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Asthma Diagnose und Therapie Evidenzbasierte Leitlinie zu Diagnose und Therapie.
Version 01/2004 Haupttext Notfall, Praxis- und Fallmanagement
Der Algorithmus Notfallbehandlung fasst die empfohlene Therapie beim unkontrollierten oder akuten Asthma zusammen.
Viele Patienten mit Asthma und alle Patienten mit schwerem Asthma sollten einen schriftlichen Selbstbehandlungsplan und ein Peak-flow-Meter besitzen. Ihre Inhalationstechnik und Medikamentencompliance sollte regelmäßig überprüft werden. Sie sollten wissen, wann sie ihre Medikation intensivieren und wann sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen sollten. Selbstbehandlungspläne führen erwiesenermaßen zu einer Verminderung der Hospitalisierungsrate [197].
Kennzeichen des lebensbedrohlichen Asthmaanfalls sind Agitation, veränderte Bewusstseinslage, Müdigkeit, Erschöpfung, Zyanose und Bradykardie. Die Inspiration ist häufig bereits stark beeinträchtigt, so dass kaum Atemgeräusche (‚silent chest‘) auskultierbar sind. Falls ein Peak-flow Wert erhoben werden kann, liegt dieser häufig unterhalb von 33 Prozent des Soll- oder Bestwerts. Sollte eines der genannten Merkmale bei einem Patienten im Asthmaanfall zutreffen, sollte die Situation als potentiell lebensbedrohlich eingestuft werden. (B)
Der Patient muss die sich verschlimmernden Symptome seiner Erkrankung kennen und richtig einzuschätzen wissen sowie Verhaltensregeln beim akuten Asthmaanfall kennen. Er sollte mit den durchzuführenden Sofortmaßnahmen vertraut sein. Er sollte wissen, wie medizinische Hilfe anzufordern ist und wie er sich bis zu deren Eintreffen zu verhalten hat. Bevor es zum tödlichen Asthmaanfall kam, haben viele Patienten bereits über längere Zeit an unkontrollierten Asthmasymptomen gelitten. => Das Behandlungsteam sollte sicherstellen, dass der Patient, seine Eltern, Partner oder Betreuungspersonen die Notwendigkeit kennen, im Fall einer akuten Verschlechterung der Asthmasymptome umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Leitstellenmitarbeiter von Rettungsdienst und ärztlichem Notdienst müssen bei Notrufen wegen Atemnot in folgenden Fällen die höchste Behandlungspriorität festlegen und ggf. einen Notarztwagen disponieren: Der Patient kann nicht in ganzen Sätzen sprechen. (B) Der Patient hat ein bekanntes Asthma, dessen Symptome sich unter der Behandlung nicht bessern. (B) Der Patient ist ein Kind unter 12 Jahren mit bekanntem Asthma bronchiale oder hatte schon früher Atemprobleme. (C) Beim akuten oder lebensbedrohlichen Asthma sollte ein Notarztwagen unter dem Stichwort ‚akute Atemnot’ über die Rettungsdienstleitstelle nachalarmiert werden. (C) Das Rettungsdienstpersonal sollte beim Transport von Patienten mit schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma bereits auf dem Weg in die Klinik einen Kontakt zur Notaufnahme herstellen, um zu gewährleisten, dass der Patient von einem vorbereiteten Team erwartet wird. (C)
Folgende Parameter sollten frühestmöglich und im Verlauf erhoben werden (B): Wenn möglich, sollte vor Therapiebeginn eine Peak-flow-Messung durchgeführt werden. Hierdurch sollte sich die Einleitung von Sofortmaßnahmen bei lebensbedrohlichen Situationen jedoch nicht verzögern (B).
Die Leitlinie unterscheidet bei der Behandlung des Asthmaanfalls zwischen unkontrolliertem, akutem schweren, und lebensbedrohlichem und fast-tödlichem (‚near fatal‘) Asthma bronchiale Symptome des unkontrollierten Asthmas sind meist nachts oder in den frühen Morgenstunden oder bei Belastung auftretende Atemnot, Giemen oder Husten. Im Verlauf finden sich stetig fallende Peak-flow-Werte oder starke Schwankungen im Tagesverlauf mit niedrigen Werten am Morgen [40, 365]. Häufig nutzen die Patienten ihren Bronchodilatator häufiger als gewöhnlich. Diese Zeichen und Symptome können sich über einige Tage oder Wochen entwickeln. Die Patienten, ihre Eltern, Betreuer oder Partner müssen die potentielle Gefahr dieser Entwicklung kennen und wissen, wie sie hierauf reagieren können.
Leichtes Asthma kann allein durch die Anamnese diagnostiziert werden. Es finden sich nächtlicher oder morgendlicher Husten, Giemen oder Atemnot, Atemnot bei mäßiger oder starker körperlicher Anstrengung und ein vermehrter Gebrauch von Beta2-Sympathomimetika. Das Allgemeinbefinden ist nicht wesentlich beeinträchtigt. Die Peak-flow-Werte liegen oberhalb 75 % des Best- oder Sollwertes.
Diese Patienten empfinden meist eine gewisse Beeinträchtigung. Sie können bereits in Ruhe kurzatmig sein und husten oder giemen. Das Sprechen in ganzen Sätzen und das Essen oder Trinken ist jedoch möglich. Es kann bereits eine gewisse Tachykardie oder Tachypnoe bestehen. Die Peak-flow-Werte liegen zwischen 50 und 75 % des Best- oder Sollwertes.
