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Hypertonie Therapie Haupttext
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Hypertonie

Evidenzbasierte Leitlinie zu Diagnose und Therapie
Entwickelt durch das medizinische Wissensnetzwerk „evidence.de“
der Universität Witten/Herdecke

Version 1/2003
Eine Aktualisierung dieser Leitlinie ist nicht geplant (Stand September 2007)

Therapie Haupttext

Die hier vorliegende Version richtet sich an Ärzte und Gesundheitsfachleute.
Für Betroffene, Angehörige und Betreuer existiert eine
Patientenleitlinie.


Die Leitlinie Hypertonie in der Version 1/2003 nimmt Bezug auf andere nationale und internationale Leitlinien-Dokumenten, die übersetzt, inhaltlich und formell überarbeitet und an hausärztliche Erfordernisse angepasst wurden. Eine Aktualisierung wird nicht mehr vorgenommen.
Impressum:
Entwicklung der Leitlinie, Autoren, Copyright...

Gliederung (Fortsetzung)

zum Diagnostik Haupttext

    4. Therapie
      4.1 Therapieziele
      4.2 Empfehlungen: Therapieziele
      4.3 Prognose ohne Therapie
      4.4 Nicht-medikamentöse Maßnahmen
        4.4.1 Gewichtsreduktion
        4.4.2 Reduzierte Kochsalzzufuhr
        4.4.3 Eingeschränkter Alkoholkonsum
        4.4.4 Bewegungsübungen (Exercise-Training)
        4.4.5 Vermehrter Obst- und Gemüsekonsum
        4.4.6 Verminderte Aufnahme an Gesamtfett und gesättigten Fetten
        4.4.7 Weitere Ernährungsfaktoren
        4.4.8 Psychophysiologisch orientierte Therapie
        4.4.9 Senkung des kardiovaskulären Risikos
          4.4.9.1 Nikotinkarenz
          4.4.9.2 Ersatz der gesättigten durch ungesättigte Fette, erhöhter Fischölkonsum
        4.4.10 Durchführung nicht-medikamentöser Maßnahmen
      4.5 Empfehlungen: Nicht-medikamentöse Maßnahmen
      4.6 Pharmakotherapie der Hypertonie
      4.7 Pharmakotherapie kardiovaskulärer Risiken
        4.7.1 Acetylsalicylsäure
        4.7.2 Empfehlungen: Acetylsalicylsäure (ASS)
        4.7.3 Statine (HMG CoA-Reduktase- Hemmer, Lipidsenker)
        4.7.4 Empfehlungen: Statine (HMG CoA-Reduktase- Hemmer)
      4.8 Therapieresistente Hypertonie („Non Responder“)
      4.9 Empfehlungen: Therapieresistente Hypertonie
      4.10 Verlaufskontrollen
        Tabelle 25: Empfehlungen für Verlaufskontrollen
      4.11 Empfehlungen: Verlaufskontrollen
      4.12 Motivation und Compliance
        Tabelle 26: Empfehlungen, um Patienten zur Einnahme der Antihypertensiva zu bewegen
      4.13 Empfehlungen: Motivation und Compliance
    5. Besonderheiten
      5.1 Geriatrische Patienten und Hypertonie
      5.2 Empfehlungen: Geriatrische Patienten und Hypertonie
      5.3 Hypertonie und Diabetes
      5.4 Empfehlungen: Hypertonie und Diabetes
    6. Hypertensive Krise
      6.1 Definition
      6.2 Therapie der hypertensiven Krise
        6.2.1 Hypertensive Entgleisung (Dringlichkeit)
        6.2.2 Hypertensiver Notfall
      6.3 Substanzen
        6.3.1 Nifedipin und Nitrendipin
        6.3.2 Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin)
        6.3.3 Urapidil oder Clonidin
        6.3.4 Furosemid
        6.3.5 Nitropussid-Natrium
        6.3.6 Dihydralazin
        6.3.7 Captopril
      6.4 Empfehlungen: Hypertensive Krise


4. Therapie


    4.1 Therapieziele

    Die Therapie der arteriellen Hypertonie hat als wichtigstes Ziel nicht die Senkung einzelner Blutdruckwerte, sondern die Reduktion der kardiovaskulären Mortalität [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 46, 213]. Deswegen sollte vor Therapiebeginn eine Risikoeinschätzung erfolgen.
    Weiterhin soll eine antihypertensive Therapie bei Patienten ohne manifeste Organschäden Spätfolgen verhindern oder verzögern (Primärprävention), bzw. bei Patienten mit bereits vorhandenen Organschäden weitere Komplikationen verhindern (Sekundärprävention).

    Im Hinblick auf die therapeutischen Konsequenzen lässt sich aus Studienergebnissen ableiten, dass [1, 79]:

    • systolischer und diastolischer Blutdruckwert betrachtet werden müssen,
    • Blutdruckzielwerte in Abhängigkeit von Alter und Komorbidität jeweils einzeln definiert werden müssen, z.B. sollte eine isolierte systolische Hypertonie (ISH) von über 160 mm Hg nicht mehr als normale Alterserscheinung betrachtet werden,
    • die Messmethode Einfluss auf die Blutdruckzielwerte hat.

    Weitere Informationen unter Hintergrundinformationen (4.H).
    Aufgrund der unterschiedlichen Patientengruppen und Messverfahren müssen differenzierte Grenzwerte angegeben werden. Insbesondere bei Diabetikern und Patienten mit einer Niereninsuffizienz sind niedrigere Werte anzustreben.
    In der Tabelle 6 sind die vorgeschlagenen Blutdruckzielwerte unter antihypertensiver Therapie dargestellt  [
    1, 9, 295]. Sowohl systolischer als auch diastolischer Blutdruck sollten betrachtet werden, <140/90 mm Hg bedeutet <140 systolisch und <90 mm Hg diastolisch [1, 9].


    Tabelle 6: Blutdruckzielwerte

     

    Gemessen in der Praxis

    Durchschnittliche tägliche oder ABDM-Messung

    Blutdruck

    kein Diabetes

    Diabetes

    kein Diabetes

    Diabetes

    Optimales Ziel*

    <140/90

    <130/80

    <130/80

    <130/75

    Minimalziel*

    <150/90

    <140/85

    <140/85

    <140/80

    *Das Minimalziel (auch als Audit-Standard bezeichnet) sollte auf jeden Fall angestrebt werden. Trotz optimaler Therapie wird es jedoch nicht bei allen Patienten erreicht werden können.

    Die Grenzwerte sind willkürlich festgelegt worden; das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen steigt mit einem höheren Blutdruck linear an [9, 212].

    Wichtig ist die motivierende Gesprächsführung mit dem Patienten zur Stärkung der Eigenverantwortung [210].


    4.2 Empfehlungen: Therapieziele

    Das wichtigstes Ziel der Hypertonietherapie ist die Senkung der kardiovaskulären Mortalität (C).
    Bei der Blutdrucksenkung sollte man sich an den empfohlenen Richtwerten (Tabelle 6) orientieren (C).
    Eine motivierende Gesprächsführung mit dem Patienten zur Stärkung der Eigenverantwortung sollte erfolgen (C).


    4.3 Prognose ohne Therapie

    Epidemiologische Untersuchungen wie die Framingham-Studie zeigen, dass etwa die Hälfte der unbehandelten Patienten an den Folgen einer koronaren Herzkrankheit, wie z.B. einem Herzinfarkt, ein Drittel an zerebrovaskulären Komplikationen, wie z.B. einem Schlaganfall, und bis zu 15% an einer Niereninsuffizienz versterben [271, 272, 280]. Das bedeutet, dass bei Patienten mit unbehandelter Hypertonie die Mortalität fast ausschließlich durch Folgen der Hypertonie bedingt ist.
    Durch eine dauerhafte Absenkung des Blutdrucks auf Normalniveau lassen sich kardiovaskuläre Todesfälle (Herzinfarkt, Schlaganfall) um ca. 20% reduzieren [
    79, 154, 268, 269, 270].
    Weitere Komplikationen der unbehandelten oder schlecht eingestellten Hypertonie finden sich in
    Tabelle 7H. Am Anfang einer Therapie sollte der Blutdruck im Abstand von 1-2 Wochen kontrolliert werden [31].


