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Hypertonie Hintergründe
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Hypertonie
 

Evidenzbasierte Leitlinie zu Diagnose und Therapie
Entwickelt durch das medizinische Wissensnetzwerk ,,evidence.de”
der Universität Witten/Herdecke
 

Version 1/2003
Eine Aktualisierung dieser Leitlinie ist nicht geplant (Stand September 2007)

Ergänzungen, Hintergrundinformationen und Materialien

Impressum: Entwicklung der Leitlinie, Autoren, Copyright...

Gliederung der Hintergrundinformationen

    1.5H Hintergrundinformationen zu „Einteilung der Evidenz“
      Tabelle 1H: Einteilung der Evidenz
      Grad der Empfehlung
       
    2.H Hintergrundinformationen zu „Definition und Ätiologie der Hypertonie“
      Ursachen sekundärer Hypertonieformen
      Tabelle 2H: Ursachen der sekundären Hypertonie
      Einteilung der Hypertonie im Erwachsenenalter
      Tabelle 3H: Einteilung der Hypertonie im Erwachsenenalter (> 18 Jahre)
      2.1H Hintergrundinformationen zu „ICD-Klassifikation der Hypertonie“
      Tabelle 4H: ICD-Klassifikation der Hypertonie (Hochdruckkrankheit)
       
    3.H Hintergrundinformationen zu „Diagnose der Hypertonie“
      Befunderhebung
      Tabelle 5H: Ziele der Befunderhebung
      3.1H Hintergrundinformationen zu „Blutdruckmessung“
      Einflussfaktoren auf die Blutdruckmessung
      Tabelle 6H: Empfohlene Manschettengröße
      Tabelle 7H: Einflussfaktoren auf die Genauigkeit der Blutdruckmessung
      Blutdruckmessgeräte
      3.1.2H Hintergrundinformationen zu „24-Stunden-Blutdruckmessung“
      3.3.7.2H Hintergrundinformationen zu „Elektrokardiogramm (EKG)“
      Tabelle 8H: EKG-Veränderungen
      Abbildung 1H: EKG-Zeichen für eine linksventrikuläre Hypertrophie
      3.3.7.8H Hintergrundinformationen zu „Ergometrie (Belastungs-EKG)“
      3.4H Hintergrundinformationen zu „Weiterführende Diagnostik“
      Weiterführende Untersuchungen
      3.6H Hintergrundinformationen zu „Risikoeinschätzung“
      Klassifikation der Adipositas mittels Body Mass Index
      Tabelle 9H: Klassifikation der Adipositas nach den Kriterien der WHO
      Versorgungsstufen bei Hypertonie / Schnittstellen in der Patientenversorgung
      Tabelle 10H: Versorgungsstufen bei der arteriellen Hypertonie
      Tabelle 11H: Vorschläge für die Indikationen zur Ein- oder Überweisung
      Kardiovaskuläre Risikofaktoren
      Tabelle 12H: Risikotabelle für Frauen
      Tabelle 13H: Risikotabelle für Männer
       
    4.H Hintergrundinformationen zu „Therapie der Hypertonie“
      Tabelle 14H: Komplikationen der Hypertonie
      Primärprävention („Spätschäden vermeiden“) und Sekundärprävention („Spätschäden mildern“)
      Berechnung der Alkoholmenge
      Tabelle 15H: Alkoholmenge in Getränken
      Medikamentöse Therapie
      Tabelle 16H: Indikationen und Kontraindikationen der größeren Antihypertensivagruppen
      Hintergründe zur HOT-Studie
      Hintergründe zu weiteren Studien
      Diuretika
      Kalziumantagonisten
      ACE-Hemmer
      Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
      Antisympathotonika
      Tabelle 17H: Verordnungen von Antihypertonika 2000
      4.7.1H Hintergrundinformationen zu „Acetylsalicylsäure“
      4.7.3H Hintergrundinformationen zu „Statine“
      4.12H Hintergrundinformationen zu „Motivation und Compliance“
      Tabelle 18H: Aufbau und Inhalt des Hypertonie Behandlungs- und Schulungsprogramms
       
    5.1H Hintergrundinformationen zu „Geriatrische Patienten und Hypertonie“
      Tabelle 19H: Kreatinin-Clearance in Abhängigkeit vom Lebensalter
      5.3H Hintergrundinformationen zu „Diabetes und Hypertonie“
       
    6.H Hintergrundinformationen zu „Hypertensive Krise“

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1.5H Hintergrundinformationen zu „Einteilung der Evidenz“

Die Empfehlungen der Leitlinie sind - ihrer Relevanz entsprechend - in 3 Stufen (A, B, C) eingeteilt, die durch die Stärke der zugrunde liegenden Evidenz charakterisiert werden. Diese Einteilung ist Vorschlägen der US Agency of Health Care Policy and Research (AHCPR) und des Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN) entnommen [3, 11].Der einfachen Lesbarkeit wegen, wird in dieser Leitlinie nur mit den Empfehlungen gearbeitet. Im Literaturverzeichnis sind jedoch die Evidenzklassen für die jeweilige Literaturstelle angegeben.


Tabelle 1H: Einteilung der Evidenz

Grad der Empfehlung

 

Evidenzklasse

 

A

Ia: Evidenz aufgrund von Metaanalysen randomisierter, kontrollierter Studien

Ib: Evidenz aufgrund zumindest einer randomisierten, kontrollierten Studie

B

IIa: Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten kontrollierten Studie  ohne Randomisierung

IIb: Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten quasi-experimentellen  Studie

III: Evidenz aufgrund gut angelegter, nicht experimenteller deskriptiver Studien (z.B. Vergleichsstudien, Kohortenstudien, Fall-Kontroll-Studien)

C

IV: Evidenz aufgrund von Berichten / Meinungen von Expertenkreisen,  Konsensuskonferenzen und / oder klinischer Erfahrung anerkannter Autoritäten

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2.H Hintergrundinformationen zu „Definition und Ätiologie der Hypertonie“


Ursachen sekundärer Hypertonieformen


Tabelle 2H: Ursachen der sekundären Hypertonie

Renale Hypertonie

 

renoparenchymatöse Hypertonie:

 

  • chronische Glomerulonephritis
  • chronisch interstitelle Nephritis
  • Zystennieren
  • diabetische Nephropathie
  • Nephrosklerose
  • Hydronephrose

vaskuläre Prozesse:

  • fibromuskuläre oder atherosklerotische Nierenarteriosklerose
  • Aneurysma
  • Niereninfarkt

Endokrine Hypertonie

 

adrenomedullärer Prozess:

 

  • Phäochromozytom

adrenokortikaler Prozess:

  • primärer Hyperaldosteronismus
  • Mineralokortikoid-Syndrome
  • Cushing-Syndrom

extraadrenale Prozesse:

  • Hypo- und Hyperthyreose
  • Akromegalie
  • Reninom

Aortenisthmusstenose

 

 

Kardiale Ursachen mit erhöhtem Schlagvolumen

 

     

  • Aorteninsuffizienz
  • Bradykardie

Pharmakologisch bedingte Ursachen

 

     

  • Ovulationshemmer
  • Steroide
  • nicht-steroidale Antirheumatika
  • Carbenoxolon
  • Lakritze
  • Ciclosporin A, etc.

Schwangerschaftserkrankungen

 

 

ZNS-Erkrankungen

 

 

Hypertonie bei Schlafapnoesyndrom

 

 

seltene monogenetische Formen

 

z.B. Morbus Liddle

Modifiziert nach [30]


Einteilung der Hypertonie im Erwachsenenalter

Die exakte Definition der Hypertonie ist willkürlich festgelegt worden, da kein einheitlicher Schwellenwert des Blutdrucks bezüglich erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen vorliegt. Die meisten Autoren stützen sich auf die Empfehlungen des Joint National Committee, die in der Tabelle dargestellt werden [9]. In einer großen Analyse wurde für das relative Risiko für Apoplex und KHK in Relation zum diastolischen Blutdruck untersucht.  Dabei wurden in 9 prospektiven Studien 420000 hypertensive Patienten während einer Beobachtungszeit von 6-25 Jahren (im Mittel 10 Jahre) verfolgt [237]. Im diastolischen Blutdruckbereich von 70-110mm Hg betrug der Risikounterschied pro mm Hg für zerebrovaskulären Insult 6% und für KHK 4% [237].
Es bleibt letztlich unklar, wieweit der Behandlungseffekt von hypertensiven Patienten auf diejenigen mit niedrigeren Blutdruckwerten extrapoliert werden kann.


Tabelle 3H: Einteilung der Hypertonie im Erwachsenenalter (> 18 Jahre)

 

Systolisch [mmg Hg]

Diastolisch [mmg Hg]

Optimal

<120

<80

Normal

<130

<85

Hochnormal

130-139 oder

85-89

Hypertonie

 

 

Stadium 1

140-159 oder

90-99

Stadium 2

160-179 oder

100-109

Stadium 3

>180 oder

>110

 

 

 

Hypertensive Krise (akutes Ereignis)

 

 

Hypertensive Entgleisung (Hypertensive Dringlichkeit)

210-240

110-140

Hypertensiver Notfall

210-240 und
lebensbedrohliche Organkomplikationen

110-140

Anmerkung: Wenn systolischer und diastolischer Blutdruck in verschiedene Kategorien fallen, wird der Wert genommen, der in die höhere Kategorie zur Klassifizierung fällt [9].

 

Die isolierte systolische Hypertonie (ISH) ist definiert als systolischer Blutdruck von über 140 mm Hg bei einem diastolischen Blutdruck von unter 90 mm Hg und wird entsprechend den in Tabelle 1 genannten Blutdruckwerten klassifiziert.
Die angegebenen Grenzwerte gelten für die sog. Praxis- oder Gelegenheitsmessung.
Weitere Messverfahren sind die Selbst- und Langzeitblutdruckmessung (s.u.).