Ein akuter schwerer Asthmaanfall kann sich allmählich auf dem Boden eines unkontrollierten Asthmas oder beim Kontakt zu Triggersubstanzen (spezifisch z.B. Katzen, frisch geschnittenes Gras oder Medikamenteneinnahme wie ASS– unspezifisch z.B. Zigarettenrauch, Staub, Dämpfe) sehr rasch entwickeln. Falls auslösende Faktoren (Trigger) des Asthmas bekannt sind, sollte der Patient wissen, wie er diese meidet oder wie er sich bei einer Exposition verhalten sollte. Die Symptome eines akuten Asthmaanfalls sind rasch progrediente Atemnot, Giemen oder Husten, die Schwierigkeit zu sprechen, akute Beeinträchtigung, Agitation oder Bewusstseinsstörung. Der Patient verspürt wenig oder keine Linderung durch die Nutzung seines Bronchodilatators (reliever) oder nutzt ihn häufiger als alle zwei Stunden[163, 396, 435]. Diese Patienten sind durch Atemnot oder Giemen akut beeinträchtigt. Sie müssen häufig im Satz Pausen machen, um Luft zu holen oder setzen ihre Atemhilfsmuskulatur ein. Die Herzfrequenz liegt beim Erwachsenen meist ≥ 110 / Min. und beim Kind ≥ 120 / Min. Die Atemfrequenz beträgt ≥ 25 beim Jugendlichen und Erwachsenen und ≥ 40 beim Kind. Die Peak-flow-Werte liegen zwischen 33 und 50 % des Best- oder Sollwertes [396, 435].
Beim lebensbedrohlichen Asthma findet man Agitation, Bewusstseinsstörungen, Müdigkeit, Erschöpfung, Zyanose und Bradykardie. Die Inspiration ist häufig bereits stark beeinträchtigt, so dass kein Atemgeräusch (‚silent chest‘) zu auskultieren ist. Falls ein Peak-flow-Wert erhoben werden kann, liegt dieser häufig unterhalb von 33 Prozent des Soll- oder Bestwerts [163]. “Near Fatal” Asthma: Bei dieser Steigerungsform des lebensbedrohlichen Asthma bronchiale finden sich zusätzlich ein erhöhter Kohlendioxydpartialdruck im Blut und / oder die Notwendigkeit der maschinellen Beatmung mit erhöhten Atemwegsdrücken [93, 264, 474].
=> Wenn eines dieser Merkmale vorliegt, sollte von einem akuten schweren Asthmaanfall ausgegangen werden und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Diese Asthmaform ist durch ihre Unvorhersagbarkeit des Krankheitsverlaufes charakterisiert. Entweder besteht eine erhebliche Peak-flow-Variabilität trotz intensiver medikamentöser Therapie oder es kommt vor dem Hintergrund eines sonst gut kontrollierten Asthmas zu plötzlichen, unvorhersehbaren schweren Asthmaanfällen. Gelegentlich findet man Patienten, bei denen eventuell sogar ein Asthma in der Vorgeschichte besteht, mit Anfällen akuter Atemnot, die einen akuten Asthmaanfall vortäuschen kann. Es handelt sich in Wirklichkeit jedoch um ein Hyperventilationssyndrom [323]. Obwohl die Atemfrequenz 25 / Min. überschreitet, liegt die Herzfrequenz selten über 110 / Min. Lautes Giemen kann durch den Luftstrom im Larynx verursacht sein (Stimmritzendysfunktion) [209]. Die Peak-flow-Werte variieren rasch und sind schwer reproduzierbar. Präklinisch kann die Diagnose nicht immer gestellt werden, so dass der Patient im Zweifelsfall immer in die Notaufnahme eingewiesen werden sollte. Hier kann die Blutgasanalyse entscheidend zur Diagnosefindung beitragen (erniedrigtes pCO2 und normales oder erhöhtes pO2 unter Raumluft). => Die Behandlung des Hyperventilationssyndroms besteht in der CO2-Rückatmung und ggf. der Gabe von Sedativa.
Jeder Mitarbeiter, der Kontakt zu Asthmapatienten hat (Arzthelferin an der Rezeption oder am Telefon, Telefonist des ärztlichen Notdienstes, Leitstellendisponenten des Rettungsdienstes), sollte wissen, dass die Klage über Atemprobleme bei diesen Patienten stets ernst zu nehmen ist und ein medizinischer Notfall mit akutem Handlungsbedarf vorliegen kann. Ein Asthmapatient mit Luftnot muss stets umgehend von einem Arzt befragt und untersucht werden. Nur der kann anhand der erhobenen Befunde feststellen, ob der Patient an einem akuten Asthma leidet und anhand des Schweregrads der Exazerbation eine Behandlungsstrategie festlegen. Für die Evaluation bieten sich standardisierte Dokumentationsbögen an. Nachgewiesenermaßen haben viele Patienten bereits über längere Zeit an unkontrollierten Asthmasymptomen gelitten, bevor es zum tödlichen Asthmaanfall kam [45, 70, 116, 343, 414, 530]. Der Allgemeinarzt sollte sicherstellen, dass der Patient, seine Eltern, Partner oder Betreuungspersonen die Notwendigkeit kennen, im Fall einer akuten Verschlechterung der Asthmasymptome umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. (B) Der Patient sollte angewiesen werden, seine Langzeittherapeutika (Controller) zu intensivieren, häufiger Bronchodilatatoren (reliever) einzusetzen und ggf. eine Steroidstoßtherapie zu beginnen. (B) => In der Praxis sollten klare Handlungsanleitungen bestehen, dass ein Patient mit akuten Asthmasymptomen umgehend und auch ohne Terminabsprache von einem Arzt gesehen wird, da sich hieraus rasch ein akuter, potentiell lebensbedrohlicher Asthmaanfall entwickeln kann. Studien haben gezeigt, dass die späte Inanspruchnahme medizinischer Hilfe beim Asthmaanfall wesentlich zur erhöhten Sterblichkeit beiträgt [45, 70, 116, 343, 414, 530]. Trifft eines der oben genannten Merkmale zu, sollten der Patient, seine Angehörigen oder Freunde umgehend medizinische Hilfe anfordern. (B) Dies kann abhängig von den örtlichen Gegebenheiten bedeuten, entweder den Hausarzt anzurufen, den ärztlichen Notdienst oder den Rettungsdienst zu verständigen oder sich direkt in die Notaufnahme eines Krankenhauses zu begeben. Befindet sich der Patient nicht im häuslichen Umfeld, sind Rettungsdienst oder Notaufnahme häufig die bessere Wahl.
