress und Notfallsituationen abdecken (5, 11). Einige Vorgehensweisen werden auch in der Patientenleitlinie erklärt.
9.2 Patienten mit Non-Compliance Non-Compliance stellt bei vielen chronischen Erkrankungen ein Problem dar und kann zu klinischer Verschlechterung, Hospitalisierung und Tod führen. Es gibt Nachweise dafür, dass dies auch für die Herzinsuffizienz zutrifft (104, 118, 129). In einer Studie über Digoxin-Verschreibungen bei älteren Patienten mit Herzinsuffizienz entdeckte man, dass Patienten im Durchschnitt an 111 von 365 Tagen ihre Medikamente nicht genommen hatten (130). In einer anderen Studie lag die Kurzzeitcompliancerate (30 Tage, abgeschätzt durch Tablettenmenge) bei 85% (131). Non-Compliance wurde am häufigsten beschrieben bei Patienten, die von Vergesslichkeit, Nebenwirkungen oder einer anderen Behandlung berichteten. Durch unzuverlässige Medikamenteneinnahme bei Patienten mit Herzinsuffizienz kann die Morbidität erhöht werden. Eine Studie berichtet von einer 54%igen Non-Compliance-Rate in Bezug auf Diät oder Medikamenteneinnahme. Non-Compliance war der häufigste Faktor für eine erneute Krankenhausaufnahme (104). Ein andere Studie berichtet davon, dass 66 von 144 älteren Patienten mit Herzinsuffizienz innerhalb der ersten 90 Tage nach Entlassung wieder stationär aufgenommen werden mussten. Bei 22 stand dies in Zusammenhang mit Nichteinhalten der Diät bzw. der Medikamenteneinnahme (129). Strategien zur Verbesserung der Compliance können zu klinischer Verbesserung beitragen. In einer kontrollierten Studie über ein dreimonatiges durch Apotheker betreutes Beratungsprogramm konnte gezeigt werden, dass sich die Compliance verbessert hatte (festgemacht an der Tablettenmenge). Außerdem wurden eine Reduktion von peripheren Ödemen und von Lungenödemen sowie eine Verbesserung der Gehstrecke erreicht (132). Eine andere Studie über ein von Krankenschwestern geleitetes Programm, das Diät- und Medikamentenschulung und begleitende Beratung einschloss, zeigte verbesserte Resultate in Form gesteigerter Lebensqualität und reduzierter Krankenhausaufnahme (131).
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