Große Bedeutung hat die Berücksichtigung von weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren und von bereits eingetretenen hypertoniespezifischen bzw. -typischen Organschäden wie Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, Augenhintergrundveränderungen. Das kardiovaskuläre Risiko ist auf jedem Blutdruckniveau deutlich höher bei Patienten mit den genannten Organschäden. Erkennung und – soweit möglich – Behandlung dieser Organschäden und weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren sind entscheidend, um das Risiko bei Patienten mit erhöhtem Blutdruck zu reduzieren. Die Einteilung der WHO differenziert gemäß den hypertoniebedingten Organschäden unterschiedliche Stadien [
1].

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2.1H Hintergrundinformationen zu „ICD-Klassifikation der Hypertonie“


Tabelle 4H: ICD-Klassifikation der Hypertonie (Hochdruckkrankheit)

I10

Essentielle (primäre) Hypertonie

I11

Hypertensive Herzkrankheit

I11.0

Hypertensive Herzkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz

11.9

Hypertensive Herzkrankheit ohne (kongestive) Herzinsuffizienz

I12

Hypertensive Nierenkrankheit

I12.0

Hypertensive Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz

I12.9

Hypertensive Nierenkrankheit ohne Niereninsuffizienz

I13

Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit

I13.0

Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz

I13.1

Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz

I13.2

Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit mit (kongestiver) Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz

I13.9

Hypertensive Herz- und Nierenkrankheit, nicht näher bezeichnet

I15

Sekundäre Hypertonie

I15.0

Renovaskuläre Hypertonie

I15.1

Hypertonie als Folge von sonstigen Nierenkrankheiten

I15.2

Hypertonie als Folge von endokrinen Krankheiten

I15.8

Sonstige sekundäre Hypertonie

I15.9

Sekundäre Hypertonie, nicht näher bezeichnet

Nach [34]

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3.H Hintergrundinformationen zu „Diagnose der Hypertonie“


Befunderhebung


Tabelle 5H: Ziele der Befunderhebung

Hinweise auf Ursachen einer sekundären Hypertonie können sich ergeben aus

  • pathologischen Ergebnissen der Basisdiagnostik,
  • dem Fehlen der physiologischen Nachtabsenkung in der Langzeitblutdruckmessung,
  • einer plötzlich auftretenden Hypertonie und
  • dem fehlenden Ansprechen auf eine Therapie mit zwei oder mehr Medikamenten.

Die Bestimmung von Endorganschäden und deren Ausmaß.
Feststellen lassen sich
Endorganschäden an

  • Gehirn: TIA, Schlaganfall, Demenz
  • Herz: linksventrikuläre Hypertrophie, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, Angina pectoris, Myokardinfarkt, Bypass-OP, PTCA
  • Augenhintergrund: Retinopathie
  • Niere: Proteinurie, Nierenfunktionseinschränkung
  • große Gefäße: pAVK

Die Erfassung weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren beeinflusst die Therapieplanung. Dazu gehören

  • Familienanamnese
  • Alter
  • Geschlecht
  • Nikotinabusus
  • Diabetes mellitus
  • Lipidstatus

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3.1H Hintergrundinformationen zu „Blutdruckmessung“

Die Blutdruckmessung bei Erwachsenen folgt in dieser Leitlinie den Empfehlungen von Perloff et al., die im Folgenden wiedergegeben werden [44]:
Der Patient sollte in einem ruhigen, abgeschirmten Raum mit freiem Arm sitzen, der auf einem Tisch oder mit anderer Unterlage so abgelegt ist, dass sich die Mitte des Oberarms auf Herzhöhe befindet. Der Umfang sollte in der Mitte des Oberarms abgeschätzt oder gemessen und eine adäquate Manschette ausgewählt werden. Der Cuff sollte 80% der Zirkumferenz des Oberarms umfassen. Die Manschette sollte so platziert  werden, dass die Mitte des Cuff über der pulsierenden Arterie liegt, anschließend sollte die Manschette eng anliegend am Oberarm befestigt werden. Das untere Ende der Manschette sollte 2,5 cm oberhalb der Ellenbeuge, wo das Stethoskop aufgesetzt wird, reichen. Die Manschette soll zügig bis auf 70 mm Hg aufgepumpt werden und dann weiter in 10 mm Schritten unter Palpation des Radialispulses. Der Wert, an dem der Puls nicht mehr zu fühlen ist und nach Ablassen wieder auftritt, sollte festgehalten werden. Über der A. brachialis sollte der niederfrequente Kopf des Stethoskops zu liegen kommen. Die Manschette sollte zügig und gleichmäßig bis 20-30 mm Hg über den vorher festgelegten durch Palpation festgelegten Punkt aufgeblasen werden, anschließend sollte die Manschette um 2mm Hg/s abgelassen werden bis die Korottkoff-Geräusche auftreten.
Während der Druck in der Manschette fällt, sollte das Manometer abgelesen werden beim ersten Auftreten der repetitiven Geräusche  (Korottkoff Phase I), wenn die Geräusche schwächer werden (Korottkoff Phase IV) und wenn sie verschwinden (Korottkoff Phase V). Solange die Korottkoff-Geräusche zu hören sind sollte die Ablassgeschwindigkeit 2 mm Hg/Pulsschlag nicht überschreiten. Wenn das letzte Korottkoff-Geräusch gehört wurde, sollte die Manschette für wenigstens weitere 10 mm Hg langsam abgelassen werden um sicherzustellen, dass keine weiteren Geräusche hörbar sind. Anschließend sollte die Manschette schnell und vollständig abgelassen werden. Der Patient sollte sich für mindestens 30 s entspannen können. Der systolische (Phase I) und diastolische (Phase V) Druck sollte unverzüglich dokumentiert werden, auf 2 mm Hg genau.
Die Messung sollte nach wenigstens 30 s wiederholt werden. Zwei Werte werden gemittelt. In bestimmten Situation können zusätzliche Messungen am gleichen oder am anderen Arm durchgeführt werden, in der gleichen oder einer alternativen Position.
Mehrfache Messungen sind erforderlich, bevor die Diagnose Hypertonie gestellt werden kann; die exakte Anzahl an Messungen ist abhängig von der Höhe des Blutdrucks und ob andere kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen.


Einflussfaktoren auf die Blutdruckmessung

Im Rahmen einer Beobachtung von 114 Ärzten bestanden die meisten Fehler bei der Blutdruckmessung in [43]:

  • der Verwendung einer falschen Manschettengröße (siehe Tabelle 6H) (97%),
  • dem Auslassen der Ruhephase vor einer Blutdruckmessung (96%),
  • einem zu schnellen Ablassen der Manschette (82%),
  • der Messung an nur einem Arm (77%),
  • dem Unterlassen der Palpation des maximalen systolischen Blutdrucks vor Auskultation (62%).


Tabelle 6H: Empfohlene Manschettengröße

Oberarmumfang

 

Manschettenbreite

 

Manschettenlänge

 

< 33 cm (Standardmanschette ok)

12-13 cm

24 cm

33-41 cm

15-17 cm

30 cm

> 41 cm

18 cm

36 cm

Weitere Empfehlungen zur Selbstmessung stellt die Deutsche Hochdruckliga zur Verfügung (http://www.paritaet.org/hochdruckliga/bsmess.htm).


Tabelle 7H: Einflussfaktoren auf die Genauigkeit der Blutdruckmessung

Einflussfaktor

 

Effekt (gemessener Blutdruck vs aktueller, mittlerer Wert)

Systolisch

Effekt (gemessener Blutdruck vs aktueller, mittlerer Wert)

Diastolisch

Evidenz [Literatur]

 

Patienten

 

 

 

 

emotionale Belastungen wie Angst oder Schmerz

+ variabel

+ variabel

IV [56]

Nahrungsaufnahme oder Messung direkt nach dem Essen

-1 mm Hg bis keine Veränderung

-4 mm Hg bis keine Veränderung

IV [62]

Sprechen

+ 17 mm Hg

+ 13 mm Hg

I [63]

akute Kälteexposition

+ 11 mm Hg

+ 8 mm Hg

II [64]

körperliche Aktivität

- 5 - 11 mm Hg für eine Stunde oder mehr

- 4 - 8 mm Hg für eine Stunde oder mehr

IV [65, 66, 67]

Darm- oder Blasendistension

+ 27 mm Hg

+ 22 mm Hg

IV [68]

Kontraktion von Darm- oder Blasensphinkter

+ 18 mm Hg

+ 14 mm Hg

IV [68]

Messung an paretischem Arm

+ 2 mm Hg

+ 5 mm Hg

IV [69]

hohes Schlagvolumen

kein Effekt

variabel -

IV [56]

Atherosklerotische Wandveränderungen ("Pseudohypertonie")

variabel +/-

variabel +/-

IV [70, 71]

Rauchen

+ 10 mm Hg für 30 und mehr Minuten

+ 8 mm Hg für 30 oder mehr Minuten

IV [72]

Kaffeetrinken

+ 10 mm Hg für zwei Stunden und weniger

+ 7 mm Hg für zwei Stunden und weniger

IV [72]

Alkoholkonsum

+ 8 mm Hg für drei Sunden oder weniger

+ 7 mm Hg für drei Stunden oder weniger

I [73]

Technische Einflussfaktoren

 

 

 

 

Liegend versus Sitzend

kein Effekt bis + 3mm Hg im Liegen

- 2-5mm Hg im Liegen

I[74, 75]

Armposition

+/- 8 mm Hg für jede 10 cm ober- oder unterhalb Herzhöhe

+/- 8 mm Hg für jede 10 cm ober- oder unterhalb Herzhöhe

I [47]

fehlende Armunterstützung

+ 2 mm Hg

+ 2 mm Hg

I [47]

fehlende Rückenunterstützung

kein Effekt bis hin zu + 8 mm Hg

+ 6-10 mm Hg

IV [48, 49]

Beine des Patienten überkreuzt

variabel (+)

variabel (+)

IV [50]

zuviel Druck auf dem Stethoskop

kein Effekt

variabel -

IV [51]

Manschette zu schmal

- 8 mm Hg

+ 8mm Hg

I [52]

Leck in Ablassventil

variabel -

variabel +

IV [53]

Manschette zu gross

- bis zu 3 mm Hg (kein Effekt bei den meisten Patienten)

- bis zu 5 mm Hg (kein Effekt bei den meisten Patienten)

IV [54]

Manschette nicht zentriert

+ bis zu 4 mm Hg

+ bis zu 3 mm Hg

IV [55]