=>Alle Patienten mit Zeichen des akuten schweren Asthmas und des lebensbedrohlichen Asthmaanfalls müssen umgehend in ein Krankenhaus eingewiesen werden. (C) Auch andere Faktoren wie das Nichtansprechen auf die Therapie, soziale Umstände oder Begleiterkrankungen können Anlass zur Krankenhauseinweisung geben.
Alle Patienten mit Zeichen eines lebensbedrohlichen oder fast-tödlichen (‚near fatal‘) Asthmaanfalls sollten stationär aufgenommen werden [2, 84, 86, 93, 264, 377, 619]. (B) Alle Patienten, die nach der Erstbehandlung noch Zeichen eines schweren Anfalls aufweisen, sollten stationär aufgenommen werden [2, 84, 86, 93, 264, 377, 619]. (B) Patienten mit mildem oder mittelschwerem unkontrollierten Asthma bronchiale, welches sich unter der Therapie bessert (PEF > 75 % des Best- oder Sollwertes), können aus der Notaufnahme in die hausärztliche Weiterbehandlung entlassen werden. (C) Beim Vorliegen folgender Voraussetzungen sollte der Patient nicht von der Notaufnahme nach Hause entlassen werden sondern ggf. stationär aufgenommen werden (C):
Bei der stationären Einweisung sollte der behandelnde Arzt einen Brief mitgeben, der folgende Informationen enthält:
Zuweisende Hausärzte oder Bereitschaftsärzte sowie der Rettungsdienst sollten die Einweisung eines Asthmapatienten mit den notwendigen Detailinformationen auf der Notaufnahme vorankündigen. (C) Der Schlüssel zur angemessenen Behandlung eines akuten Asthmaanfalls liegt in der korrekten Einschätzung des Zustandsbilds anhand der zu Hause, im Rettungswagen oder in der Notaufnahme erhobenen klinischen Befunde und Beobachtungen. Diese können ggf. durch Peak-flow-Messungen und Pulsoxymetrie ergänzt werden. Klinische Untersuchung Folgende klinische Zeichen sollten frühestmöglich erhoben und dokumentiert und im Verlauf immer wieder kontrolliert werden (B): Pulsfrequenz Klinische Zeichen und ihre Korrelation zum Schweregrad des Asthmaanfalls finden sich in Übersicht 6.3.1.5. Wenn möglich, sollte vor Therapiebeginn eine Peak-flow-Messung durchgeführt werden. Hierdurch sollte sich die Einleitung von Sofortmaßnahmen bei lebensbedrohlichen Situationen jedoch nicht verzögern. Steht eine Pulsoxymetrie zur Verfügung, kann diese zusätzliche Informationen liefern. Studien zeigen den Zusammenhang von Herzfrequenz- und Atemfrequenzbeschleunigung [141, 292, 306, 359] in Korrelation zur Schwere des Asthmaanfalls. Beim Abfallen der Herzfrequenz ist der Patient präfinal [378]. Bei Patienten mit einem akuten Asthmaanfall finden sich der vermehrte Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und / oder interkostale oder sternale Einziehungen. Bei Kindern sind diese deutlicher zu sehen. Hypoxämie zeigt sich z.B. durch Agitation oder Verwirrtheit sowie beim lebensbedrohlichen Asthma durch Bewusstseinsverlust. Ein leises oder fehlendes Atemgeräusch beim lebensbedrohlichen Asthmaanfall weist auf eine schwere bronchiale Obstruktion hin, die umgehend behandelt werden muss [378]. Die Peak-flow Messung vor und nach einer Notfallbehandlung kann wertvolle Informationen liefern
zur Effektivität der erfolgten Maßnahmen. => Wenn möglich, sollte vor Therapiebeginn eine Peak-flow-Messung durchgeführt werden. Hierdurch sollte sich die Einleitung von Sofortmaßnahmen bei lebensbedrohlichen Situationen jedoch nicht verzögern. Bei Patienten mit bekanntem Asthma bronchiale sollte der erhobene Peak-flow-Wert mit dem dokumentierten Bestwert verglichen werden. Der Patient sollte diesen Wert kennen oder ihn in einem Notfallausweis bei sich tragen. Falls keine Peak-flow-Werte aus der Vergangenheit erhältlich sind, sollte der gemessene Wert mit dem alters-, größen- und geschlechtsadaptierten Sollwert verglichen werden (Siehe 3.4.2.1). Bei Kindern unter fünf Jahren können keine verlässlichen Peak-flow-Messungen durchgeführt werden und sollen daher unterbleiben. Für ältere Kinder gelten die gleichen Maßstäbe der Schweregradeinschätzung wie für Erwachsene [73]. Akut schwer => PEF ≤ 50 % des Best- oder Sollwertes
Steht eine Pulsoxymetrie zur Verfügung, kann diese neben den klinischen Zeichen hilfreich sein und eignet sich insbesondere für die kontinuierliche Überwachung [195, 228, 286]. => Beurteilt man die Sauerstoffsättigung (SaO2), muss stets die inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FiO2) berücksichtigt werden.