    4.4 Nicht-medikamentöse Maßnahmen

    Etliche Studien haben bestätigt, dass Veränderungen der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten den Blutdruck senken und das kardiovaskuläre Risiko reduzieren können [8, 21, 23, 112, 113, 114, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 276, 281]. Eindeutige mündliche und schriftliche Hinweise auf diese Maßnahmen sollten allen hypertensiven Patienten, sowie allen Patienten mit hoch-normalen Blutdruckwerten und Patienten mit einer positiven Familienanamnese, gegeben werden (siehe auch Patientenleitlinie) [1, 5, 6, 8, 10].
    Nicht-medikamentöse Maßnahmen sind in der Lage, den Blutdruck ebenso sehr zu senken wie eine pharmakologische Monotherapie; sie senken den Bedarf an Medikamenten, verstärken die antihypertensive Wirkung der Pharmaka, reduzieren die Notwendigkeit für ein Mehrfach-Therapieregime und beeinflussen das gesamte kardiovaskuläre Risiko positiv [
    114, 121]. Umgekehrt kann der Verzicht auf diese Maßnahmen das Ansprechen auf antihypertensive Medikamente abschwächen [122].

    Bei Patienten mit milder Hypertonie und fehlenden kardiovaskulären Komplikationen und
    Endorganschäden kann der Effekt dieser Maßnahmen zunächst über 4-6 Monate beobachtet werden [
    1].
    Ist eine antihypertensive Pharmakotherapie frühzeitig erforderlich, zum Beispiel bei Patienten mit schwerer Hypertonie, sollten die nicht-medikamentösen Maßnahmen parallel zu den medikamentösen Maßnahmen eingeleitet werden [
    1, 8].

    Als Allgemeinmaßnahmen (Lifestyle-Changes) zur Blutdrucksenkung sind zu empfehlen [
    1, 2, 6, 8, 9, 10, 276, 281]:


      4.4.1 Gewichtsreduktion (A)

      Gewichtsreduktion und Kalorienrestriktion sind für die Mehrzahl der hypertensiven Patienten angemessen, da die meisten übergewichtig sind, und diese Maßnahmen zu einer Blutdrucksenkung von 2,5/1,5 mm Hg pro abgenommenem Kilogramm führen [1, 8, 21, 14, 247, 248, 257, 276]. Hintergrundinformationen: Bestimmung des Body Mass Index (Tabelle 9H)


      4.4.2 Reduzierte Kochsalzzufuhr (A)

      Kochsalzrestriktion von durchschnittlich 10 auf 5g/Tag (5g entsprechen einem Teelöffel) senkt den Blutdruck um 5/3 mm Hg. Der Effekt ist größer bei älteren Patienten und bei Patienten mit initial höheren Blutdruckwerten [123, 124, 125, 276]. Alle Patienten mit Hypertonie sollten eindeutige mündliche und schriftliche Hinweise erhalten, ihren Salzkonsum auf 5g/Tag zu reduzieren. Zwar profitieren nicht alle Patienten von der Salzrestriktion, sondern nur die sogenannten „Salzsensitiven“; dies lässt sich aber am Besten durch Austesten feststellen.

      Viele Patienten haben bereits das Nachsalzen am Tisch oder beim Kochen aufgegeben, aber nur wenige sind sich des Salzgehaltes in hergestellten Lebensmitteln bewusst, wie zum Beispiel in Brot (eine Scheibe enthält ca. 0,5g Salz), einigen Frühstückszerealien und Geschmacksverstärkern wie Suppenwürfel oder Fertigsoßen. Patienten und die, die für hypertensive Patienten kochen, sollten mit speziellen schriftlichen Materialien ausgestattet werden (siehe auch Patientenleitlinien).


      4.4.3 Eingeschränkter Alkoholkonsum (A)

      Hypertensive Patienten sollten einen Hinweis erhalten, ihren Alkoholkonsum auf 21 units/Woche für Männer und 14 units/Woche für Frauen zu begrenzen (zum Vergleich: 1 unit entspricht ungefähr 1 Glas Wein (siehe unter Hintergrundinformationen Tabelle 14H) [276]. Eine Alkoholaufnahme >21 units/Woche ist mit einer Blutdruckerhöhung verknüpft, die nach Reduktion der Alkoholzufuhr reversibel ist [126]. Trinkexzesse gehen mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle einher [127]. In einer Studie hatte die Begrenzung des Alkoholkonsums als einzelne Intervention nur einen geringen Effekt, wobei die Menge auch nur gering reduziert wurde [128]. Die Zufuhr geringer Mengen an Alkohol bis zum empfohlenen Limit soll gegen KHK schützen, daher sollte davon nicht abgeraten werden [129].


      4.4.4 Bewegungsübungen (Exercise-Training) (A)

      Körperliche Übungen sollten regelmäßig erfolgen, eher dynamisch (zum Beispiel forciertes Gehen) als isometrisch (zum Beispiel Training mit Gewichten) und zugeschnitten auf den individuellen Patienten sein [130]. So können zum Beispiel drei anstrengende Trainingseinheiten pro Woche für jüngere Patienten angemessen sein, während forciertes Gehen 20 Minuten/ Tag für ältere Patienten ausreichend sein dürfte [118, 131, 133, 276].


      4.4.5 Vermehrter Obst- und Gemüsekonsum (B)

      Die Empfehlung zum vermehrten Konsum von Obst und Gemüse wird unterstützt durch Daten aus einer kontrollierten Studie. Diese zeigt, dass ein Anstieg von 2 auf 7 Obstportionen täglich den Blutdruck bei hypertensiven Patienten signifikant um 7/3 mm Hg senken kann [121, 276]. Der Effekt von Obst und Gemüse auf den Blutdruck könnte eine Folge der zunehmenden Kaliumzufuhr sein, wobei der Erfolg einer Kalium-Substitution nicht eindeutig belegt werden konnte (siehe 4.4.7) [115, 136]. Hypertensive Patienten sollten klare Empfehlungen zu verstärktem Obst- und Gemüsekonsum erhalten [137].


      4.4.6 Verminderte Aufnahme an Gesamtfett und gesättigten Fetten (B)

      Wird der Verzehr von Obst und Gemüse kombiniert mit einem zunehmenden Konsum fettreduzierter Molkereiprodukte und der Reduktion von gesättigten Fettsäuren und Gesamtfett, kann der blutdrucksenkende Effekt größer ausfallen, im Durchschnitt 11/6 mm Hg bei hypertensiven Patienten und 4/2 mm Hg bei Patienten mit hochnormalen Blutdruckwerten [121, 276]. Auch die Zufuhr von Fischöl (n3-Fettsäuren) kann den Blutdruck senken [251, 252, 276].


      4.4.7 Weitere Ernährungsfaktoren (B)

      Dass die Veränderung weiterer Ernährungsfaktoren wie die Erhöhung der Kalium-, Magnesium- und Kalziumzufuhr den Blutdruck dauerhaft senkt, ist nicht eindeutig belegt [6, 9]. Zwar gibt es Hinweise, dass z.B. eine verminderte Kaliumzufuhr den Blutdruck erhöhen kann;  dies kann jedoch durch eine ausreichende Ernährung mit Obst und Gemüse gut kompensiert werden (siehe 4.4.5) [9, 111, 249, 276]. Bei einer Hypokaliämie im Rahmen einer diuretischen Therapie kann eine Substitution im Einzelfall sinnvoll sein [9].


      4.4.8 Psychophysiologisch orientierte Therapie (C)

      Immer wieder versuchen Patienten den erhöhten Blutdruck durch „Stress“ zu erklären (Kausalisierungsbedürfnis). Der Patient sollte deshalb gezielt auf häusliche und berufliche Stress- und Belastungssituationen angesprochen werden. Es gibt Hinweise, dass Verfahren wie Atementspannungsverfahren, autogenes Training und Stressbewältigungsprogramme eine blutdrucksenkende Wirkung gegenüber Vergleichsgruppen erzielen können [250]. Die Effektivität dieser Verfahren sollte der Arzneimitteltherapie vergleichbar kontrolliert werden [6].