Manschette oberhalb der Kleidung

+ bis zu 50 mm Hg

+ bis zu 50 mm Hg

IV [48, 56]

Manschette zu lose angebracht

variabel +

variabel +

IV [57]

Manschette zu schnell abgelassen

variabel -

variabel -

IV [56, 58]

wiederholtes Aufpumpen der Manschette (venöse Kongestion)

grosse Varianz
(von + 30 bis - 14 mm Hg)

grosse Varianz
(von + 20 mm Hg bis - 10 mm Hg)

IV [56, 59]

Umgebungslärm

unvorhersagbar -

unvorhersagbar +

IV [56]

Einflüsse aus Sicht des Messenden

 

 

 

 

Erwartungsbias

Rundung auf die nächsten
5-10 mm Hg

Rundung auf die nächsten
5-10 mm Hg

I [60]

Zeitdruck

unvorhersagbar -

unvorhersagbar -

IV [61]

Hörungenauigkeit

unvorhersagbar -

unvorhersabgar -

IV [56]

Modifiziert nach [46]


Blutdruckmessgeräte

Die rein mechanischen Geräte, die von Hand aufgepumpt wurden und bei denen über ein in der Manschette eingearbeitetes Stethoskop die Korotkoff-Geräusche vom Patienten gehört werden mussten, wurden schrittweise abgelöst durch oszillometrisch messende Vollautomaten, bei denen auf Knopfdruck ein vorbestimmter Manschettendruck erzeugt wird und nach automatischem Druckablass systolischer  und diastolischer Blutdruck und Herzfrequenz digital angezeigt werden und Abspeicherungen möglich sind [6]. Testuntersuchungen der Blutdruckmessautomaten im Vergleich zur Standardmessung mit Stethoskop haben ergeben, dass bei einigen Geräten mit Fehlern zu rechnen ist, die meist im Bereich der zulässigen Grenze liegen (mittlere Abweichung ± 5 mm Hg, Standardabweichung 8 mm Hg), diese aber auch überschreiten können. Dieses gilt vor allen Dingen für ältere Patienten mit atherosklerotischen  Veränderungen und bei der Verwendung von Unterarmmessgeräten. Wenn möglich, sollte daher vor dem Kauf eines Selbstmessgerätes eine simultane Vergleichsmessung vorgenommen und ein Gerät ausgewählt werden, bei dem systolischer und diastolischer Fehler nicht größer als 10 mm Hg sind. Der Arzt sollte bei der Beurteilung der vom Patienten selbst gemessenen Werte die Differenzen berücksichtigen, die er bei simultanen Vergleichsmessungen festgestellt hat. Ein vollständiger Abgleich zwischen den Geräten in der Praxis und dem Gerät des Patienten wird jedoch kaum erreicht werden [306].
Zur besseren Vergleichbarkeit haben die amerikanische Gesellschaft zur Fortentwicklung medizinischer Instrumente (American Association for the Advancement of Medical Instrumentation, AAMI) und die britische Hypertonieliga (British Hypertension Society, BHS) strenge Prüfkriterien für Blutdruckmessgeräte entwickelt. Auch die deutsche Hochdruckliga vergibt ein Gütesiegel, das gleichartige Anforderungen an die Geräte stellt, wie die amerikanischen und britischen Richtlinien (
http://www.paritaet.org/hochdruckliga/gstext.htm). Dort findet sich auch eine Liste mit empfohlenen Geräten für die Selbstmessung (http://www.paritaet.org/hochdruckliga/gstext.htm). Nach diesen Kriterien wurde lediglich eines der geprüften Handgelenkgeräte für die Heimnutzung empfohlen.

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3.1.2H Hintergrundinformationen zu „24-Stunden-Blutdruckmessung“

Studien zur fehlenden Nachtabsenkung bei der Langzeitblutdruckmessung zeigen, dass „non-dipper“ im Vergleich zu „dipper“ eine höhere kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität aufweisen (auch korrigiert nach Alter, Geschlecht, Vorhandensein anderer kardiovaskulärer Risikofaktoren und Ausgangsblutdruck) [76]. Dabei ist zu beachten, dass die Einteilung in „dipper“ und „non-dipper“ willkürlich ist. In einer Studie von 253  unbehandelten Hypertonikern zeigten nur 71% den gleichen Status am Folgetag in einer 48-Stunden-Langzeitblutdruckmessung [77].

Zurück zur Haupttextversion Kapitel 3.1.2

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3.3.7.2H Hintergrundinformationen zu „Elektrokardiogramm (EKG)“


Tabelle 8H: EKG-Veränderungen

EKG- Befund

 

Mögliche Interpretationen

 

Normal

  • Linksventrikuläre systolische Dysfunktion sehr unwahrscheinlich

Q-Zacken

  • Vorangegangener Myokardinfarkt

ST-T-Strecken-Veränderungen

  • Myokardiale Ischämie

Linksventrikuläre Hypertrophie

  • Hypertension
  • Aortenstenose und/oder andere Herzklappenfehler
  • Hypertrophe Kardiomyopathie und/oder dilatative  Kardiomyopathie

Absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern

  • Zeichen für Myokardschädigung
  • Hyperthyreose
  • Atriale Hypertrophie

Linksschenkelblock

  • Oft assoziiert mit Herzerkrankung

Rechtsschenkelblock

  • Keine klare Assoziation mit Herzerkrankung

Kleine QRS-Komplexe, Niedervoltage

  • Perikardialer Erguss

Sinustachykardie

  • Kann bei schwerer Herzinsuffizienz vorliegen, sehr unspezifisches Zeichen

Bradykarde Herzrhythmusstörungen

  • Bei Auswahl der Therapeutika zu berücksichtigen
Nach [12].


Abbildung 1H: EKG-Zeichen für eine linksventrikuläre Hypertrophie

 
© PD Dr. med. Luis Maeso-Madronero (mit freundlicher Genehmigung)

© PD Dr. med. Luis Maeso-Madronero (mit freundlicher Genehmigung)

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3.3.7.8H Hintergrundinformationen zu „Ergometrie (Belastungs-EKG)“

Für die Beurteilung des Blutdruckes hat sich der submaximale Bereich von 50 bis 100 Watt (entsprechend der Altersbelastung) bewährt (C) [226, 227, 228]. Für 20- bis 50jährige Männer und Frauen gilt als oberer normaler Grenzwert bei 100 Watt ein Blutdruck von 200 / 100 mm Hg. Die Beurteilung des Blutdruckes auf niedriger Leistungsstufe (z. B. 75 Watt) mit 185 / 100 mm Hg empfiehlt sich immer dann, wenn es zu steil ansteigenden, überschießenden Herzfrequenzerhöhungen kommt bzw. wenn bei 100 Watt bereits eine Ausbelastung vorliegt, wie es besonders bei untrainierten und älteren Patienten der Fall sein kann. Ein normales Blutdruckverhalten in der Erholungsphase ist dadurch gekennzeichnet, dass in der fünften Erholungsminute (nach 100 Watt) ein Wert von 140 / 90 mm Hg erreicht bzw. unterschritten wird. Bei 50- bis 70-jährigen steigt pro Dezennium der obere Grenzwert bei 100 Watt um 10 mm Hg systolisch und 5 mm Hg diastolisch (5. Erholungsminute mit 150 / 90 mm Hg) an. Bei unter 20-jährigen liegen die Normalwerte deutlich niedriger als bei Erwachsenen mittleren Alters; z. B. beträgt der obere Grenzwert für 100 Watt bei 14-jährigen 170 / 85 mm Hg.

Trotz Normotonie in Ruhe stellt ein erhöhter systolischer Belastungsblutdruck einen guten Indikator für eine spätere Hochdruckentwicklung dar, während ein normaler Belastungsblutdruck gegen eine spätere Hochdruckerkrankung spricht [226, 229, 230].
Durch eine normale Ergometrie bei erhöhtem Ruheblutdruck lässt sich auch eine Praxishypertonie bzw. bei erhöhten Belastungswerten und grenzwertigem Ruheblutdruck eine Hypertonie sichern, bzw. bei erhöhten Belastungswerten und grenzwertigem Ruheblutdruck Hinweise auf eine beginnende Hypertonie-Entwicklung erheben [
226, 229, 230, 231].

Zurück zur Haupttextversion Kapitel 3.3.7.8

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3.4H Hintergrundinformationen zu „Weiterführende Diagnostik“

Weiterführende Untersuchungen
Zur Einschätzung der Schwere des Hochdrucks stehen eine Reihe von besonderen Blutdruckmessverfahren zur Verfügung. Bei konstanten diastolischen Blutdruckerhöhungen über 110 mm Hg sollte der Augenhintergrund zum Ausschluss einer malignen (oder akzelerierten) Hypertonie untersucht werden.

Frühe Folge einer chronischen Blutdrucksteigerung ist eine linksventrikuläre Hypertrophie (siehe 3.3.7.2H), die mit einer Echokardiographie nachweisbar ist. Die komplette Standardechokardiographie erlaubt weitere Aussagen über Anatomie und Funktion des Herzens (z. B. lokale Hypokinesien, Ejektionsfraktion und diastolische Funktionsstörung, Aortenklappenstenose). Die verschiedenen gefäßsonographischen Methoden  geben Auskunft über Wand- und Lumenbeschaffenheit der Arterien sowie Beeinträchtigungen des Blutflusses.
Weitere Hinweise zur Echokardiographie finden sich in der Leitlinie Herzinsuffizienz [
12].
Eine Mikroalbuminurie spricht für eine mikrovaskuläre Nierenschädigung. Im Bedarfsfall sollte ein Nephrologe hinzugezogen werden.
Ein einfacher Standardtest für den Nachweis einer Demenz ist z.B. Mini-Mental-Status nach Folstein (nachzulesen in der Leitlinie Demenz [
235]).

Keine der genannten Hochdruckursachen wird mit dem Basisprogramm sicher ausgeschlossen und die Hinweise auf eine sekundäre Hypertonie sind häufig unspezifisch. Bei Therapieversagern sollte daher immer auch an eine sekundäre Hypertonie gedacht werden.