Klinische Zeichen, Symptome und Vitalparameter helfen bei einigen Patienten, ein schweres
Asthma zu erkennen, z.B. schwere Atemnot (einschließlich der Unfähigkeit in ganzen Sätzen zu sprechen), Tachypnoe, Tachykardie, nicht auskultierbares Atemgeräusch (‚silent chest‘), Zyanose oder Kollaps [3, 65, 69, 73, 396, 546]. Messungen der expiratorischen Atemflüsse lassen Rückschlüsse auf das Ausmaß der Atemwegsobstruktion zu und sind zur Schweregradeinteilung des Asthmaanfalls, zur Effektivitätskontrolle der Therapie und zur Indikationsstellung der stationären Krankenhauseinweisung unerlässlich [170, 536]. Beim akuten schweren Asthmaanfall ist die Pulsoxymetrie notwendig, um die Effektivität der Sauerstofftherapie zu überprüfen und die Notwendigkeit der Durchführung einer arteriellen Blutgasanalyse zu erkennen. Ziel der Sauerstofftherapie ist es, die Sauerstoffsättigung > 92 % zu halten [551].
Bei Patienten mit einer Sauerstoffsättigung unter 92 % oder mit anderen Zeichen des lebensbedrohlichen Asthma bronchiale ist eine Bestimmung der arteriellen Blutgase notwendig [3, 65, 73, 95, 396, 546].
Eine Röntgenaufnahme wird nicht routinemäßig empfohlen, es sei denn es bestehen [551]
Außer bei Verdacht auf Pneumothorax sollte die Röntgenaufnahme erst angefertigt werden, wenn die therapeutischen Maßnahmen eingeleitet sind. Das Vorhandensein eines Pulsus paradoxus gilt heute nicht mehr als Indikator des Schweregrads eines Asthmaanfalls [3, 65, 69, 73, 396, 436, 546].
Ein Patient mit schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma muss nicht zwangsläufig in akutem Stress oder Bedrängnis sein oder alle oben genannten Symptome zeigen. Schon das Vorhandensein eines einzigen der genannten Symptome sollte beim Arzt den Verdacht auf das Vorliegen eines akuten schweren oder lebensbedrohlichen Asthmaanfalls lenken.
Unter bestimmten Bedingungen oder bei bestimmten Patienten sollte die Indikation zur stationären Einweisung großzügig gestellt werde:
=> Zuweisende Hausärzte oder Bereitschaftsärzte sowie der Rettungsdienst sollten die Einweisung eines Asthmapatienten mit den notwendigen Detailinformationen auf der Notaufnahme vorankündigen. Umgang mit Notrufen siehe: 6.6.4 H
Die präklinische Basistherapie des akuten Asthma bronchiale besteht aus:
Weitere Medikamente sollten außerhalb der Klinik nur entsprechend der Indikationsstellung und im Anschluss an die Basistherapie verabreicht werden. Patienten mit schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma leiden an einer Hypoxämie [378, 366, 466, 270, 584]. Wird die Hypoxämie nicht rasch behoben, drohen schwerwiegende kardiale oder cerebrale Schäden. Alle Patienten müssen Sauerstoff in hoher Konzentration (60 % oder mehr) über eine Gesichtsmaske (mit Reservoir) erhalten [381, 195]. In den meisten Fällen besteht durch die Hyperventilation neben der Hypoxämie eine Hypokapnie. Bei Fällen von schwerem oder lebensbedrohlichen Asthma bronchiale kann das CO2 jedoch normal oder erhöht sein. (Die Indikation zur Blutgasanalyse im klinischen Abschnitt diskutiert). Auch in diesen Fällen besteht keine Kontraindikation gegenüber der hochdosierten Sauerstoffgabe, vorausgesetzt, dass diese nicht kurzfristig unterbrochen wird [366, 466]. Es kann jedoch sein, dass Patienten über 50 Jahren mit akuter bronchialer Obstruktion an einer schweren COPD mit chronisch ventilatorischer Insuffizienz leiden. Hier kann die kontinuierliche Gabe hoher Sauerstoffkonzentrationen schädlich sein (siehe Abschnitt 9.5.) [169]. Frühe Studien haben darauf hingewiesen, dass eine Hypoxämie sich unter der Gabe von vernebelten Beta2-Sympathomimetika durch deren dilatierende Wirkung auf das pulmonale Gefäßbett vorübergehend verschlechtern könne [349]. Neuere Studien konnten dies nicht belegen. Es erscheint aber angebracht, Sauerstoff im Verlauf kontinuierlich über eine Nasensonde zu applizieren (außer bei sehr kleinen Kindern, die Beta2-Sympathomimetika über Druckluftvernebler erhalten). Alle Patienten mit schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma müssen Sauerstoff in hoher Konzentration (60 % oder mehr) erhalten. (B) Die Hypoxämie im Asthmaanfall kann auch nach der Normalisierung der Lungenfunktion noch anhalten. Der Hausarzt sollte bei der Behandlung von Asthmapatienten im Notdienst Sauerstoff zur Verfügung haben. Bis zum