      4.4.9 Senkung des kardiovaskulären Risikos

      Die oben genannten Maßnahmen können den Blutdruck senken, eine günstige Beeinflussung des gesamten kardiovaskulären Risikos wird angenommen, ist aber nicht bewiesen [1].
      Als Allgemeinmaßnahmen zur Reduktion kardiovaskulären Risikos sind zu empfehlen [
      1, 2, 6, 8, 9, 10, 12, 276]:


      4.4.9.1 Nikotinkarenz (B)

      Zigarettenrauchen steigert das kardiovaskuläre Risiko mehr als eine milde Hypertonie und Rauchen ist ein Faktor, der zu einem persistierenden Anstieg der koronaren Mortalität bei Männern mit behandelter Hypertonie führt [139]. Patienten mit Hypertonie, die rauchen, sollte eine Empfehlung gegeben und Hilfeleistung angeboten werden, mit dem Rauchen aufzuhören. Der Gebrauch von Nikotin-Ersatztherapien verdoppelt die Rate derer, die das Rauchen einstellen [140]. Hier kommen Nikotinpflaster oder Nikotinkaugummi in Frage [255, 256]. Nicht empfohlen werden können sie bei Patienten mit Myokardinfarkt in den vergangenen 4 Wochen, Patienten mit schweren Arrhythmien oder instabiler Angina pectoris. Die Dosis sollte an die entsprechenden Rauchgewohnheiten angepasst werden [256]. Bei einem täglichen Zigarettenkonsum von 15 Zigaretten pro Tag sollte mit 2 mg/d dosiert werden, bei höherem Konsum sollte die Dosis 4 mg/d in den ersten 4 Wochen betragen, dann 2 mg/d. Für den Nutzen einer länger als 6 Wochen dauernden Behandlung gibt es keinen Nachweis [256].


        4.4.9.2 Ersatz der gesättigten durch ungesättigte Fette, erhöhter Fischölkonsum (B)

        Ein weiterer Prädiktor der KHK ist der Serumcholesterinwert vor und unter einer antihypertensiven Therapie [139]. Alle Patienten sollten eine Empfehlung erhalten, die Aufnahme von Cholesterin und gesättigten Fettsäuren zu reduzieren und durch ein- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu ersetzen [14]. Diese diätetischen Maßnahmen senken den Cholesterinspiegel durchschnittlich um 6%, aber es ist wichtig, die Schwierigkeiten wahrzunehmen, eine solche Änderung der Verhaltensweise einzuführen und aufrechtzuerhalten [142, 143]. Für eine Nahrungsergänzung durch Fischöle (n3-Fettsäuren) konnten ebenfalls positive Effekte nachgewiesen werden [253, 254].
        Viele Patienten mit Hypertonie haben ein sehr hohes KHK-Risiko und benötigen zusätzlich zu ihren nicht-medikamentösen Maßnahmen eine Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS) und Statinen, um eine adäquate Koronarprävention zu erhalten (siehe Acetylsalicylsäure
        4.7.1 und Statine 4.7.3) [145, 276].


      4.4.10 Durchführung nicht-medikamentöser Maßnahmen

      Eine effektive Einführung dieser nicht-medikamentösen Maßnahmen erfordert Enthusiasmus, Wissen, Geduld und eine beträchtliche Menge an Zeit, die für Patienten und ihre Angehörigen aufgebracht werden muss. Die Einführung kann im Bereich der hausärztlichen Versorgung von dafür ausgebildeten Fachkräften, zum Beispiel Krankenschwestern oder Arzthelferinnen, durchgeführt werden und sollte durch einfache und klare schriftliche Informationen unterstützt werden (siehe Patientenleitlinie) [1].
      Im Bereich der Rehabilitation wird bei den nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen ein interdisziplinärer Therapieansatz verfolgt, der unter Mitarbeit von Psychologen, Pädagogen, Sporttherapeuten und Pflegekräften unter der Leitung eines erfahrenen Rehabilitationsmediziners darauf abzielt, unter Vermittlung von Kompetenz den Patienten zur Übernahme von Eigenverantwortung zu befähigen [
      1].


    4.5 Empfehlungen: Nicht-medikamentöse Maßnahmen

    1. Empfohlene Allgemeinmaßnahmen (Lifestyle Changes) zur Blutdrucksenkung:

    • Gewichtsreduktion (A)
    • Reduzierte Kochsalzzufuhr (A)
    • Reduzierte Gesamtfettaufnahme (B)
    • Eingeschränkter Alkoholkonsum (A)
    • Körperliches Training (A)
    • Vermehrter Obst- und Gemüsekonsum (B)
    • Entspannungsverfahren (C)

    Allein oder in Kombination können diese Maßnahmen den Bedarf an antihypertensiver
    Pharmakotherapie senken oder den Effekt einer antihypertensiven Pharmakotherapie verstärken (A).

    2. Zur Senkung des kardiovaskulären Risikos sollten Patienten:

    • eine Nikotinkarenz einhalten (B)
    • die Aufnahme der gesättigten Fette reduzieren und vermehrt ein- und mehrfach ungesättigte Fette und Fischöl konsumieren (B).


    4.6 Pharmakotherapie der Hypertonie

    Wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen unzureichend sind, um den Blutdruck auf vertretbare Werte zu senken, ist eine Pharmakotherapie indiziert. Eine Fortsetzung der nicht-medikamentösen Maßnahmen sollte jedoch immer erfolgen, da diese die antihypertensive Wirkung der Pharmaka unterstützen [1, 8, 114, 121, 122]
    In großen Studien (plazebo-kontrolliert und randomisiert) konnte belegt werden, dass eine antihypertensive Pharmakotherapie das Risiko tödlicher und nicht-tödlicher Schlaganfälle, kardialer Ereignisse und Todesfälle bei Männern und Frauen reduziert [
    81, 82]. Es konnte zudem gezeigt werden, dass die Lebensqualität nicht negativ beeinflusst wird, sondern durch eine antihypertensive Therapie verbessert werden kann [1, 83, 84].
    Für die Blutdrucksenkung stehen unterschiedliche Wirkstoffklassen zur Verfügung, deren Wirksamkeit im Hinblick auf die Senkung der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität in unterschiedlichem Maße belegt ist [
    1].
    Bezüglich der Effektivität der Blutdrucksenkung und der Sicherheit sind die Wirkstoffklassen ähnlich [
    80].
    Die meisten Daten im Hinblick auf Mortalität, Vermeidung von Herzinfarkten oder Schlaganfällen existieren derzeit für Thiaziddiuretika und ß-Blocker [
    85, 86, 87, 92, 258]. Weitere Wirkstoffgruppen (langwirksame Kalziumkanalantagonisten, ACE-Hemmer, Alpha-1-Rezeptorenblocker) müssen in die differentialtherapeutischen Überlegungen miteinbezogen werden, wenn bei der Behandlung Komorbiditäten, hypertoniebedingte Organschäden oder andere Indikationen bestehen, auf die günstige Wirkungen zu erwarten sind oder Unverträglichkeiten gegenüber anderen Medikamenten bestehen.

    Indikationen und Kontraindikationen der größeren Antihypertensivagruppen finden sich zusammengefasst in
    Tabelle 16H und bei den einzelnen Substanzen (Hintergrundinformationen 4.H) [10].

    Neben den kardiovaskulären Risiken sollten bei der Auswahl eines geeigneten Antihypertensivums immer auch individuelle Faktoren berücksichtigt werden, wie [
    1, 32, 209]

    • das Alter des Patienten
    • das Ansprechen auf die Therapie
    • das Befinden unter der Therapie („Lebensqualität“)
    • weitere Risikofaktoren
    • Begleiterkrankungen
    • die Compliance

    • 4.6.1 Therapieregime

      Ein einfaches Therapieregime lässt sich leichter einhalten. Daher sollten die Verordnungen so gewählt werden, dass eine Einmalgabe am Tag ausreichend ist. Grundsätzlich sollten die verordneten Medikamente nach den Angaben des Herstellers auftitriert werden, eine Ausnahme hiervon machen die Thiazide [102]. Eine eingeschränkte Kreatininclearance insbesondere bei älteren Patienten (siehe 5.1) ist zu berücksichtigen.
      Es empfiehlt sich, die Therapie mit einer einzigen Substanz zu beginnen. Wird das erste Medikament gut toleriert, ist aber die Wirkung noch ungenügend (ungefähr in der Hälfte aller Fälle zu erwarten), besteht die Möglichkeit, entweder das Medikament gegen ein anderes auszutauschen oder ein zweites Medikament in die Therapie aufzunehmen. Insbesondere bei Patienten mit einer milden Hypertonie ohne Komplikationen bietet sich primär die Substitution an (z.B. Ersatz des Betablockers durch ein Diuretikum).
      Fixe Arzneimittelpräparationen können eingesetzt werden in der Kombinationstherapie, wenn eine Monotherapie nicht ausreichend wirksam ist und wenn empfohlene Wirkstoffkombinationen in der adäquaten Dosierung enthalten sind [
      1]. Fixkombinationen können die Zahl der Tabletten vermindern, die Compliance verbessern und häufig die Kosten senken [6].
      Die schrittweise Einführung weiterer Substanzen ist sicherer bei Patienten mit schwereren Hypertonieformen oder bei Patienten mit Komplikationen, bis letztlich die gewünschte Blutdruckkontrolle erreicht ist. Um die volle Wirkung beurteilen zu können, sollte ein Intervall von 4-6 Wochen eingeräumt werden, es sei denn, eine häufigere Blutdruckkontrolle ist erforderlich.
      In großen Studien (HOT, ALLHAT, UKPDS s. Hintergrundinformationen
      4.H) waren weniger als ein Drittel der Patienten mit einer Monotherapie ausreichend eingestellt, meist Patienten mit milder und mittelschwerer Hypertonie [6, 79, 156, 310]. Mehr als ein Drittel der Patienten benötigte eine Kombinationtherapie aus drei oder mehr Medikamenten, um eine zufriedenstellende Blutdruckeinstellung zu erreichen [1, 79, 156].