Folgende Beobachtungen sollten Anlass zu einer intensiven Suche nach einer sekundärden Hochdruckursache sein:

1. Hinweise aus der Basisdiagnostik
2. Schwere, insbesondere therapierefraktäre Hypertonien
3. Dauerhafter Anstieg des Blutdrucks nach längerer Zeit guter Einstellung
4. Plötzlich auftretender Hochdruck

Ergänzende Untersuchungsmethoden sind für die renoparenchymatöse Hypertonie:

  • endogene Kreatinin-Clearance
  • Phasenkontrastmikroskopie auf dysmorphe Erythrozyten im Blut
  • perkutane Nierenbiopsie

Für die renovaskuläre Hypertonie sollte eine Wahrscheinlichkeitsschätzung anhand der Ergebnisse des  Basisprogramms vorgenommen werden, dann in der Reihenfolge zunehmender diagnostischer Validität: Isotopennephrographie unter ACE-Hemmer, Spiral-CT und Magnet-Resonanz-Angiographie, Duplexsonographie (bei großer Untersuchererfahrung und guter Schallbarkeit), digitale arterielle Subtraktionsangiographie [6, 239].
Diese sollte in Abstimmung mit einem versierten Nephrologen erfolgen.

Auch die Abklärung endokriner Hochdruckformen bedarf häufig eines Spezialisten.
Leitsymptom des primären Hyperaldosteronismus ist die Hypokaliämie nach Ausschluss häufiger Ursachen wie Saluretikagebrauch und Laxantienabusus. Die Plasma-Aldosteron-Konzentration ist erhöht, die Plasma-Renin-Aktivität erniedrigt. Seltenere Ursachen einer hypokaliämischen Hypertonie mit Erniedrigung beider Parameter sind der Lakritzabusus, das Liddle-Syndrom und der apparente Mineralokortikoid-Exzess (siehe unten), mit deutlicher Erhöhung beider Parameter die maligne Hypertonie oder ein  Renin-produzierender Tumor.

Ein Phäochromozytom kann zur Dauerhypertonie oder zu anfallsweisen Blutdrucksteigerungen mit Kopfschmerzen, Palpitationen und Schweißausbrüchen führen. Entscheidend ist der biochemische Nachweis einer vermehrten Ausscheidung von Katecholaminen oder ihrer Metabolite während einer definierten Urinsammelperiode. Für den Lokalisationsnachweis [
240] hat die Magnet-Resonanz-Tomographie eine hohe  Sensitivität, der Metajodbenzylguanidin-Scan eine hohe Spezifität. Die Differenzialdiagnosen krisenhafter Blutdrucksteigerungen sind zahlreich.

Weiterführende Untersuchungsmethoden bei klinischem Verdacht auf ein Cushing-Syndrom sind die Ausscheidung des freien Kortisols im 24-Stunden-Urin und der Dexamethason-Test.

Bei Verdacht auf Hyperparathyreoidismus bzw. Hypercalcämie ist die Bestimmung des Parathormons indiziert, bei Verdacht auf Hyperthyreose eine weitere Schilddrüsendiagnostik. Eine Hyperthyreose führt nur zu temporärer systolischer Blutdrucksteigerung.

Findet sich bei hohem Blutdruck am rechten oder an beiden Armen nur ein schwacher Radialispuls, so ist vor allem bei jungen Patienten an eine Aortenisthmusstenose zu denken und nach weiteren Symptomen zu fahnden: Typischer Auskultationsbefund, schwere linksventrikuläre Hypertrophie, entsprechende  Aortenkonfiguration im Röntgen-Bild des Thorax, Rippenusuren.

Eine neurogene Hochdruckursache ist die mit Magnetresonanztomographie nachweisbare neurovaskuläre Kompression der ventrolateralen Medulla [
241].

Die familiäre Häufung von Hochdruckerkrankungen bei der primären Hypertonie ist in den meisten Fällen wahrscheinlich polygenetisch und multifaktoriell. Bisher wurden nur einzelne monogenetische Hochdruckformen entdeckt:

  • Glukokortikoid heilbare Hypertonie (Konstellation wie bei primärem Aldosteronismus, Erhöhung der Derivate des 18-OH-Cortisols im Urin, Blutdrucksenkung unter Gabe von Dexamethason. Ursache: Fusion der Gene für 11-Beta-Hydroxylase und Aldosteron-Synthetase, dominanter Erbgang) [242]
  • Liddle-Syndrom ( Erniedrigung von S.-Kalium, Plasma-Aldosteron-Konzentration und Plasma-Renin-Aktivität; Ursache: Defekt eines epithelialen Natrium-Kanals, dominanter Erbgang) [243]
  • Apparenter Mineralokortikoid-Exzess (Konstellation wie beim Liddle-Syndrom, Defekt der renalen 11-Beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase, rezessiver Erbgang) [244]
  • Hypertonie mit Kurzfingrigkeit (keine hormonellen Auffälligkeiten, nicht salzsensitiv, Kombination mit neurovaskuläre Kompression der ventrolateralen Medulla, dominanter Erbgang) [245, 246].

Ob eine obstruktive Schlafapnoe, die durch einfache Screeninguntersuchung bei 30% der Hypertoniker nachweisbar ist, als Hochdruckursache anzusehen oder nur häufig mit einem Hochdruck assoziiert ist, ist ungeklärt [6].

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Kapitel 3.4

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3.6H Hintergrundinformationen zu „Risikoeinschätzung“

Klassifikation der Adipositas mittels Body Mass Index

Berechnung des Body Mass Index (BMI):
Body Mass Index (BMI)=Gewicht (kg) / Körpergröße2 (m2)


Tabelle 9H: Klassifikation der Adipositas nach den Kriterien der WHO

Klassifikation

 

BMI (kg/m2)

 

Untergewicht

<18,5

Normales Gewicht

18,5-24,9

Übergewicht

>25,0

Präadipositas

25,0-29,9

Adipositas Grad I

30,0-34,9

Adipositas Grad II

35,0-39,9

Adipositas Grad III

>40,0

Versorgungsstufen bei Hypertonie / Schnittstellen in der Patientenversorgung

Patienten mit hohem Blutdruck werden im Rahmen der hausärztlichen Versorgung betreut und bedürfen nur in speziellen Situationen einer fachärztlichen Betreuung oder Klinikeinweisung. Dabei ist die Klinikeinweisung vor allem bei akuten Problemen indiziert, während die (Mit-)Betreuung durch einen Spezialisten eher bei speziellen Fragestellungen, therapeutischen Problemen bzw. dem Ausschluss einer sekundären Hypertonieform sinnvoll erscheint.
Eine strukturierte Versorgung von Patienten mit hohem Blutdruck erfordert die Kooperation aller am Behandlungsprozess Beteiligten. Um so wichtiger erscheint es daher, die Indikationen, die eine Über- oder Einweisung erforderlich machen, eindeutig herauszuarbeiten, um hier entsprechende Hilfestellung anbieten zu können.
Die Über- und Einweisungskriterien sind als Vorschläge zu betrachten, da aus anderen evidenzbasierten Leitlinien aufgrund unterschiedlich organisierter Gesundheitssysteme keine eindeutigen Vorgaben abgeleitet werden können. In Hinblick auf integrierte Versorgungsformen sind hier allerdings eindeutige Schnittstellendefinitionen erforderlich, um eine optimale Patientenversorgung zu ermöglichen.
Hier ist weiterer Handlungsbedarf gegeben. Eindeutige Definitionen erfordern eine gute Datengrundlage, die in diesen Bereichen nicht vorliegt. Daher kann in diesen Bereichen Forschungsbedarf formuliert werden. Diese  Leitlinie wurde in mehreren Schritten entwickelt und den Anwenderbedürfnissen kontinuierlich angepasst. Sie sollte unter Beachtung der lokalen Gegebenheiten und mit dem klinischen Urteil unter Berücksichtigung der Patientenbedürfnisse und -wünsche angewendet werden [
1, 2].

Vorschläge für die Indikationen zur Ein- oder Überweisung finden sich in der
Tabelle 11H [78].


Tabelle 10H: Versorgungsstufen bei der arteriellen Hypertonie

1. Versorgungsstufe HA (Hausarzt)

Primär durch den Hausarzt zu betreuen sind:

  • Patienten, solange normnahe Blutdruckwerte vorliegen
  • Patienten ohne Komplikationen oder andere Probleme
  • Patienten nach abgeschlossener strukturierter Schulung

2. Versorgungsstufe FA (Hypertonie erfahrener Facharzt)

Indikationen für die Überweisung zum versierten Facharzt:

  • Nichterreichen der Therapieziele (z.B. RR >140 / 90 mm Hg mit und ohne medikamentöse Therapie über 2 bis 3 Quartale)
  • mehrfache hypertensive Entgleisungen
  • hypertoniebedingte Komplikationen (mindestens einmal jährliche Vorstellung)
  • Complianceproblematik

3. Versorgungsstufe KH (Krankenhaus)

Indikationen für stationäre Einweisung:

  • Hypertensiver Notfall
  • kardio- oder zerebrovaskuläre Komplikationen (Myokardinfarkt, Schlaganfall)
  • ausgeprägte Therapieresistenz
  • chronisches Nierenversagen bei Nephropathie (zur Therapieeinleitung)
  • perioperative Einstellung (nur komplizierte Fälle)


Tabelle 11H: Vorschläge für die Indikationen zur Ein- oder Überweisung

Dringende Behandlung erforderlich  (Klinikeinweisung):

  • akzelerierte (maligne) Hypertonie
  • schwere Hypertension (>220/120 mm Hg) mit Symptomen (hypertensiver Notfall)
  • drohende Komplikation (zum Beispiel TIA, Linksherzversagen)

Spezielle Hypertonieformen und Patientenkollektive:

  • Hinweise auf sekundäre Hypertonie in Anamnese und Untersuchung
  • Hypokaliaemie/ hohes Serum-Natrium
  • erhöhtes Serumkreatinin
  • Proteinurie oder Haematurie
  • episodisch auftretende oder sich verschlechternde Hypertonie
  • junges Patientenalter (jeder Hypertoniker < 20 Jahren; Therapiebedarf < 30 Jahren)

Spezielle therapeutische Probleme:

  • Therapieresistenz gegen Dreifach-Kombination
  • mehrfache Medikamentenintoleranz
  • vielfache Arzneimittel-Kontraindikationen
  • persistierende Non-Compliance
  • nachlassende Behandlung (Widerwillen gegenüber Therapie)

Spezielle Situationen:

  • ungewöhnliche Blutdruckvariabilität
  • möglicher Praxishochdruck ("Weisskittelhypertonie")
  • Schwangerschaftshypertonie
Modifiziert nach [78]

Kardiovaskuläre Risikofaktoren / Risikotafeln

Unter der Berücksichtigung unterschiedlichster Faktoren (z.B. Geschlecht, Alter, Begleiterkrankungen, etc.) kann beim Vorliegen einer Hypertonie die Prognose, d.h. das Risiko für zerebrovaskuläre oder koronare Ereignisse genauer stratifiziert werden [238]. Dies entspricht einer operationellen Definition der Hypertonie, die nicht nur auf den absoluten Werten basiert, sondern auch auf Risiko und möglichem Behandlungsbenefit.