Eintreffen des Rettungswagens sollte er in der Lage sein, Sauerstoff mit einem Fluss von 6 L/min aus einer tragbaren Flasche zu verabreichen. Der Sauerstoff sollte über eine Nasensonde appliziert werden (außer bei Kindern, die mit einem Verneblersystem über Maske inhalieren). Im Rettungswagen steht Sauerstoff praktisch unbegrenzt zur Verfügung und sollte sowohl für die Oxygenierung als auch für den Betrieb eines Verneblers genutzt werden. Patienten mit einem akuten Asthmaanfall sollten während des Transports ins Krankenhaus Sauerstoff erhalten. (B) Alle Patienten mit schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma sollten Sauerstoff in hoher Konzentration erhalten (FIO2≥ 60%). In lebensbedrohlichen Situationen sollte ein Reservoirsystem eingesetzt werden. (B) Der Hausarzt sollte bei der Behandlung von Asthmapatienten im Notdienst Sauerstoff zur Verfügung haben. Bis zum Eintreffen des Rettungswagens sollte er in der Lage sein, Sauerstoff mit einem Fluss von 6 L/min aus einer tragbaren Flasche zu verabreichen. Der Sauerstoff sollte über eine Nasensonde appliziert werden (außer bei Kindern, die mit einem Verneblersystem über Maske inhalieren). Im Rettungswagen steht Sauerstoff praktisch unbegrenzt zur Verfügung und sollte sowohl für die Oxygenierung als auch für den Betrieb eines Verneblers genutzt werden, da die Verwendung eines Druckluftverneblers zur Gabe von Beta2-Sympathomimetika zur Entsättigung führen kann [73, 99, 205]. Falls kein Sauerstoff zur Verfügung steht, sollte selbstverständlich bei gegebener Indikation eine Druckluftinhalation von Beta2-Sympathomimetika erfolgen [153]. Die Verneblertherapie mit Beta2-Sympathomimetika sollte im Krankenhaus, im Rettungswagen und vor Ort mit Sauerstoff betrieben werden. (A) Außerhalb des Krankenhauses können hohe Dosen von Beta2-Sympathomimetika auch als Dosieraerosol mit Spacer oder mit einem Druckluftvernebler appliziert werden. (A) Falls kein Sauerstoff zur Verfügung steht, sollte bei gegebener Indikation eine Druckluftinhalation von Beta2-Sympathomimetika erfolgen. (C) Besonderheiten der Sauerstofftherapie bei COPD siehe: 6.7.1.H In den meisten Fällen eines akuten Asthmaanfalls führen hohe Dosen von Beta2-Sympathomimetika bei nur geringen Nebenwirkungen [363, 492, 540] zur raschen Besserung der bronchialen Obstruktion. Beta2-Sympathomimetika sind daher das Medikament der ersten Wahl. Zwischen Salbutamol und Terbutalin besteht kein wesentlicher Unterschied, obwohl gelegentlich Patienten das eine oder andere Medikament präferieren können. In den meisten Fällen wird die inhalative Gabe von Beta2-Sympathomimetika der systemischen vorgezogen. In Abhängigkeit von klinischer Wirkung (Herz- und Atemfrequenz, Peak-flow (PEF)) können wiederholte Gaben von Beta2-Sympathomimetika erforderlich werden. Zusätzlich sollten unbedingt systemische Steroide in ausreichender Dosierung gegeben werden. Beim akuten Asthma ohne Zeichen des lebensbedrohlichen Asthmas können Beta2-Sympathomimetika durch wiederholte Gabe eines Dosieraerosols mit einem entsprechenden großvolumige Spacer oder mittels eines Verneblers (druckluft- oder sauerstoffbetrieben) als Feuchtinhalation verabreicht werden [99]. Inhalative Beta2-Sympathomimetika sind beim akuten Asthma des Erwachsenen in den meisten Fällen mindestens ebenso wirksam wie intravenös verabreichte und deren Gabe vorzuziehen [592]. (Meta-Analysen haben Studien mit subkutan verabreichten Beta2-Sympathomimetika ausgeschlossen). Hohe Dosen inhalativer Beta2-Sympathomimetika sind bei der Behandlung des akuten Asthmaanfalls Therapie der ersten Wahl und sollten so früh wie möglich verabreicht werden. Die intravenöse Gabe von Beta2-Sympathomimetika sollte den Patienten vorbehalten bleiben, bei denen eine Inhalation nicht zuverlässig durchgeführt werden kann oder die, wie beim lebensbedrohlichen Asthma, nicht mehr ansprechen [551, 592]. (A) Hohe Dosen inhalativer Beta2-Sympathomimetika können entweder durch mehrere Hübe eines Dosieraerosols mit Spacer, eines Pulverinhalators oder mittels eines Verneblers (druckluft- oder sauerstoffbetrieben) verabreicht werden. Beim unkontrollierten Asthma ist die Wahl des Applikationssystems relativ beliebig. =>Beim akuten oder lebensbedrohlichen Asthma wird die Gabe über einen Vernebler (sauerstoffbetrieben) empfohlen [71 - 73].