      Werden die einzelnen Medikamentengruppen miteinander kombiniert, lassen sich additive Effekte nachweisen [156]. Dabei lassen sich durch die submaximale Dosierung zweier Substanzen oft eine bessere Blutdrucksenkung und geringere Nebenwirkungen erzielen als mit der Maximaldosis einer Einzelsubstanz.
      Eine rationale Kombinationstherapie kombiniert Medikamente mit unterschiedlichen Wirkmechanismen, die sich gegenseitig addieren (siehe
      Tabelle 8 und Tabelle 9).


      Tabelle 7: Monotherapie der arteriellen Hypertonie

      • Diuretikum (meist Thiazide)
      • ß-Blocker
      • ACE-Hemmer (z.B. Diabetiker 5.3)
      • Kalziumantagonist (vorzugsweise bei älteren Patienten, Unverträglichkeit gegen die vorgenannten)

      Siehe auch Hintergrundinformationen 4.H und Tabelle 15H.


      Tabelle 8: Zweierkombinationstherapie der arteriellen Hypertonie

      • Diuretikum plus
        • ß-Blocker oder
        • ACE-Hemmer oder
        • Kalziumantagonist
      • Kalziumantagonist plus
        • ß-Blocker* oder
        • ACE-Hemmer
      *nur mit Dihydropyridinderivat


      Tabelle 9: Dreierkombinationstherapie der arteriellen Hypertonie

      • Diuretikum plus
        • ACE-Hemmer plus
        • Kalziumantagonist
      • Diuretikum
        • plus Beta-Blocker
        • plus andere Substanz*
      • Diuretikum
        • plus Antisympathotonikum
        • plus andere Substanz*
      * unter „andere Substanz“ werden hier Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer, Alpha1-Rezeptorenblocker, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten und Dihydralazin zusammengefasst


      Tabelle 10: Nicht geeignete Wirkstoffkombinationen

      • Betarezeptorenblocker
        • plus Verapamil
        • oder Diltiazem
      • Kaliumsparendes Diuretikum
        • plus ACE-Hemmer

      Weitere Hinweise zur Differentialtherapie unter Tabelle 22 und in den Hintergrundinformationen 4.H.


      4.6.2 Empfehlungen: Therapieregime

      Weniger als 50% der Hypertoniker sind mit einer Monotherapie ausreichend eingestellt; mehr als 30% aller hypertensiven Patienten benötigen drei und mehr Medikamente (A).
      Die medikamentöse Blutdruckbehandlung sollte zunächst mit einer Monotherapie beginnen; bei einer Medikamentenunverträglichkeit oder einer milden Hypertonieform mit fehlendem Ansprechen auf die Medikation ist die Substanz zu wechseln (C).
      Eine Substanz sollte nicht bis zur Höchstdosis ausdosiert, sondern es sollte frühzeitig ein zweites Medikament hinzugefügt werden (C).
      Falls möglich, sollten die Verordnungen so gewählt werden, dass eine Einmalgabe am Tag ausreichend ist (C).


      4.6.3 Medikamentöse Therapie


      4.6.3.1 Diuretika

      Für Diuretika ist insbesondere in niedriger Dosierung bei leichter bis mittelschwerer Hypertonie die Reduktion von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität (Schlaganfall, Koronarereignisse) sowie der Gesamtmortalität in etlichen Studien belegt [196, 264, 265, 266, 267, 310].
      Bei älteren Patienten mit unkomplizierter Hypertonie, die mit einer Monotherapie gut eingestellt waren, waren Diuretika den ß-Blockern deutlich überlegen im Hinblick auf alle Endpunkte. Sie waren effektiver in der Prävention zerebrovaskulärer Ereignisse, tödlicher Schlaganfälle, KHK, koronarer Mortalität und Gesamtmortalität [
      94]. Diuretika sind daher Antihypertensiva der 1. Wahl [1, 10, 309, 310].

      Bei der Therapie mit Diuretika stehen Thiazide und Analoga im Vordergrund [1, 10].
      Studien, in denen Thiazid-Diuretika mit Plazebo oder keiner Therapie verglichen wurden, zeigen, dass in hoher und niedriger Dosierung die Rate von Schlaganfällen und Todesfällen reduziert werden kann [
      85, 258]. In niedriger Dosierung haben Thiazide einen günstigen Einfluss auf die Reduktion der koronaren Herzkrankheit [88]. Diese Effekte lassen sich in mehreren Studien mit unterschiedlichen Thiaziden nachweisen, so dass von einem Klasseneffekt ausgegangen werden kann [41, 88, 89].
      In der sogenannten ALLHAT-Studie erwiesen sich Diuretika im Hinblick auf die Verhinderung von kardiovaskulären Ereignissen als genauso effektiv wie ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten [
      309, 310].

      Die Aktivierung des adrenergen und des Renin-Angiotensin-Systems machen Diuretika zu idealen Kombinationspartnern von Betarezeptorenblockern und ACE-Hemmern, da mit deren Hilfe die unerwünschten Wirkungen der Diuretika unterdrückt oder vermindert werden [10].
      Auch zu fast allen anderen Antihypertensiva eignen sie sich als Kombinationspartner [
      209]. Zu vermeiden ist eine übermäßige Entwässerung mit der Gefahr von Thrombosen und Elektrolytstörungen mit konsekutiven Arrhythmien [209].
      Ist die Nierenfunktion deutlich eingeschränkt (Serum-Kreatinin über 2 mg/dl) müssen Schleifendiuretika eingesetzt werden. Bei Kombination von Thiaziden mit kaliumsparenden Diuretika sind bei älteren Menschen mit reduzierter Nierenfunktion oder bei gleichzeitiger Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika Hyperkaliämien beobachtet worden (siehe
      5.1) [10].
      Bei Serum-Kreatinin-Konzentrationen von mehr als 1,8 mg/dl sind kaliumsparende Diuretika kontraindiziert. Bei den in der Hochdrucktherapie zu bevorzugenden niedrigen Dosierungen (Hydrochlorothiazid 12,5–25 mg/d oder analoge Dosierungen) ist mit den bekannten unerwünschten Wirkungen der Diuretika seltener zu rechnen [
      10].


      Tabelle 11: Thiazid-Diuretika und Analoga

      Wirkstoff

      Handels-
      name(n)

      Tages-
      dosis (mg)

      Gabe (Tag)

      Eliminations-
      HWZ (h)

       

      Chlortalidon
       

       

      z.B. Hygroton®

      12,5-50

      1

      ca. 50

       

      Clopamid
       

       

      z.B. Brinaldix®

      10-20

      1

      ca. 20

       

      Hydro-
      chlorothiazid
       

      z.B. Esidrix®

      12,5-25

      1

      ca. 10

       

      Indapamid
       

      z.B. Natrilix®

      1,25-2,5

      1

      ca. 15

       

      Metolazon
       

      z.B. Zaroxolyn®

      5-20

      1

      -

       

      Xipamid
       

      z.B. Aquaphor®

      10-40

      1

      ca. 7

       

       

       

       

       

       

       

      Butizid*
       

      z.B. Modenol® *

      2,5-5

      1

      -

       

      Mefrusid*
       

      z.B. Bendigon® *

      12,5-50

      1-2

      -

       

      Trichlormethiazid+
       

      z.B.
      Esmalorid® +

      2-4

      1-2

      -

       

      * Kombination mit Reserpin / + Kombination mit Amilorid


      Tabelle 12: Schleifendiuretika

      Wirkstoff

       

      Handels-
      name(n)

       

      Tagesdosi s (mg)

       

      Gabe (Tag)

       

      Eliminations- HWZ (h)

       

       

      Azosemid
       

      z.B. Luret®

      80

      1

      2-3

       

      Bumetanid
       

      z.B. Burinex®

      0,5-2

      1

      1-1,5

       

      Furosemid
       

      z.B. Lasix®

      20-40

      1

      0,5-2

       

      Piretanid
       

      z.B. Arelix®

      1,5-6

      1

      1-1,5

       

      Torasemid
       

      z.B. Unat®

      2,5-5

      1

      3-6

       

      Häufige Nebenwirkungen sind Hypokaliämie, Hypotonie, Hyperurikämie und in selteneren Fällen auch eine Glukosetoleranzstörung [12].