Bewertung des koronaren Herzkrankheit-Risikos für Frauen (nach dem Framingham Risk Score)

Diese Bewertungsformulare basieren auf Frauen zwischen 30 und 74 Jahren innerhalb der Framingham-Kohorte. Füllen Sie die Stufen 1 bis 6 für jede einzelne Patientin aus. Addieren Sie die Punkte, die für jede Stufe von 1 bis 6 erreicht wurden, um das Bewertungsergebnis für die individuelle Patientin zu erhalten. Stufe 8 zeigt, in welchem Verhältnis das Bewertungsergebnis der individuellen Patientin zu ihrem 10-Jahres-Risiko für eine koronare Herzkrankheit steht. Stufe 9 zeigt das durchschnittliche Risiko von Frauen ihrer Altersgruppe.


Tabelle 12H: Risikotabelle für Frauen

Stufe 1

Alter

Alter

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

30 - 34

-9

[-9]

35 - 39

-4

[-4]

40 - 44

0

[0]

45 - 49

3

[3]

50 - 54

6

[6]

55 - 59

7

[8]

60 - 64

8

[8]

65 - 69

8

[8]

70 - 74

9

[9]

Stufe 2

LDL-C

(mg/dl)

(mmol/L)

 LDL-Punkte 

<100

<2,60

-3

100 -  129

2,60 - 3,36

0

130 -  159

3,37 - 4,14

0

160 -  189

4,15 - 4,91

1

>=190

>=4,92

2

Cholesterin

(mg/dl)

mmol/L)

Cholesterin-Punkte

<160

<4,14

[-3]

160 -  199

4,15 - 5,17

[0]

200 -  239

5,18 - 6,21

[1]

240 -  279

6,22 - 7,24

[2]

>=280

>=7,25

[3]

Stufe 3

HDL-C

(md/dl)

(mmol/L)

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

<35

<0,90

2

[2]

35 - 44

0,91 - 1,16

1

[1]

45 - 49

1,17 - 1,29

0

[0]

50 - 59

1,30 - 1,55

0

[0]

>=60

>=1,56

-1

[-2]

Stufe 4

Blutdruck

Systolisch (mm Hg)

Diastolisch (mm Hg)

 

<80

80 - 84

85 - 89

90 - 99

>=100

<120

0  [0] Punkte

 

 

 

 

120 - 129

 

0[0] Punkte

 

 

 

130 - 139

 

 

1[1] Punkte

 

 

140 - 159

 

 

 

2[2] Punkte

 

>160

 

 

 

 

3[3] Punkte

Wenn der systolische und der diastolische Blutdruck verschiedene Schätzungen der Punkte zulassen, verwenden Sie die höchste Punktzahl.

Stufe 5

Diabetes

 

LDL-Punkt

Cholesterin-Punkte

Nein

0

[0]

Ja

2

[2]

Stufe 6

Raucherin

 

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

Nein

0

[0]

Ja

2

[2]

Stufe  7

Addieren Sie die Punkte

Alter

 

LDL-C oder Cholesterin

 

HDL-C

 

Blutdruck

 

Diabetes

 

Raucherin

 

Ergebnis

 

Step 8

Koronares  Herzkrankheit-Risiko

LDL-Punkte insgesamt

10-Jahres-Risiko für die  koronare Herzkrankheit

Cholesterin-Punkte insgesamt

10-Jahres-Risiko für die  koronare Herzkrankheit

<=3

1%

 

 

-2

2%

 

 

-1

2%

[<-1]

[2%]

0

3%

[0]

[3%]

1

4%

[1]

[3%]

2

4%

[2]

[4%]

3

5%

[3]

[5%]

4

7%

[4]

[7%]

5

9%

[5]

[8%]

6

11%

[6]

[10%]

7

14%

[7]

[13%]

8

18%

[8]

[16%]

9

22%

[9]

[20%]

10

27%

[10]

[25%]

11

33%

[11]

[31%]

12

40%

[12]

[37%]

13

47%

[13]

[45%]

>=14

>=56%

[>=14]

[>=53%]

Stufe  9

vergleichbare  Risiken

Alter in Jahren

Durchschnittliches 10-Jahres-Risiko für die koronare Herzkrankheit

Durchschnittliches 10-Jahres-Risiko für die Koronare Herzkrankheit (hoch)

10-Jahres-Risiko für die Koronare Herzkrankheit (niedrig)

30 - 34

<3%

<1%

<1%

35 - 39

<1%

<1%

1%

40 - 44

2%

1%

2%

45 - 49

5%

2%

3%

50 - 54

8%

3%

5%

55 - 59

12%

7%

7%

60 - 64

12%

8%

8%

65 - 69

13%

8%

8%

70 - 74

14%

11%

8%

zu Spalte 3: Hohes Risiko ausschließlich Angina Pectoris
zu Spalte 4: Das niedrige Risiko wurde für eine Person gleichen Alters, optimaler Blutdruck, LDL-C-Wert 100 - 129 mg/dl oder Cholesterinwert 160 - 199 mg/dl, HDL-C-Wert 45 mg/dl für Männer, Nichtraucher ohne Diabetes kalkuliert.
Modifiziert nach: Evidence-based Hypertension /ed. by Cynthia D. Mulrow, London: BMJ, ISBN 0-7279-1438-3 [
46]

Bewertung des koronaren Herzkrankheit-Risikos für Männer (nach dem Framingham Risk Score)
Diese Bewertungsformulare basieren auf Männern zwischen 30 und 74 Jahren innerhalb der Framingham-Kohorte. Füllen Sie die Stufen 1 bis 6 für jeden einzelnen Patienten aus. Addieren Sie die Punkte, die für jede Stufe von 1 bis 6 erreicht wurden, um das Bewertungsergebnis für den individuellen Patienten zu erhalten. Stufe 8 zeigt, in welchem Verhältnis das Bewertungsergebnis des individuellen Patienten zu seinem 10-Jahres-Risiko für eine koronare Herzkrankheit steht. Stufe 9 zeigt das  durchschnittliche Risiko von Männern seiner Altersgruppe.


Tabelle 13H: Risikotabelle für Männer

Stufe 1

Alter

Alter

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

30 - 34

-1

[-1]

35 - 39

0

[0]

40 - 44

1

[1]

45 - 49

2

[2]

50 - 54

3

[3]

55 - 59

4

[4]

60 - 64

5

[5]

65 - 69

6

[6]

70 - 74

7

[7]

Stufe 2

LDL-C

(mg/dl)

(mmol/L)

LDL-Punkte 

<=100

<=2,60

-3

100 -  129

2,60 - 3,36

0

130 -  159

3,37 - 4,14

0

160 -  189

4,15 - 4,91

1

>=190

>=4,92

2

Cholesterin

(mg/dl)

mmol/L)

Cholesterin-Punkte

<160

<4,14

[-3]

160 -  199

4,15 - 5,17

[0]

200 -  239

5,18 - 6,21

[1]

240 -  279

6,22 - 7,24

[2]

>=280

>=7,25

[3]

Stufe 3

HDL-C

(md/dl)

(mmol/L)

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

<35

<0,90

2

[2]

35 - 44

0,91 - 1,16

1

[1]

45 - 49

1,17 - 1,29

0

[0]

50 - 59

1,30 - 1,55

0

[0]

>=60

>=1,56

-1

[-2]

Stufe 4

Blutdruck

Systolisch (mm Hg)

Diastolisch (mm Hg)

 

<80

80 - 84

85 - 89

90 - 99

>=100

<120

0  [0] Punkte

 

 

 

 

120 -  129

 

0[0] Punkte

 

 

 

130 -  139

 

 

1[1] Punkte

 

 

140 -  159

 

 

 

2[2] Punkte

 

>160

 

 

 

 

3[3] Punkte

Wenn der systolische und der diastolische Blutdruck verschiedene Schätzungen der Punkte zulassen, verwenden Sie die höchste Punktzahl.