Nach den Empfehlungen der britischen Thorax Society [64 - 66] sollte zur Gabe der Beta2-Sympathomimetika ein sauerstoffbetriebener Vernebler eingesetzt werden. Steht kein Vernebler zur Verfügung, sollte ein Dosieraerosol mit Spacer eingesetzt werden [44, 120, 282, 442]. Die parenterale Gabe von Beta2-Sympathomimetika kann in der Behandlung von beatmeten Patienten oder bei solchen, wo in Extremfällen die Inhalationstherapie fehlschlägt, von Nutzen sein. Hierfür existiert jedoch keine ausreichende Evidenz. Die Gabe von Salbutamol über ein Verneblersystem durch das Rettungsdienstpersonal während des Transports ins Krankenhaus ist erwiesenermaßen eine effektive und sichere Behandlung des Asthmaanfalls [115, 181]. Für die Verneblung im Rettungswagen sollten Sauerstoff mit einem Fluss von 6 l/min verwandt werden. Die kontinuierliche Gabe von Beta2-Sympathomimetika über ein Verneblersystem ist bei der Behandlung des akuten Asthmaanfalls mindestens so effektiv wie die intermittierende Inhalation von Beta2-Sympathomimetika [327, 502, 537]. In den meisten Fällen ist jedoch eine intermittierende Inhalation von Beta2-Sympathomimetika ausreichend. Alle Patienten, die mit dem Rettungswagen in die Klinik eingeliefert werden, sollten während des Transports Inhalationen mit Beta2-Sympathomimetika über ein Verneblersystem erhalten. (A) Bei schwerer Atemwegsobstruktion (PEF oder FEV1F < 200 l/min50 % des Best- oder Sollwertes) und bei schlechtem Ansprechen auf die initiale Therapie mit Beta2-Sympathomimetika sollte die kontinuierliche Verneblertherapie mit Beta2-Sympathomimetika erwogen werden. (A) Wiederholte Dosen von Beta2-Sympathomimetika sollten in Intervallen von 15 bis 30 Minuten oder bei fehlendem Ansprechen auf die Initialtherapie als Dauerinhalation von 5-10 mg Salbutamol/ Std. gegeben werden. Höhere Einzeldosen von z.B. 10 mg Salbutamol bieten meist keinen Vorteil. Steroidtabletten reduzieren die Asthmamortalität, senken die Rückfallrate, tragen zur Vermeidung der Krankenhausbehandlung bei und senken den Bedarf an Beta2-Sympathomimetika. Je früher sie beim akuten Asthmaanfall eingesetzt werden, desto besser ist die Prognose [497, 499]. Systemische Steroide bekämpfen erwiesenermaßen die akute Entzündungsreaktion, die im Asthmaanfall vorliegt [1, 103, 177, 182, 496]. Da bis zum vollständigen Wirkungseintritt mehrere Stunden vergehen, sollten Steroide so früh wie möglich appliziert werden [333, 518, 566]. Es existieren mehrere evidenzbasierte Studien über Asthmatodesfälle, bei denen die nicht ausreichende oder fehlende Steroidgabe ein Hauptfaktor für das Versterben im Asthmaanfall war [45, 70, 116, 343, 414, 530]. In allen Fällen von schwerem oder lebensbedrohlichem akutem Asthma sollten systemische Steroide in adäquater Dosierung verabreicht werden. (A) In den meisten Fällen sind orale Steroide bei der Behandlung des Asthma bronchiale den parenteralen Steroiden gleichwertig [233, 462]. Daher wird die orale Gabe empfohlen. Bei Patienten, die nicht schlucken können oder erbrechen, sowie beim lebensbedrohlichen Asthma sollten parenterale Steroide gegeben werden. Tagesdosen von 40 bis 50 mg Prednisolon oder 400 mg intravenösem Hydrocortison (100 mg sechsstündlich) sind genauso effektiv wie höhere Dosen [351]. Aus Gründen der Praktikabiliät werden meist 2 x 25 mg Prednisolon / Tag statt 8-12 x 5 mg Prednisolon / Tag verordnet. => Prednisolon sollte in einer Dosis von 40 bis 50 mg /Tag für mindestens fünf Tage oder bis zur Erholung nach der Exazerbation verabreicht werden. Die empfohlenen Steroiddosen finden sich in Kapitel 4.4.2.2.3.1 Eine ausschleichende Beendigung der Steroidgabe nach einer Exazerbation ist nicht erforderlich, wenn der Patient zusätzlich auch inhalative Steroide erhält [237, 410]. Dies trifft nicht zu, falls der Patient unter einer Dauertherapie mit oralen Steroiden steht oder in dem seltenen Fall, wo die Steroidgabe für mehr als drei Wochen erforderlich war. Inhalative Steroide anstelle von oralen Steroiden haben in der Behandlung des akuten schweren oder lebensbedrohlichen Asthma bronchiale bisher keinen Stellenwert. Hier müssen weitere Studien folgen. Die Gabe von inhalativen Steroiden sollte, auch wenn sie in der Initialtherapie kein zusätzliches Therapiebenefit bietet [166], trotz der Exazerbation fortgesetzt oder zu diesem Zeitpunkt begonnen werden und die Basis der zukünftigen Asthmatherapie bilden. Einige Patienten mit schwerem chronischen Asthma oder solche mit instabilem (‚brittle‘) Asthma sind von ihrem Hausarzt ggf. bereits entsprechend ihres Selbstbehandlungsplans mit einer Notfallration oraler Steroide versorgt worden. Diese Patienten sollten angewiesen werden, eine adäquate Steroiddosis einzunehmen, während sie auf medizinische Hilfe warten. Sollte der Hausarzt vor dem Rettungswagen eintreffen, sollte er vor dem Transport ins Krankenhaus eine adäquate Steroiddosis applizieren. Falls der Patient eine Notfallration oraler Steroide besitzt oder ein Arzt vor Ort ist, soll die Steroidtherapie bereits präklinisch in ausreichender Dosierung begonnen werden. (A) Bisher ist es nicht üblich, dass das Rettungsdienstpersonal orale Steroide appliziert. Es ist jedoch erwägenswert, im Rahmen der Notkompetenz dem Rettungsassistenten beim schweren Asthmaanfall während des Transportes die einmalige Gabe oraler Steroide zu erlauben. => Inhalative Steroide haben in der Behandlung des akuten Asthma bronchiale keinen Stellenwert, ihre Gabe sollte jedoch trotz der Exazerbation fortgesetzt oder zu diesem Zeitpunkt begonnen werden. Zur passageren Dosissteigerung der inhalativen Steroide während der Exazerbation existieren keine evidenzbasierten Daten.