      4.6.3.2 Empfehlungen: Diuretika

      Niedrig-dosierte Thiazide stellen (neben ß-Blockern) bei Patienten mit arterieller Hypertonie ohne relevante Begleiterkrankungen die Medikamente der ersten Wahl dar, solange keine Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen vorliegen (A).
      Bei älteren Hypertonikern sind niedrig-dosierte Thiazid-Diuretika ebenfalls Mittel der ersten Wahl (A).


      4.6.3.3 ß-Blocker

      Verschiedene randomisierte Studien haben ß-Blocker mit Plazebo verglichen [85, 91, 92, 93].
      Diese Daten sind schwierig zu interpretieren, da ca. 70% der Patienten ebenfalls Diuretika erhalten haben oder das Therapieregime wechselten. Eine weitere Ursache der schwierigen Datenlage könnte in der großen Gruppe von ß-Blockern mit unterschiedlicher Kardioselektivität und intrinsischer sympathomimetischer Aktivität liegen, so dass die Beurteilung der Wirksamkeit sehr schwer fällt [
      1]. Bisher zeigten diese pharmakologischen Eigenschaften keinen Einfluss auf das Ergebnis von Endpunktstudien, die antihypertensive Wirkung scheint vergleichbar zu sein [10, 209].
      In der Hochdrucktherapie sollten jedoch, insbesondere auch bei Diabetes mellitus, beta1-selektive Rezeptorenblocker bevorzugt werden, da dosisabhängig ein vermindertes Auftreten beta2-abhängiger Nebenwirkungen zu erwarten ist [
      10]. Eine intrinsische Aktivität ist für die antihypertensive Wirkung der Betarezeptorenblocker ohne wesentliche Bedeutung. Betarezeptorenblocker sollten nur ausschleichend abgesetzt werden [10].

      Bei Patienten mittleren Alters ist für Betarezeptorenblocker bei leichter bis mittelschwerer Hypertonie die Reduktion von kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität (Schlaganfall, Koronarereignisse) sowie der Gesamtmortalität in mehreren Studien belegt [10, 85, 91, 264, 265, 266, 273, 274, 275].
      Betarezeptorenblocker sind daher in dieser Altersgruppe (neben Diuretika) Mittel der 1. Wahl.

      Obwohl der Nutzen von Betablockern bei Patienten mit Myokardinfarkt außer Frage steht, so gibt es doch berechtigte Bedenken bei dem Einsatz dieser Substanz als initiale Behandlungsstrategie oder Monotherapie bei älteren Patienten [92, 209]. In einer systematischen Übersicht von Studien bei Hypertonikern ab dem 60. Lebensjahr wurde aufgezeigt, dass gerade diese älteren Menschen eine höhere Sterblichkeit aufweisen als unter einer Diuretikatherapie [92, 209].


      Tabelle 13: Betablocker

      Wirkstoff

      Handels-
      name(n)

      Tages- dosis
      (mg)

      Gab e (Tag)

      Elimi-
      nations-
      HWZ (h)

      Eliminations -
      weg

      Selek- tivität

       

      Atenolol
       

      z.B. Tenormin®

      50-100

      1

      6-9

      renal
      (Kreatinin-
      Clearance < 35 ml/min)*

      Beta 1

       

      Betaxolol
       

      z.B. Kerlone®

      10-20

      1

      14-22

      > hepatisch

      Beta 1

       

      Bisoprolol
       

      z.B. Concor®

      2,5-10

      1

      10

      hepatisch / renal

      Beta 1

       

      Carvedilol
       

      z.B. Dilatrend®, Querto®

      12,5-25

      1

      4-5

      > hepatisch

      Beta 1 & vasodila-
      tatorisch

       

      Celiprolol
       

      z.B. Selectol®

      200-
      400

      1

      5-7

      renal
      (Kreatinin-Cle arance < 10 ml/min)*

      Beta 1 &
      Beta2-
      Agonist

       

      Metoprolol
       

      z.B. Beloc®

      50-200

      1-2

      3-4

      > hepatisch

      Beta 1

       

      Nebivolol
       

      z.B. Nebilet®

      5

      1

      ca. 24

      hepatisch / renal

      Beta 1

       

      * Dosisanpassung erforderlich


      Kontraindikationen für Betablocker

      Absolute Kontraindikationen [12]:

        • COLD oder Asthma bronchiale
        • AV- Block II° oder III°
        • Frühere Betablockerunverträglichkeit

      Relative Kontraindikationen [12]:

        • Herzfrequenz unter 50- 60/min
        • Systolicher RR unter 100 mm Hg
        • Typ I-Diabetes (relative Kontraindikation, besonders bei Hypoglykämieepisoden)
        • Sick-Sinus-Syndrome


      4.6.3.4 Empfehlungen: ß-Blocker

      ß-Blocker stellen bei Patienten mittleren Alters mit arterieller Hypertonie ohne relevante Begleiterkrankungen (neben Diuretika) die Mittel der ersten Wahl dar, solange keine Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen vorliegen (A). Patienten mit koronarer Herzkrankheit profitieren von ß-Blockern (A).


      4.6.3.5 ACE-Hemmer (Prilate)

      Große randomisierte Outcome-Studien, die ACE-Hemmer als Primärtherapie mit Plazebo verglichen haben, sind nicht zu finden. Die sogenannte HOPE-Studie belegt, dass ACE-Hemmer bei Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, diese um 22% und Todesfälle um 16% senken konnten (Hintergrundinformationen 4.H und HOPE-Studie) [90, 95, 302].
      Positive Effekte lassen sich bei Patienten mit arteriosklerotischen Erkrankungen nachweisen. Deshalb sollten Patienten mit einer KHK eine ACE-Hemmer-Therapie erhalten. Ob es sich bei dem kardiovaskulären Nutzen um einen Klasseneffekt handelt, lässt sich anhand der vorliegenden Daten noch nicht eindeutig belegen [
      1]. Beweise für klinisch relevante Unterschiede in der Wirksamkeit von ACE-Hemmern fehlen bisher, sie scheinen sich nur in pharmakokinetischer Hinsicht zu unterscheiden [10].
      Eine Studie verglich das Standardregime bei Hypertoniepatienten (ß-Blocker und Diuretikum) mit Captopril und fand ein erniedrigtes kardiovaskuläres Risiko bei den mit Captopril behandelten Patienten, jedoch eine höhere Rate von Schlaganfällen [
      104]. Die Infarktrate war in beiden Gruppen annähernd gleich [104].