Stufe 5

Diabetes

 

LDL-Punkt

Cholesterin-Punkte

Nein

0

[0]

Ja

2

[2]

Stufe 6

Raucher

 

LDL-Punkte

Cholesterin-Punkte

Nein

0

[0]

Ja

2

[2]

Stufe  7

Addieren Sie die Punkte

Alter

 

LDL-C oder Cholesterin

 

HDL-C

 

Blutdruck

 

Diabetes

 

Raucher

 

Ergebnis

 

Step 8

Koronares  Herzkrankheit-Risiko

LDL-Punkte insgesamt

10-Jahres-Risiko für die  koronare Herzkrankheit

Cholesterin-Punkte insgesamt

10-Jahres-Risiko für die  koronare Herzkrankheit

<=3

1%

 

 

-2

2%

 

 

-1

2%

[<-1]

[2%]

0

3%

[0]

[3%]

1

4%

[1]

[3%]

2

4%

[2]

[4%]

3

5%

[3]

[5%]

4

7%

[4]

[7%]

5

9%

[5]

[8%]

6

11%

[6]

[10%]

7

14%

[7]

[13%]

8

18%

[8]

[16%]

9

22%

[9]

[20%]

10

27%

[10]

[25%]

11

33%

[11]

[31%]

12

40%

[12]

[37%]

13

47%

[13]

[45%]

>=14

>=56%

[>=14]

[>=53%]

Stufe  9

vergleichbare  Risiken

Alter in Jahren

Durchschnittliches 10-Jahres-Risiko für die koronare Herzkrankheit

Durchschnittliches 10-Jahres-Risiko für die koronare Herzkrankheit (hoch)

10-Jahres-Risiko für die koronare Herzkrankheit (niedrig)

30 - 34

3%

1%

2%

35 - 39

5%

4%

3%

40 - 44

7%

4%

4%

45 - 49

11%

8%

4%

50 - 54

14%

10%

6%

55 - 59

15%

13%

7%

60 - 64

21%

20%

9%

65 - 69

25%

22%

11%

70 - 74

30%

25%

14%

zu Spalte 3: Hohes Risiko ausschließlich Angina Pectoris
zu Spalte 4: Das niedrige Risiko wurde für eine Person gleichen Alters, optimaler Blutdruck, LDL-C-Wert 100 - 129 mg/dl oder Cholesterinwert 160 - 199 mg/dl, HDL-C-Wert 45 mg/dl für Männer, Nichtraucher ohne Diabetes kalkuliert.
modifiziert nach: Evidence-based Hypertension /ed. by Cynthia D. Mulrow, London: BMJ, ISBN 0-7279-1438-3 [
46]

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4.H Hintergrundinformationen zu „Therapie der Hypertonie“

Die Blutdruckwerte innerhalb einer Bevölkerung sind annähernd normalverteilt. In allen bisherigen  Untersuchungen konnte kein Schwellenwert ermittelt werden, das Risiko steigt mit einem erhöhten Blutdruck linear an [212].
Es sind viele Studien durchgeführt worden, die Blutdruckwerte in Hinblick auf Komplikationen untersuchten. Dabei wurden sowohl diastolischer als auch systolischer Blutdruck untersucht. Die Konsequenz aus diesen Studien ist, dass der systolische Blutdruck gerade im Alter über 60 Jahren ab einem Wert von 160 mm Hg als erhöht angesehen wird und somit die isolierte systolische Hypertonie (ISH) nicht mehr als Alterserscheinung oder „normal“ angesehen wird. Unter dieser Annahme steigt allerdings die Prävalenz der ISH auf über 50% im höheren Lebensalter [
1].


Tabelle 14H: Komplikationen der Hypertonie

Organ

 

Arteriosklerotische Komplikationen

 

Direkte Hypertoniefolgen

 

Herz

  • Angina pectoris
  • Herzinfarkt
  • Rhythmusstörungen
  • Linksherzhypertrophie
  • Herzinsuffizienz

Niere

  • sekundäre Arteriosklerose der Nierengefäße
  • Nephrosklerose

Zentralnervensystem

  • transiente ischämische Attacken
  • Hirninfarkt
  • Hämorrhagie
  • Enzephalopathie

Augen

  • Sklerose der Arterien
  • Papillenödem
  • Retinopathie

Periphere Gefäße

  • Verschlusskrankheit
  • Aneurysmen
Nach [283]

Primärprävention („Spätschäden vermeiden“) und Sekundärprävention („Spätschäden mildern“)

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass eine bevölkerungsweite Strategie, den Blutdruckanstieg mit dem Alter zu verhindern, die Prävalenz der Hypertonie und die Notwendigkeit einer Pharmakotherapie senken und das kardiovaskuläre Gesamtrisiko reduzieren könnte [107, 108, 109, 110].
Eine Arbeit hat die ernährungsphysiologischen Anforderungen an eine solche Strategie zusammengefasst  [
110]. Eine ausgewogene Ernährung sollte sein:

  • reich an Frucht und Gemüse
  • reich an Hülsenfrüchten und Vollkorn
  • reich an fettfreien und fettarmen Molkereiprodukten, Geflügel, Fisch, Schalentieren und Fleischprodukten
  • reich an essentiellen Nahrungsbestandteilen
  • salzreduziert
  • reduziert in der Gesamtfettmenge, gesättigten Fettsäuren und Cholesterin
  • mit weniger als 2-3 units Alkohol/Tag
  • Kalorien kontrolliert zur Prävention und Korrektur von Adipositas

Berechnung der Alkoholmenge
Zur einfachen Umrechnung der Units in einem alkoholischen Getränk eignet sich folgende Faustregel: die Menge des Getränks in ml x Alkoholgehalt und das Ganze geteilt durch 1000.
So enthält z.B. eine Flasche Wein (750ml) mit einem Alkoholgehalt von 12%  9 Units.
750  X 12  / 1000 = 9.


Tabelle 15H : Alkoholmenge in Getränken

30 g Alkohol sind enthalten in:

    Bier (5 Vol% Ethanol) ca. 0,75 l (entspricht 3,8 Units)

    Wein (10 Vol% Ethanol) ca. 0,35 l (entspricht 3,5 Units)

    Sherry (20 Vol% Ethanol) ca. 0,2 l (entspricht 4 Units)

    Schnaps (40 Vol% Ethanol) ca. 0,1 l (entspricht 4  Units)

Nach [12]

Medikamentöse Therapie
Insgesamt sollte eine Abwägung im Hinblick auf belegte Reduktion von Morbidität und Mortalität von Thiaziden und ß-Blockern und möglichen Vorteilen anderer Wirkstoffe erfolgen [
1]. Hinsichtlich der Wirksamkeit der  einzelnen Wirkstoffgruppen stehen verschiedene Studien unterschiedlicher Qualität zur Verfügung. Ob die einzelnen Wirkstoffe positive Effekte aufgrund ihrer Wirkung auf den hohen Blutdruck oder aufgrund anderer Effekte zeigen, kann nicht immer eindeutig beurteilt werden.


Tabelle 16H: Indikationen und Kontraindikationen der größeren Antihypertensivagruppen

 

Indikation

 

Kontraindikation

 

Medikamenten-
gruppe

 

absolut

 

relativ

 

relativ

 

absolut

 

Thiazide

ältere Patienten

-

Dyslipidaemie

Gicht

ß-Blocker

Myokardinfarkt, Angina pectoris

Herzinsuffizienz

Dyslipidämie, pAVK

Asthma oder chronisch obstruktive Lungenerkrankung,  Reizleitungsstörungen

ACE Hemmer

Herzinsuffizienz, links-ventrikuläre Dysfunktion, diabetische  Nephropathie

chronische Niereninsuffizienz

präterminale Nieren-
insuffizienz (wenn nicht vorbehandelt), pAVK

Schwangerschaft, renovaskuläre Erkrankungen

Kalziumkanal-
antagonisten

(Dihydropyridin)

isolierte systolische Hypertonie bei Älteren Patienten

Angina (stabil)

-

-

Angiotension-II- Rezeptorant-
agonisten

-

Herzinsuffizienz, Intoleranz anderer antihypertensiver Medikamente, ACE-Hemmer induzierter Reizhusten

pAVK

Schwangerschaft, renovaskuläre Erkrankungen

Alpha-Blocker

-

Dyslipidämie, Prostatahyper-
trophie*

posturale Hypotension

Urininkontinenz

Kalziumkanal-
antagonisten

(Frequenz-
senkend)

vasospasti-
sche Angina pectoris

 

Myokardinfarkt

Kombination mit Beta-Blockern

Reizleitungsstörungen, Herzinsuffizienz

* nach der Allhat-Studie nicht mehr als First-Line-Therapie (siehe 4.6.3.11). Modifiziert nach [10, 301]

Hintergründe zur HOT-Studie
Die HOT-Studie untersuchte, in welchem Ausmaß eine Senkung des diastolischen Blutdrucks Vorteile im Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse bringt [
79]. Die größte Reduktion des kardiovaskulären Risikos konnte bei einem Blutdruck von 139/83 mm Hg erreicht werden. Die Blutdrucksenkung wurde durch eine stufenweise titrierte Behandlung durchgeführt [79]. Patienten mit einem Blutdruck von 150/90 mm Hg waren allenfalls gering benachteiligt. Eine weitere Blutdrucksenkung verursachte keinen weiteren Schaden. So zeigten letztlich nur 7% der Patienten Blutdruckwerte über 90 mm Hg diastolisch [78].
In einer intention-to-treat-Analyse konnte ein signifikanter Vorteil bei Diabetikern gezeigt werden, wenn die Blutdruckwerte unter die für Nicht-Diabetiker optimalen Werte abgesenkt wurden [
78]. Eine Titrierung der Therapie bei Diabetikern auf diastolische Werte <= 80 mm Hg halbierte die Inzidenz größerer kardiovaskulärer Ereignisse, verglichen mit einem Therapieziel von einem diastolischen Blutdruck <= 90 mm Hg [78].