Die kombinierte Inhalation von Ipratropiumbromid und Beta2-Sympathomimetika führt erwiesenermaßen zu einer besseren Bronchodilatation als die alleinige Inhalation von Beta2-Sympathomimetika [82, 248, 584]. Dies kommt insbesondere bei Patienten mit schwerer Atemwegsobstruktion zum Tragen [56, 412, 465, 618]. Die Kombinationstherapie führt erwiesenermaßen auch zu einer schnelleren Erholung und zu kürzeren Liegezeiten im Krankenhaus [80]. Eine Behandlung mit Anticholinergika ist bei der milden Exazerbation oder nach der klinischen Stabilisierung nicht erforderlich und bietet hierbei meist keinen zusätzlichen Nutzen [310, 482]. Beim lebensbedrohlichen oder schweren therapieresistenten Asthmaanfall sollten Beta2-Sympathomimetika in Kombination mit Ipratropiumbromid (0,5 mg 4 bis 6 stdl.) als Inhalation verabreicht werden. (A)
Die einmalige Gabe von intravenösem Magnesiumsulfat ist beim akuten Asthmaanfall sicher und effektiv [495, 494]. Bei folgenden Patienten kann die einmalige intravenöse Gabe von Magnesiumsulfat erwogen werden (A):
=>1,2 bis 2 g Magnesiumsulfat können intravenös über 20 Minuten verabreicht werden.
Beim akuten Asthma führt die intravenöse Gabe von Theophyllin gegenüber der Standardtherapie mit inhalativen Beta2-Sympathomimetika und oralen Steroiden zu keiner zusätzlichen Bronchodilatation. Bei der Gabe von intravenösem Theophyllin kommt es vermehrt zu Nebenwirkungen wie Palpitationen, Herzrhythmusstörungen und Erbrechen [425]. Intravenöses Theophyllin gehört nicht zur Primärtherapie des Asthmaanfalls. (A) Einzelne Patienten mit lebensbedrohlichem odeBeinahe-tödlichem (‚near fatal‘) Asthma profitieren von der Gabe von intravenösem Theophyllin. Diese Patienten sind aber sehr selten. Eine Metaanalyse von Studien an insgesamt 739 Patienten konnte keine Identifikationskriterien liefern [425]. Eine Studie [560] zeigte einen Therapievorteil bei Patienten (Kindern) mit schweren Asthma, welches unter Steroiden und Beta2-Sympathomimetika nicht mehr ansprach. Falls intravenöses Theophyllin Patienten verabreicht wird, die bereits orales Theophyllin als Dauertherapie erhalten, sollte zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme der Serumspiegel des Medikaments bestimmt werden. Bei Patienten, die eine Dauerinfusion mit Theophyllin erhalten, sollte der Medikamentenspiegel täglich bestimmt werden. Intravenöses Theophyllin sollte beim lebensbedrohlichen oder schweren therapieresistenten Asthmaanfall nur mit Vorsicht und unter (Monitor-) Überwachung eingesetzt werden. (C) Dosierung von Theophyllin i.v.: siehe 4.4.2.2.4.1
Es existieren keine Studien zur Gabe von Leukotrienrezeptorantagonisten im akuten Asthmaanfall. Es wird davon ausgegangen, dass Exazerbationen häufig von Infekten getriggert werden. Die meisten Infekte sind jedoch viraler Genese [214, 216.] Die Rolle der bakteriellen Infektionen wurde in der Vergangenheit überbewertet [214, 216]. Die routinemäßige Verschreibung von Antibiotika ist beim akuten Asthma nicht indiziert (A). Die Gabe von Helium / Sauerstoffgemisch (Ratio 80:20 oder 70:30) beim akuten Asthmaanfall kann anhand der vorliegenden Daten nicht empfohlen werden [239, 284].
Es existieren keine kontrollierten Studien zum Wert der intravenösen Flüssigkeitsgabe im Asthmaanfall. Bei manchen Patienten müssen Elektrolytentgleisungen oder Hypovolämie ausgeglichen werden. Eine Hypokaliämie kann durch Gabe von Beta2-Sympathomimetika und / oder Steroiden entstehen und sollte ausgeglichen werden. Wegen der Rechtsherzbelastung durch den Asthmaanfall sollte eine intravenöse Flüssigkeitsgabe nur mit Vorsicht und langsam erfolgen, da es sonst zu einer akuten Rechtsherzstauung kommen kann. Benzodiazepine sind zentrale Muskelrelaxantien. Ihre Gabe sollte im Asthmaanfall unbedingt unterbleiben, da die Atemmuskulatur maximal belastet ist. Ggf. können zur Sedierung Neuroleptika eingesetzt werden. Morphiumsulfat führt zur Minderung des Dyspnoeempfindens und hiermit zur Ökonomisierung der Atemarbeit [60, 560, 300]. Morphinsulfat kann in niedriger Dosis (2,5 – 10 mg) unter pulsoxymetrischer Kontrolle und kontinuierlicher Sauerstoffgabe im Asthmaanfall gegeben werden. (C) Die Gabe von Ketamin im schweren Asthmaanfall ist bisher unzureichend untersucht. Es fehlen kontrollierte Studien, die einen deutlichen Therapieerfolg gegenüber den Risiken zeigen [317]. Einzelfallberichte schildern eine klinische Verbesserung der bronchialen Obstruktion bei beatmeten Patienten mit therapierefraktärem Status asthmatikus.