      Tabelle 14: ACE-Hemmer

      Wirkstoff

      Handels-
      name(n)

      Tages-
      dosis (mg)

      Gabe (Tag)

      Elimi-
      nations-
      HWZ (h)

      Elimi-
      nations-
      weg

      Wirk-
      dauer
      bei 1x
      Gabe (h)

       

      Benazepril
       

      z.B. Cibacen ®

      10-20 (max. 40)

      1

      18

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      Captopril
       

      z.B. Acenorm ®

      12,5-25 (max. 50)

      2

      1-2

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 12

       

      Cilazapril
       

      z.B. Dynorm®

      1,25-2,5 (max. 5)

      1

      40

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 60 ml/min)*

      bis 18

       

      Enalapril
       

      z.B. Pres®, Xanef®

      5-10 (max. 40)

      1

      35

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 80 ml/min)*

      bis 18

       

      Fosinopril
       

      z.B. Dynacil®

      5-20

      1

      12

      renal/hepa tisch

      bis 24

       

      Imidapril
       

      z.B. Tanatril®

      2,5-10

      1

      24

      renal/
      hepatisch

      (Kreatinin- Clearance < 80 ml/min)*

      bis 24

       

      Lisinopril
       

      z.B. Coric®, Acerbon ®

      5-20

      1

      30

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      Moexipril
       

      z.B. Fempres s®

      7,5-15 (max. 30)

      1-2

      14

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      Perindopril
      http://www.eprax.com/uniwitten/suche.asp?what=WSCODE&begriff=146022 

      z.B. Coversu m®

      4-8

      1

      30

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      Quinapril
       

      z.B. Accupro ®

      10-20

      1-2

      26

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 60 ml/min)*

      bis 24

       

      Ramipril
      http://www.eprax.com/uniwitten/suche.asp?what=WSCODE&begriff=146024 

      z.B. Delix®, Vesdil®

      2,5-5 (max. 10)

      1

      15

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 48

       

      Spirapril
       

      z.B. Quadro-
      pril®

      3-6

      1

      1

      renal/hepa tisch

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      Trandolapril
      http://www.eprax.com/uniwitten/suche.asp?what=WSCODE&begriff=146028 

      z.B. Udrik®, Gopten®

      1-2 (max. 4)

      1

      20

      >renal

      (Kreatinin- Clearance < 30 ml/min)*

      bis 24

       

      * Dosisanpassung erforderlich

       

      Hinweise für die Anwendung von ACE-Hemmern [12]:

      • Kaliumsparende Diuretika sollten abgesetzt und vorzugsweise durch Schleifendiuretika, gegebenenfalls durch Thiazide ersetzt werden.
      • Nicht steroidale Antiphlogistika sollten wegen der Gefahr einer Nierenfunktionsstörung nach Möglichkeit abgesetzt werden.
      • Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, bereits verordneter Furosemiddosis über 80 mg pro Tag oder Verdacht auf Nierenarterienstenose gilt besondere Vorsicht und sollte gegebenenfalls ein Spezialist konsultiert werden.
      • Vor Therapiebeginn sollten die Patienten vor allem auf orthostatische Symptome und Husten als mögliche Nebenwirkungen hingewiesen werden.
      • Nach dem Ausschluss von Kontraindikationen sollte mit einer niedrigen Einstiegsdosis (z.B. Enalapril 2,5 mg) begonnen und diese Dosis langsam über die darauf folgenden Tage und Wochen gesteigert werden. Normalerweise ist es nicht notwendig, die Diuretikagabe in dieser Zeit zu reduzieren oder zu stoppen.
      • Nach einer Woche sollte eine erste Elektrolytkontrolle erfolgen.
      • Gute Verträglichkeit vorausgesetzt, sollten die Dosierungen im Verlauf eines Monats solange erhöht werden, bis die Zieldosis erreicht wird. Die positiven klinischen Effekte der ACE-Hemmer sind am ehesten mit der von Medikament zu Medikament unterschiedlichen Zieldosis zu erreichen (siehe Tabelle 16).
      • Bei zerebraler oder renaler Hypoperfusion ist zu prüfen, ob unter Umständen ein anderes, ebenfalls hypotensiv wirkendes Medikament reduziert oder abgesetzt werden kann (z.B. Kalziumantagonisten, Alpha-Adreno-Rezeptor-Antagonisten).


      Kontraindikationen für ACE-Hemmer

      Absolute Kontraindikationen [12]:

      • Bekannte ACE-Hemmer-Unverträglichkeit
      • Angio-Ödeme (unabhängig davon, ob diese unter einer ACE-Hemmer-Therapie auftraten oder nicht)
      • Schwangerschaft
      • Beidseitige Nierenarterienstenose
        Relative Kontraindikationen [
        12]:
      • Niereninsuffizienz (Kreatinin > 2 mg/dl)
      • Einseitige Nierenarterienstenose
      • Schwerer Volumenmangel
      • Hyperkaliämie oder Behandlung mit kaliumsparenden Diuretika
      • Stillzeit
      • Schwere Leberfunktionsstörung oder neu auftretender Ikterus/ansteigende Leberwerte unter der Therapie
      • Neutropenie, Autoimmunkrankheiten oder immunsuppressive Therapie
      • Chirurgische Eingriffe/Anästhesie
      • Lipidapherese mit Dextran-Sulfat-Membranen


      4.6.3.6 Empfehlungen: ACE-Hemmer

      Sofern keine Kontraindikationen vorliegen, sollten hypertone Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung, einer Herzinsuffizienz oder einem Diabetes mellitus mit ACE-Hemmern therapiert werden (A).
      ACE-Hemmer können innerhalb einer Kombinationstherapie, bei Patienten mit Kontraindikationen für Thiaziddiuretika und Betablocker eingesetzt werden (C).


      4.6.3.7 Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten (AT1-Rezeptor-Blocker, Sartane)

      Es gab bisher relativ wenig Informationen über die klinischen Effekte einer antihypertensiven Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten [10, 134].
      In der sogenannten LIFE-Studie (Hintergrundinformationen
      4.H) konnte erstmalig ein positiver Effekt auf die kardiovaskuläre Mortalität an über 9000 Patienten nachgewiesen werden [290, 291, 293]. Ob es sich dabei um einen Substanzklasseneffekt handelt, werden erst die Ergebnisse weiterer Studien zeigen [292].
      Leider existieren bisher keine randomisiert-kontrollierten Langzeitstudien zur Beeinflussung der kardiovaskulären Morbidität und Letalität, die ACE-Hemmer mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten vergleichen.
      In den bisher veröffentlichten nationalen und internationalen Leitlinien wird eine Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeiten in Erwägung gezogen, sofern weiterhin eine Indikation für eine ACE-Hemmer-Therapie besteht [
      10, 134].

      Die Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten sollte den gleichen Prinzipien folgen wie die ACE-Hemmer Therapie. Das Monitoring kann ebenfalls analog dem der ACE-Hemmer erfolgen [259]. Pharmakologisch wird die Wirkung von Angiotensin II am Typ 1 Rezeptor blockiert, im Gegensatz zur Hemmung der Produktion von Angiotensin II (Wirkmechanismus der ACE-Hemmer).


      Tabelle 15: Angiotensin-II-Antagonisten

      Wirkstoff

      Handels-
      name(n)

      Tages
      dosis (mg)

      Gabe
      (Tag)

      Elimi-
      nations-
      HWZ (h)

      Eliminations--
      weg

       

      Candesartan
       

      z.B.
      Blopress®, Atacand®

      8
      (max. 16)

      1

      9

      renal/
      hepatisch

       

      Eprosartan
       

      z.B.
      Teveten®

      600
      (max. 800)

      1

      5-9

      renal/
      hepatisch

       

      Irbesartan
       

      z.B.
      Karvea®, Aprovel®

      150-300

      1

      11-15

      renal/
      hepatisch

       

      Losartan
       

      z.B.
      Lorzaar®

      50-100

      1

      6-9

      renal/
      hepatisch

       

      Telmisartan
       

      z.B.
      Micardis®

      40-80

      1

      >20

      hepatisch

       

      Valsartan
       

      z.B.
      Diovan®

      80-160

      1

      9

      renal/
      hepatisch

       

      Olmesartan
       

      z.B.
      Olmetec®, Votum®

      10-20
      (max. 40)

      1

       

      renal/
      hepatisch

       


      Kontraindikationen für Angiotensin-II-Antagonisten

      Absolute Kontraindikationen [12]:

      • Bekannte Überempfindlichkeit
      • Schwangerschaft

      Relative Kontraindikationen [12]:

      • Niereninsuffizienz (Kreatinin > 2 mg/dl)
      • Nierenarterienstenose
      • Schwerer Volumenmangel
      • Diuretikamedikation und Dialyse
      • Stillzeit
      • Acetylsalicylsäure (ASS)- oder Penicillinallergie
      • Schwere Leberfunktionsstörung


      4.6.3.8 Empfehlungen: Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten

      Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten senken die Mortalität von hypertonen Patienten (A).
      Eine Therapie mit Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten wird bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeiten empfohlen, sofern weiterhin eine Indikation für eine ACE-Hemmer-Therapie besteht (C).
      Sie eignen sich für den Einsatz innerhalb einer Kombinationstherapie (C).