Hintergründe zu weiteren Studien
Mit Ausnahme von Syst-Eur, Syst-China und der CAPP-Studie ist die Datenlage aus Outcome-Studien am besten für Thiazide und/oder ß-Blocker [
96, 102, 103, 104, 105, 106]. Ein indirekter Vergleich zwischen SHEP, basierend auf einer diuretischen Therapie, und Syst-Eur, basierend auf Dihydropyridin-Kalziumkanalantagonisten, lässt den Schluss zu, dass das Outcome dieser beiden Therapieregime sowohl qualitativ als auch quantitativ vergleichbar ist.
Eine Subgruppenanalyse der SHEP-Studie unter niedrigdosierter Diuretikagabe zeigte eine dem Nicht-Diabetiker vergleichbare Senkung kardiovaskulärer Ereignisse [
196].
In letzter Zeit haben drei doppelblinde Langzeitstudien die Antihypertensiva-Klassen (Thiazide, ß-Blocker, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer und Alpha-Blocker) gegeneinander verglichen, konnten aber insgesamt keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf antihypertensive Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Lebensqualität nachweisen [
89, 99, 100].
Unterschiede zeigten sich im durchschnittlichen Ansprechen zwischen den einzelnen Wirkstoffklassen in Bezug auf Alter und ethnische Gruppe, keine Wirkstoffklasse war in ihrer Wirksamkeit jedoch vollständig überzeugend. Eindeutige Unterschiede lassen sich zwischen den einzelnen Wirkstoffklassen nicht nachweisen [
101].
Insgesamt haben Outcome-Studien signifikante Verringerungen von Schlaganfällen um 38%, koronaren Ereignissen um 16% und eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität um 21% belegen können [
146, 147]. Der absolute Nutzen ist bei Frauen geringer als bei Männern, was mit dem insgesamt geringeren kardiovaskulären Risiko bei Frauen vereinbar ist.
Insgesamt haben die Ergebnisse aller Studien die Vorhersagen aufgrund epidemiologischer Studien im Hinblick auf Reduktion der koronaren Ereignisse nicht erfüllen können (20-25 % Reduktion). Die Reduktion koronarer  Ereignisse in Studien mit niedrig-dosierter Thiazidtherapie waren signifikant größer (um 28%) als in Studien mit hochdosierten Thiazid-Therapieregimen oder ß-Blockern [
96, 148, 149].
Niedrig dosierte Thiazid-Therapieregime konnten auch die kardiovaskuläre und Gesamtmortalität signifikant senken [
149]. Dabei ist der größere Nutzen im Hinblick auf koronare Ereignisse in diesen Studien nicht notwendigerweise auf die Thiazide an sich zurückzuführen.
Andere Gründe könnten das Alter, die effektive Kalium-Einsparung oder metabolische Probleme sein.
Höhere Dosen von Thiaziden (z.B. >25 mg Hydrochlorothiazid/Tag) sind unnötig und sollten nicht mehr verabreicht werden. Hypertensive Patienten, deren Blutdruck adäquat mit Thiaziden oder ß-Blockern eingestellt ist, haben trotzdem noch ein höheres Risiko für koronare und zerebrovaskuläre Todesfälle [
94, 139, 150151, 152, 153, 155] . Die dargestellten Medikamentengruppen verursachen dosisunabhängig metabolische Störungen, einschließlich Veränderungen bei den Lipiden und der Glukosetoleranz [102]. Daneben können ß-Blocker zu einer Gewichtszunahme führen [156]. In der sogenannten CAPP-Studie entwickelten signifikant mehr Patienten (+21%) in der Therapiegruppe mit ß-Blockern und Thiaziden eines Diabetes mellitus innerhalb von 5 Jahren, verglichen mit den Patienten aus der Captopril-Gruppe [104].
Körpergewicht und Stoffwechselveränderungen beeinflussten die Effektivität einer antihypertensiven Therapie in Bezug auf Reduktion der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität nicht negativ. Die Frage, ob stoffwechselneutrale Substanzgruppen das Outcome im Hinblick auf kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse verbessern, lässt sich nur mit Ergebnissen aus großen vergleichenden Studien, wie sie derzeit durchgeführt werden oder abgeschlossen sind (ALLHAT und ASCOT), beantworten [
98, 157, 301, 309-311].
Es gibt Einwände, dass Kalziumantagonisten vom Dihydropyridintyp das Risiko für koronare Ereignisse, Krebs, Blutungen, Depression, Suizid und andere unerwünschte Wirkungen vergrößern [
157, 158]. Diese Hinweise auf mögliche unerwünschte Wirkungen stammen aus Fall-Kontroll-Studien oder aus Untergruppen-Interims-Analysen oder sekundären Endpunkt-Analysen in randomisert kontrollierten Studien.
Kontrollierte Studien mit Kalziumkanalantagonisten vom Dihydropyridin-Typ wie PRAISE, STONE und  besonders Syst-Eur konnten diese Sicherheitsbedenken nicht bestätigen [
96, 159, 160].
Nifedipin in Kapselform sollte nicht mehr länger verordnet werden [
161]. Es gibt aber aktuelle Hinweise, dass der Nutzen einer Therapie mit Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ alle Risiken eindeutig übersteigt, wenn sie unter Berücksichtigung von Nebenwirkungen und Kontraindikationen verschrieben werden.
Dies wird unterstützt durch eine Studie bei älteren Patienten mit isolierter systolischer Hypertonie und Diabetes mellitus, die mit einem langwirksamen Kalziumkanalantagonisten (Nitrendipin), der in dieser Studie gegen Plazebo getestet wurde, behandelt wurden. In der Interventionsgruppe waren die Reduktionen von Gesamtmortalität, kardiovaskulärer Mortalität und kardiovaskulärer Ereignisse größer als in der Plazebogruppe [
162].

Diuretika
Eine systematische Übersichtsarbeit zeigte bei einer Diuretikatherapie über einen langen Zeitraum eine Verdoppelung des Risikos für das Auftreten eines Nierenzellkarzinoms [
289]. Aus diesen Studien ließ sich jedoch kein absolutes Risiko berechnen. Wegen der geringen Inzidenz dürfte es jedoch sehr niedrig liegen [24].

Kalziumantagonisten
Eine große randomisierte Studie bei älteren Patienten > 60 Jahren mit isolierter systolischer Hypertonie verglich einen langwirksamen Kalziumantagonisten mit Plazebo. Hier konnte die Rate kardiovaskulärer Ereignisse in der Verum-Gruppe gesenkt werden (0,31; 95 % CI 0,14-0,45) [
96].

ACE-Hemmer
Die HOPE-Studie belegt, dass ACE-Hemmer bei Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse diese um 22% (relative risk 0.78; 95 %-CI 0,70-0,86) und Todesfälle um 16% senken konnten [
95]. Von diesen Patienten hatten ca. 50% eine Hypertonie und ca. 50% hatten eine Infarktanamnese, ca. 40% nahmen ß-Blocker. Die Patienten mit Hypertonie hatten relative Risikoreduktionen gleich oder höher als die, die bei allen Teilnehmern beobachtet werden konnten [95].

Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten
In der sogenannten LIFE-Studie wurden mehr als 9.000 Patienten mit essentieller Hypertonie und linksventrikulärer Hypertrophie und einem Alter zwischen 55 und 80 Jahren doppelt blind und randomisiert in einem Parallelgruppenvergleich entweder dem AT1-Rezeptorantagonisten Losartan oder dem Betablocker Atenolol zugeteilt. Die Patienten wurden vier Jahre lang behandelt mit dem primären Studienziel, die kardiovaskuläre Mortalität und Morbidität unter beiden Behandlungsregimen zu vergleichen.
Der primäre kombinierte Endpunkt aus Mortalität und Morbidität wurde von Losartan im Vergleich zu Atenolol signifikant um 14% gesenkt (relative Risikoreduktion). Die absolute Risikoreduktion liegt jedoch bei nur 1,8%. Die Number needed to treat (NNT) berechnet sich dann mit 56. Das bedeutet, dass 56 Patienten über 4 Jahre (so lange lief die Studie) mit Losartan statt Atenolol behandelt werden müssten, um einen kardiovaskulären Endpunkt zu verhindern [
290, 291, 292, 293].
Die Ergebnisse der LIFE Studie veranlassten die Deutsche Hochdruckliga, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten gleichberechtigt neben den Diuretika, Betablockern, ACE-Hemmern und Kalziumkanal-Blockern in der Mono- und Kombinationstherapie der Hypertonie zu empfehlen, selbstverständlich unter Beachtung der Kontraindikationen und Nebenwirkungen [
298].

Antisympathotonika
In der MOXCON-Studie wurde Moxonidin zusätzlich zu einer Basistherapie mit ACE-Hemmern, Diuretika und  evtl. Digitalis und ß-Blockern bei Patienten mit Herzinsuffizienz im Stadium NYHA IV gegenüber Plazebo untersucht. Es zeigte sich eine Übersterblichkeit in der Verumgruppe, so dass die Studie vorzeitig abgebrochen wurde [
6]. Aus diesem Grunde ist der Einsatz von Moxonidin bei Hypertonikern mit Herzinsuffizienz fraglich [6].


Tabelle 17H: Verordnungen von Antihypertonika 2000

 

Verordnungen

 

Umsatz

 

Präparat

 

in Tsd.

 

Änd. %

 

Mio DM

 

Änd. %

 

Cynt®

687,7

+7,2

85,3

+7,5

Briserin N®

662,6

-12,7

38,8

-13,2

Catapresan®

375,4

-0,8

17,0

-0,7

Beloc comp®

337,5

-10,5

36,5

-10,8

Mobloc®

314,6

-1,4

50,4

+3,6

Physiotens®

305,4

+10,8

39,1

+11,3

Concor plus®

280,6

+20,8

28,7

+24,4

Diblocin®

239,7

-32,6

33,8

-32,3

Cardular®

229,5

-26,6

32,9

-26,2

Ebrantil®

211,0

-9,2

30,8

-9,4

Angegeben sind die verordnungshäufigsten Präparate mit Verordnungen und Umsatz 2000 im Vergleich zu 1999. Auszug aus Schwabe und Paffrath: Arzneiverordnungs-Report 2001 [32].

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4.7.1H Hintergrundinformationen zu „Acetylsalicylsäure“

Patienten mit einem angenommenen 10-Jahres-KHK Risiko >= 15% erfahren unter Hypertonietherapie eine Reduktion ihres kardiovaskulären Risikos um 25%. Die Verordnung von ASS reduziert das Risiko für größere  kardiovaskuläre Ereignisse um weitere 15%, was zu einer NNT über 5 Jahre von 90 für eine kardiovaskuläre Komplikation und 60 für einen durch ASS verhinderten Myokardinfarkt führt [79, 164]. Dieser Nutzen erscheint akzeptabel angesichts der Tatsache, dass eine Therapie mit ASS einfach und kostengünstig ist.
In der Thrombosis Prevention Trial mit 75 mg ASS täglich zur Primärprävention hatten 26% der untersuchten Patienten eine behandelte Hypertonie [
163]. Die Ergebnisse waren vergleichbar mit der HOT-Studie: 16% Reduktion bei allen kardiovaskulären Ereignissen, 20% Reduktion bei Myokardinfarkten und kein Einfluss auf tödliche Ereignisse.