Die Gabe von Inhalationsanästhetika im schweren Asthmaanfall ist bisher ebenfalls unzureichend untersucht. Es fehlen kontrollierte Studien. Auch hier existieren zahlreiche Fallberichte über eine bronchodilatatorische Wirkung von Inhalationsanästhetika (insbesondere Halothan) bei beatmeten Patienten, ohne dass bisher systematische Untersuchungen vorgenommen wurden [439].
Die Indikation zur Verlegung auf die Intensiv- oder Überwachungsstation ergibt sich bei Patienten, bei denen eine maschinelle Atemunterstützung erforderlich ist und solchen mit akutem schwerem oder lebensbedrohlichem Asthma, die sich unter Therapie nicht bessern, z.B.
Nicht alle Patienten, die auf die Intensivstation verlegt werden, müssen maschinell beatmet werden. Patienten mit zunehmender Hypoxämie oder Hyperkapnie oder einem Atemstillstand müssen jedoch umgehend mit einer intermittierenden Überdruckbeatmung behandelt werden. Die Intubation kann sehr schwierig sein und sollte, wenn möglich, durch einen Anästhesisten oder Intensivmediziner durchgeführt werden [73, 546]. Alle Patienten, die auf die Intensivstation verlegt werden, sollten von einem Arzt begleitet werden, der eine Notfallintubation durchführen kann und entsprechend ausgerüstet ist. (C) Die nichtinvasive Beatmung (NIV) ist mittlerweile beim ventilatorischen Versagen im Rahmen restriktiver Lungenerkrankungen sowie bei der COPD gut etabliert. Beim akuten Asthma bronchiale mit hyperkapnischem ventilatorischen Versagen liegt eine akute Überlastung der Atemmuskelpumpe vor, die eine sofortige Überweisung auf die Intensivstation erfordert. Eine invasive maschinelle Beatmung mit Intubation ist derzeit in diesem Fall Mittel der Wahl. Der erfolgreiche Einsatz nichtinvasiver Maskenbeatmung ist in solchen Fällen beschrieben worden [371], sollte derzeit jedoch nur in Zentren mit großer diesbezüglicher Erfahrung oder im Rahmen von Studien zur Anwendung kommen . Der Einsatz der nichtinvasiven Beatmung (NIV) sollte derzeit nur in Zentren mit großer diesbezüglicher Erfahrung oder im Rahmen von Studien zur Anwendung kommen. (B)
Die Verwendung von standardisierten Dokumentations- und Behandlungsprotokollen führt erwiesenermaßen in der Notaufnahme und im Krankenhaus zu einer Verbesserung der Ablauforganisation und zur Verbesserung der Behandlungsqualität. Eine solche Dokumentation kann auch zu Zwecken der Qualitätssicherung eingesetzt werden [208, 326, 364, 478].
Es existiert kein einzelner physiologischer Parameter, anhand dessen man den Entlassungszeitpunkt festmachen kann. Die Patienten sollten in einem Zustand sein, der eine ambulante Weiterbehandlung erlaubt. Die Dosis der Beta2-Sympathomimetika sollte bereits reduziert worden sein (wünschenswerterweise auf eine mindestens 4-stündliche Gabe) und die Medikation komplett auf eine orale Verabreichung umgestellt sein. Obwohl die tageszeitliche Peak-flow-Variabilität im Rahmen einer akuten Exazerbation nicht unbedingt vorhanden sein muss, gibt es eine Evidenz dafür, dass für Patienten, die mit einem PEF < 75 % des Best- oder Sollwerts und einer Peak-flow-Variabilität von mehr als 25 % entlassen werden, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Symptome und der Notwendigkeit einer erneuten stationären Einweisung besteht [435, 600].
Nach einer Entlassung aus der stationären Behandlung oder von der Notaufnahme wird ein Teil der Patienten erneut auf der Notaufnahme vorstellig, wobei mehr als 15 % sich binnen zwei Wochen erneut vorstellen. Einige dieser Patienten benötigen tatsächlich erneut eine Notfallbehandlung. Viele vermeiden jedoch eine regelmäßige Behandlung und sind dementsprechend medizinisch unterversorgt und / oder nicht ausreichend kontrolliert [171]. Vor der Entlassung sollte eine Schulung bezüglich der korrekten Inhalationstechnik und der Peak-flow-Messung erfolgen. Der Patient sollte Instruktionen erhalten, wie er im Rahmen seines individualisierten Behandlungsplans seine Therapie anhand des Peak-flow-Protokolls steuern kann. Diese Maßnahmen führen erwiesenermaßen zu einer Verringerung der Morbidität nach einer Exazerbation und vermindern die Rückfallrate [133].
Es sollte eine sorgfältige Anamnese erhoben werden, die die Ursachen der aktuellen Exazerbation hinterfragt und dem Patienten mögliche Handlungsstrategien zur Vermeidung schwerer
Exazerbationen in der Zukunft anbietet. Eine Verlaufsuntersuchung nach der stationären Behandlung sollte binnen zwei Werktagen durch den Hausarzt erfolgen. Eine lungenfachärztliche Untersuchung sollte binnen 4 Wochen anberaumt werden. Idealerweise sollte der Hausarzt binnen 24 Stunden per Fax oder Email über die Krankenhausentlassung eines Patienten mit Asthmaexazerbation informiert werden. Der Hausarzt benötigt insbesondere Informationen über (C):
Hintergrundinformationen: Praxisorganisation, Qualitätssicherung und Versorgungsschnittstellen für die Betreuung von Asthmapatienten siehe 7.H Weiter: Hintergrundinformationen
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