      4.6.3.9 Kalziumantagonisten

      Eine große randomisierte Studie bei älteren Patienten über 60 Jahren mit isolierter systolischer Hypertonie verglich einen langwirksamen Kalziumantagonisten mit Plazebo. Hier konnte die Rate kardiovaskulärer Ereignisse in der Gruppe mit Kalziumantagonisten signifikant gesenkt werden [96].
      Eine Studie, die Diltiazem mit Diuretika und ß-Blockern verglich, konnte in der Reduktion kombinierter primärer Endpunkte wie Schlaganfall, Myokardinfarkt und kardiovaskulären Todesfällen keine Unterschiede nachweisen [
      97].
      Die sogenannte INVEST-Studie vergleicht Verapamil mit einem ACE-Hemmer; diese Studie ist jedoch noch nicht abgeschlossen [
      312, 313].
      Kalziumkanalantagonisten stellen eine heterogene Gruppe von Präparaten dar, bei denen unterschiedliche Wirkmechanismen postuliert werden [
      1].
      Sie wurden in letzter Zeit für eine Reihe von unerwünschten Wirkungen verantwortlich gemacht [
      10]. Kurzwirksame Kalziumantagonisten, insbesondere nichtretardiertes Nifedipin, stehen im Verdacht, für ein erhöhtes Risiko kardiovaskulärer Ereignisse verantwortlich zu sein [10]. Sie scheinen aber nicht nur wegen der möglichen Erhöhung der kardiovaskulären Letalität, sondern auch hinsichtlich
      der prinzipiellen Vorteile langwirkender Antihypertensiva nicht zur Langzeittherapie der Hypertonie geeignet. Allerdings zeigten bei Typ II-Diabetikern auch langwirkende Kalziumantagonisten eine im Vergleich zu ACE-Hemmern deutlich erhöhte Häufigkeit akuter Myokardinfarkte  [
      261, 262]. Darüber hinaus wird für Kalziumantagonisten ein erhöhtes Blutungs-, Karzinom- und Suizidrisiko diskutiert [10, 263]. Langwirksame Dihydropyridin-Kalziumantagonisten sind eine geeignete Alternative bei älteren Patienten mit isolierter systolischer Hypertonie und Gegenanzeigen für Thiazide [1].
      Kalziumantagonisten können nicht zur Primärtherapie der Hypertonie bei Diabetikern empfohlen werden [
      262, 307].
       


      Tabelle 16: Kalziumantagonisten vom Verapamil- / Diltiazemtyp

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe
       (Tag)

       

      Diltiazem ret.
       

      z.B. Corazet®

      120-360

      2

       

      Gallopamil ret.
       

      z.B. Procorum®

      100-200

      1-2

       

      Verapamil ret.
       

      z.B. Isoptin®

      120-480

      3

       


      Tabelle 17: Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe
      (Tag)

       

      Amlodipin
       

      z.B. Norvasc®

      5-10

      1

       

      Felodipin
       

      z.B. Munobal®, Modip®

      5

      1

       

      Isradipin
       

      z.B. Vascal®

      5

      2

       

      Lacidipin
       

      z.B. Motens®

      2-4

      1

       

      Lercanidipin
       

      z.B. Corifeo®, Carmen®

      10

      1

       

      Nicardipin
       

      z.B. Antagoril®

      60

      3

       

      Nifedipin ret.
       

      z.B. Adalat®

      40

      2

       

      Nilvadipin
       

      z.B. Nivadil®

      8-16

      1

       

      Nisoldipin
      http://www.eprax.com/uniwitten/suche.asp?what=WSCODE&begriff=162016 

      z.B. Baymycard®

      10-20

      2

       

      Nitrendipin
       

      z.B. Bayotensin®

      20

      2

       

      Cimetidin, Ranitidin und Pampelmusensaft (Grapefruit-Saft) erhöhen die Wirkung von Dihydropyridinen.


      4.6.3.10 Empfehlungen: Kalziumantagonisten

      Langwirksame Dihydropyridin-Kalziumantagonisten sind eine geeignete Alternative bei älteren Patienten mit isolierter systolischer Hypertonie und mit Gegenanzeigen für Thiazid-Diuretika (A).
      Kalziumantagonisten eignen sich für den Einsatz innerhalb einer Kombinationstherapie (C).


      4.6.3.11 Alpha-Rezeptorenblocker

      Studien, in denen Alpha-Rezeptorenblocker als Primärtherapie gegen Plazebo oder keine Therapie getestet wurden, liegen bisher nicht vor. In der sogenannten ALLHAT-Studie wurde Doxazosin gegen das Diuretikum Chlorthalidon getestet mit den primären Endpunkten kardiovaskuläre Todesfälle, nicht-tödlicher Myokardinfarkt und den sekundären Endpunkten Gesamtmortalität, Schlaganfall und kombinierte KHK. Hier zeigte sich eine deutlich höhere Ereignisrate in der Doxazosin-Gruppe in Bezug auf Schlaganfall und kombinierte KHK. Insbesondere eine Herzinsuffizienz wurde doppelt so oft berichtet [98, 301].

      Daraus lässt sich folgern, dass Chlorthalidon vergleichbar mit Doxazosin das Risiko des Koronartodes und nicht-tödlichen Myokardinfarktes senkt. Doxazosin ist jedoch in Hinblick auf die Reduktion von kombinierten koronaren Ereignissen, insbesondere der Herzinsuffizienz, bei hochgefährdeten Hypertonikern signifikant unterlegen [98]. Die unerwünschten Wirkungen sind hauptsächlich durch die Blutdrucksenkung zu erklären. Bevorzugt werden sollten die länger wirkenden Substanzen mit einem langsamen Wirkungseintritt, wodurch auch das Auftreten der initialen orthostatischen Hypotonie reduziert werden kann [10]. Das kurzwirksame Prazosin kann aus diesem Grunde heute nicht mehr empfohlen werden [10].

      Auch bei Patienten mit einer Prostatahypertrophie können Alpha-Blocker nicht mehr als Mittel der Wahl angesehen werden [98]. Die Dosierung dieser Arzneimittel entspricht nicht einer zur Hypertoniebehandlung notwendigen Dosierung, so dass auf jeden Fall ein first-line Antihypertensivum bei dem jeweiligen Patienten in Abhängigkeit von anderen Komorbiditäten eingesetzt werden muss. Patienten, die im Rahmen einer Prostatahypertrophie urologischerseits mit einem ebenfalls zur Hypertoniebehandlung zugelassenen Alpha-Blocker behandelt werden und weiter erhöhte Blutdruckwerte aufweisen, benötigen dann zumindest eine Zweifach-Kombination.
      Zu beachten ist, dass viele Patienten, die aufgrund einer Prostatahypertrophie Alpha-Blocker erhalten, mit Substanzen therapiert werden, die nicht für die Hypertoniebehandlung zugelassen sind, z.B. Tamsulosin (z.B. Alna®, Omnic®) oder Alfuzosin (z.B. Urion®, UroXatral®).


      Tabelle 18: Alpha-Rezeptorenblocker

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis
      (mg)

      Gabe
      (Tag)

       

      Bunazosin
       

      z.B. Andante®

      6 (max. 12)

      1

       

      Doxazosin
       

      z.B. Cardular®

      8

      1

       

      Terazosin
       

      z.B. Heitrin®

      2-5 (max. 20)

      1-2

       

      Urapidil
       

      z.B. Ebrantil®

      30-180

      2

       


      4.6.3.12 Empfehlungen: Alpha-Rezeptorenblocker

      Alpha-Rezeptorenblocker können bei der heutigen Datenlage nicht für die Primärtherapie der Hypertonie empfohlen werden (A).
      Sie eignen sich für den Einsatz innerhalb einer Kombinationstherapie (C).


      4.6.3.13 Antisympathotonika (zentral wirkende Sympatholytika)

      Für einige Antisympathotonika ist die Reduktion von kardiovaskulärer Morbidität (Reserpin, Alpha-Methyldopa) und Letalität (Alpha-Methyldopa, Clonidin) bei Hypertonie belegt, wobei zusätzlich auch ß-Blocker und Diuretika gegeben wurden [10, 260]. Zentralnervöse (Sedierung, Depression) und vegetative (Mundtrockenheit, Diarrhö, Obstipation) Nebenwirkungen lassen diese Antihypertensiva nicht für die initiale Monotherapie, sondern eher für die Kombinationstherapie geeignet erscheinen [9, 10, 87].

      Plötzliches Absetzen von Clonidin oder Alpha-Methyldopa kann zu einem sprunghaften Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz führen. Reserpin hat trotz seiner historischen Rolle in der Hochdrucktherapie und der immer noch starken Verbreitung erheblich an Bedeutung verloren [10, 32]. Es sollte heute allenfalls bei bereits über längere Zeit darunter normoton eingestellten Patienten in Kombination mit Diuretika verwendet werden [10]. Der Einsatz von Moxonidin kann bei Patienten mit Herzinsuffizienz nicht empfohlen werden (Hintergrundinformationen 4.H) [6].