In beiden Studien waren die Raten der klinisch-signifikanten Blutungsepisoden, die durch ASS verursacht wurden, ähnlich hoch wie die Anzahl der durch ASS verhinderten kardiovaskulären Ereignisse, womit der Grad zwischen Nutzen und potentiellem Schaden sehr gering ist [
79, 163, 164]. Das durchschnittliche kardiovaskuläre Ereignisrisiko betrug 1,0 – 1,5% pro Jahr, und die Grenze für eine ASS-Therapie zur Primärprävention bei Hypertonie sollte wohl etwas höher angesetzt werden.
In der HOT-Studie wurden nur gut eingestellte Hypertoniker untersucht, und in der Thrombosis Prevention Trial wurden die Patienten ausgeschlossen, deren Blutdruck >170/100 mm Hg betrug. Darüber hinaus hatten diejenigen Patienten, die in der Thrombosis Prevention Trial eine zerebrale Hämorrhagie entwickelten, signifikant höhere Blutdruckwerte vor dem Ereignis (158 mm Hg vs. 135 mm Hg bei denen ohne Blutung).

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Kapitel 4.7.1

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4.7.3H Hintergrundinformationen zu „Statine“

Eine Statintherapie kann in Großbritannien gerechtfertigt werden bei einem 10-Jahres-KHK Risiko von 6%; dies würde jedoch ungefähr die Hälfte der gesamten Bevölkerung in Großbritannien betreffen und noch einen höheren Anteil bei hypertensiven Patienten [
166].
Die derzeitigen Empfehlungen bezüglich einer Statintherapie sind vereinbar mit den Joint Recommendations der „British Hypertension Society“, der  „British Cardiac Society“, der „British Diabetic Association“ und der „British Hyperlipidaemia Association“ sowie mit Beratung des nationalen Standing Advisory Committee (SMAC), den Empfehlungen des „Scottish Intercollegiate Guideline Network (SIGN)“, dem „Third Report of the  Expert Panel on Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood Cholesterol in Adults“ des National Institutes of Health (NIH) und den Empfehlungen der „Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft“ [
13, 14, 15, 141, 170]. Diese Empfehlungen sind sehr konservativ und stellen den Minimalkonsens auf der Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Daten (Evidenz) dar.
Viele Studien sind noch nicht abgeschlossen, so dass in Zukunft neue wissenschaftliche Daten zur Verfügung  stehen werden.

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4.12H Hintergrundinformationen zu „Motivation und Compliance“


Tabelle 18H: Aufbau und Inhalt des Hypertonie Behandlungs- und Schulungsprogramms (HBSP)

 

Schwerpunkt

Theoretische Inhalte

Praktische Inhalte

1. Stunde

Einführung & Blutdruck-
selbstmessung

  • Was ist Bluthochdruck?
  • Wie ist der Normwert für den Blutdruck?
  • Wie wird der Blutdruck reguliert?
  • Was sind die wichtigsten Risikofaktoren für Bluthochdruck?
  • Welche Folgen kann langjähriger hoher Blutdruck haben?
  • Technik der korrekten Selbstmessung des Blutdrucks
  • Richtiges Protokollieren der gemessenen Blutdruckwerte in den Blutdruck-Pass der Deutschen Hochdruckliga 
  • 2. Stunde

    Nicht-
    medikamentöse Behandlungs-
    möglichkeiten

  • Gewichtsreduktion
  • Kochsalzrestriktion
  • Steigerung der körperlichen Aktivität
  • Einschränkung des Alkoholkonsums
  • Einschränkung des Rauchens
  • Kontrolle der korrekten Messtechnik durch Parallelmessungen des Blutdrucks mit der Schulungsschwester
  • Aufforderung, die nicht-medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten bis zur nächsten Unterrichtseinheit anzuwenden
  • 3. Stunde

    Medikamentöse Behandlungs
    möglichkeiten

  • Wirkmechanismus und häufigste Nebenwirkungen der verschiedenen Medikamentengruppen
  • Möglichkeiten zur Vermeidung bzw. Verminderung von Nebenwirkungen
  • Wichtigkeit regelmäßiger Medikamenteneinnahme
    • Kontrolle der korrekten Messtechnik durch Parallelmessungen des Blutdrucks mit der Schulungsschwester
    • Erfolgskontrolle der nicht-medikamentösen Therapie
    • Besprechung der von den Teilnehmern mitgebrachten  Medikamentenbeipack-
      zettel
    • Anpassung der Medikamentendosis
    • Gemeinsames Festlegen der vorläufigen medikamentösen Therapie
    • 4. Stunde

      bei Übergewicht

      • Kalorienreduzierte Mischkost
      • Körperliche Bewegung
    • Umgang mit einer Nährwert-Tabelle
    • Führen eines Kalorien-Tagebuchs
    • 4. Stunde

      bei Nephropathie

      • Normalisierung der Eiweißzufuhr (0,8 g/kg Körpergewicht/Tag)
    • Umgang mit einer Eiweiß-Tabelle
    • Individuelles Zusammenstellen von Mahlzeiten anhand von Abbildungen
    • Nach [200]

      Sich verändernde Versorgungsstrukturen (integrierte Versorgung [§ 140 SGB V] oder  „Disease-Management-Programme“ (DMPs) [§137 f SGB V]) ermöglichen die Nutzung solcher Motivationsfaktoren in weit größerem Umfang als das bisher der Fall ist. Im Rahmen eines Gesamtkonzeptes könnte dann auf solche Teilprogramme zurückgegriffen werden [1].

      Zurück zur Haupttextversion Kapitel 4.12

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      5.1H Hintergrundinformationen zu „Geriatrische Patienten und Hypertonie“

      Die Therapie dieser Altersgruppe ist verbesserungswürdig; Ärzte sind sich dessen nicht immer bewusst [3, 176, 177]. Das ist nicht weiter überraschend, wenn man bedenkt, dass vor den zitierten Outcome-Studien der Anstieg des Blutdrucks mit zunehmenden Alter als unausweichlich und harmlos angesehen und die isolierte systolische Hypertonie keinerlei therapeutische Konsequenz hatte. Es gab auch Befürchtungen, dass ältere  Patienten eine antihypertensive Therapie nicht tolerieren könnten. Diese Befürchtung konnte durch eine detaillierte Analyse von Nebenwirkungen in Outcome-Studien widerlegt werden [3, 278]. Mittel der ersten Wahl („First-Line“-Therapie) in dieser Altersgruppe bilden niedrig-dosierte Thiaziddiuretika [3]. Betarezeptorenblocker waren in vielen Outcome-Studien die Medikamente der zweiten Wahl, erwiesen sich  jedoch als weniger effektiv als Thiazide, und Metaanalysen lassen vermuten, dass Betarezptorenblocker das Schlaganfallrisiko senken, aber auf die anderen kardiovaskulären Ereignisse in dieser Altersgruppe keinen Einfluss haben [3]. In der Syst-Eur-Studie zeigte die Therapie der isolierten systolischen Hypertonie bei älteren Patienten basierend auf einem Dihydropyridine (Nitrendipin) ein ähnliches Outcome wie in der SHEP-Studie. Daraus folgt, dass Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ eine passende Alternative zu Thiaziden sind, wenn diese ineffizient, kontraindiziert sind oder nicht toleriert werden [96, 106].
      In der SHEP-Studie führte die Diuretikatherapie nicht zu einer Verminderung von Demenzentwicklungen [1
      06]. In der Syst-Eur-Studie verminderten Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ die Häufigkeit von  Demenzentwicklungen, möglicherweise durch die Verhinderung zerebraler Ischämien im Rahmen der Hypertoniebehandlung [96]. Fraglich bleibt jedoch, ob sich bei Patienten mit bereits bestehenden leichten kognitiven Hirnleistungsstörungen eine Verbesserung auf ein prämorbides Niveau möglich ist.


      Tabelle 19H: Kreatinin-Clearance in Abhängigkeit vom Lebensalter

      Alter (Jahre)

       

       Kreatinin-Clearance (ml/min)

       

      20-29

      120

      30-39

      100

      40-49

      100

      50-59

      90

      60-69

      75

      70-79

      65

      80-89

      45

      90-99

      35

      Modifiziert nach [299]

      Zurück zur Haupttextversion Kapitel 5.1

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      5.3H Hintergrundinformationen zu „Diabetes und Hypertonie“

      In der UKPDS-Studie erwies sich zum Schutz vor mikro- und makrovaskulären Komplikationen eine  antihypertensive Therapie als effektiver als eine strenge Blutzuckereinstellung [190]. Sie war die einzige Intervention, die die Überlebenszeit von Typ 2-Diabetikern verbesserte. Deutliche Verbesserungen in der Überlebenszeit zeigten sich auch in der Kohorte der älteren Diabetiker mit antihypertensiver Therapie in der Syst-Eur-Studie. Aus der UKPDS-Studie geht hervor, dass viele Typ 2- Diabetiker bereits bei Diagnosestellung manifeste kardiovaskuläre oder mikrosvaskuläre Erkrankungen aufweisen und ihre gesamte kardiovaskuläre Ereignisrate (vornehmlich koronare Ereignisse) >30% beträgt [190].

      Zurück zur Haupttextversion Kapitel 5.3

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      6.H Hintergrundinformationen zu „Hypertensive Krise“

      Berechnung des arteriellen Mitteldrucks
      Der arterielle Mitteldruck entspricht ungefähr dem diastolischen Blutdruck plus einem Drittel der Differenz von systolischem und diastolischem Druck, z.B. 133 bei 200/100 mmHg.


      Tabelle 20H: Hypertensive Notfälle

      • Hypertensive Enzephalopathie
      • Akute Aortendissektion
      • Akutes Lungenödem mit respiratorischer Insuffizienz
      • Akute Myokardinfarkt / Instabile Angina pectoris
      • Eklampsie
      • Intrakranielle Blutungen
      • Akutes Nierenversagen
      • Mikroangiopathische hämolytische Anämie
      • Frische Blutungen und Papillenödem am Augenhintergrund
      Modifiziert nach [36].

      Zurück zur Haupttextversion Kapitel 6.

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      Hier steht ein
      Dokumentationsbogen für hypertone Patienten, wie er z.B. im Rahmen von Disease Managment Programmen eingesetzt werden könnte.

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      Eine Aktualisierung dieser Leitlinien ist nicht geplant (Stand September 2007)

       

       

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      Update:03/09/09

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