      Tabelle 19: Antisympathotonika

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

       

      Tagesdosis
      (mg)

      Gabe (Tag)

       

      Methyldopa
       

      z.B. Presinol®

      500-750 (Schwangerschaft: 250-2500)

      2-3

       

      Reserpin
       

      z.B. Briserin N®

      0,05-0,25

      (nur als Kombination im Handel)

      1

       


      Tabelle 20: Alpha2-Agonisten

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe (Tag)

       

      Clonidin
       

      z.B. Catapresan®

      0,075-0,3

      1-3

       

      Moxonidin
       

      z.B. Physiotens®,
      Cynt®

      0,2-0,4 (max. 0,6)
      (Kreatinin-
      Clearance < 60 ml/min)*

      1-2

       

      *Dosisanpassung erforderlich


      Kontraindikationen der Alpha2-Agonisten

      • Sick-sinus-Syndrom
      • Bradykardie
      • Depressionen
      • Leberinsuffizienz
      • Schwangerschaft
      • AV-Block II° oder III°


      4.6.3.14 Empfehlungen: Antisympathotonika

      Antisympathotonika sollten wegen ihrer unerwünschten Wirkungen nicht zur Primärtherapie der Hypertonie eingesetzt werden (A).
      Antisympathotonika eignen sich für den Einsatz innerhalb einer Kombinationstherapie (C).
      Plötzliches Absetzen von Clonidin oder Alpha-Methyldopa kann zu einem sprunghaften Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz („Rebound-Effekt“) führen (A).


      4.6.3.15 Vasodilatatoren

      Für die antihypertensive Therapie mit Vasodilatatoren liegen bis auf eine Studie mit Hydralazin in Kombination mit Betarezeptorenblockern und Diuretika bislang keine randomisierten kontrollierten Langzeitstudien zur Beeinflussung der kardiovaskulären Morbidität und Letalität vor [10]. Aufgrund des erheblichen Nebenwirkungspotentials und verfügbarer Alternativen sollten Dihydralazin und Minoxidil der Behandlung von sonst therapierefraktären Patienten vorbehalten bleiben. In diesen Fällen muss mit einer bradykardisierenden Substanz, also zumeist einem Betarezeptorenblocker, und wegen der Wasserretention (Gewichtskontrolle!) mit einem Diuretikum kombiniert werden [10].
      Die Behandlung mit Minoxidil sollte erfahrenen Spezialisten vorbehalten bleiben.


      Tabelle 21: Vasodilatatoren

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe
      (Tag)

       

      Dihydralazin
       

      z.B. Nepresol®

      25-75 (max. 100)

      2

       

      Minoxidil
       

      z.B. Lonolox®

      5-40

      1

       


      4.6.3.16 Empfehlungen: Vasodilatatoren

      Vasodilatatoren sollten wegen ihrer unerwünschten Wirkungen und unzureichender Datenlage als Medikamente der Reserve betrachtet werden (C).
      Die Behandlung insbesondere mit Minoxidil sollte erfahrenen Spezialisten vorbehalten bleiben (C).


      4.6.3.17 Differentialtherapie


      Tabelle 22: Differentialtherapie der arteriellen Hypertonie

      Indikation

      Therapie

      Hypertoniker im mittleren Lebensalter ohne Begleiterkrankungen

      ß-Blocker

      Hypertoniker im höheren Lebensalter ohne Begleiterkrankungen

      Thiazid-Diuretika

       

       

      A: Gesicherte zusätzliche Wirkungen/Indikationen

       

      Diabetes mellitus mit Proteinurie

      ACE-Hemmer

      Herzinsuffizienz

      ACE-Hemmer, Diuretika

      isolierte systolische Hypertonie

      Diuretika (bevorzugt), Kalziumantagonisten  (langwirksame)

      Myokardinfarkt

      ß-Blocker (ohne ISA), ACE-Hemmer (bei systolischer Dysfunktion)

       

      B: Günstige Wirkungen möglich:

       

      Angina pectoris

      ß-Blocker, Kalziumantagonisten (CAVE: Dihydropyridine bei instabiler Angina  pectoris kontraindiziert)

      Vorhoftachykardie, -flimmern

      ß-Blocker, Clonidin, Kalziumantagonisten (nicht Dihydropyridine)

      Diabetes mellitus

      ACE-Hemmer, ß-Blocker (niedrig-dosiert), alpha-Rezeptorenblocker

      Migräne

      ß-Blocker (ohne ISA)

      Niereninsuffizienz

      (CAVE: renosvaskuläre Hypertonie und Serumkreatinin  >=3mg/dl)

      ACE-Hemmer

       

      C: Nachteilige Wirkungen möglich:

       

      obstruktive Ventilationsstörungen

      ß-Blocker

      Diabetes mellitus

      (nichtselektive) ß-Blocker, hochdosierte Diuretika,  Kalziumantagonisten

      Gicht

      Diuretika

      Herzinsuffizienz

      Kalziumantagonisten

      AV-Überleitungsstörungen

      ß-Blocker, Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp)

      pAVK

      (nichtselektive) ß-Blocker

      Niereninsuffizienz

      kaliumsparende Mittel, Thiazide (nicht bei Serumkreatinin >2 mg/dl)

      Nierenarterienstenose

      ACE-Hemmer, Angiotensin-2-Antagonisten

      Modifiziert nach JNC VI [9].


    4.7 Pharmakotherapie kardiovaskulärer Risiken


      4.7.1 Acetylsalicylsäure

      In der sogenannten HOT-Studie konnte mit einer einmaligen Gabe von 75 mg Acetylsalicylsäure (ASS) täglich bei behandelten Hypertonikern über 50 Jahren die Rate kardiovaskulärer Ereignisse um 15% und die Rate der Myokardinfarkte um 36% gesenkt werden; die Gabe von ASS hatte jedoch keinen Einfluss auf die Rate tödlicher Ereignisse [79]. Eine andere Studie kam zu einem vergleichbaren Ergebnis [163].
      In beiden Studien waren die Raten der klinisch-signifikanten Blutungsepisoden, die durch ASS verursacht wurden, ähnlich hoch wie die Anzahl der durch ASS verhinderten kardiovaskulären Ereignisse, womit der Grad zwischen Nutzen und potentiellem Schaden sehr gering ist [
      79, 163, 164].
      In beiden Studien wurden Patienten mit schwerer Hypertonie ausgeschlossen, und in einer Studie zeigten Patienten, die zerebrale Hämorrhagien entwickelten, signifikant höhere Blutdruckwerte [
      79, 163].
      Näheres findet sich bei den Hintergrundinformationen
      4.7.1H.
      Das führt zu der Empfehlung, dass der Blutdruck zunächst gut eingestellt sein muss, ehe man mit einer ASS-Therapie zur Primärprävention einer KHK bei Hypertonikern beginnt [1].

      Aus diesen Ergebnissen folgernd ist die tägliche Gabe von 75 mg ASS bei hypertensiven Patienten empfohlen bei [1]:

      • fehlenden Kontraindikationen für ASS
      • zur Sekundärprävention: kardiovaskuläre Komplikationen (Myokardinfarkt, Angina pectoris, zerebrovaskuläre Erkrankung ohne Blutung, periphere arterielle Verschlusskrankheit oder atherosklerotische Nierengefäßerkrankung)
        oder

      zur Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse:

      • Blutdruck ausreichend eingestellt bis < 150/90 mm Hg
        und
      • Alter >= 50 Jahre
        und
      • Endorganschäden (zum Bsp. linksventrikuläre Hypertrophie, Niereninsuffizienz oder Proteinurie)
        oder
      • einem 10-Jahres-KHK Risiko >= 15%
        oder
      • Typ 2 Diabetes mellitus


      Tabelle 23: Acetylsalicylsäure (ASS)

      Wirkstoff

      Handels-
      name(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe
      (Tag)

       

      Acetylsalicylsäure (ASS)
       

      z.B. Aspirin® 100

      75-100

      1

       


      4.7.2 Empfehlungen: Acetylsalicylsäure (ASS)

      Die tägliche Gabe von 75 mg ASS bei hypertensiven Patienten kann erwogen werden:

      • bei vorhandenen kardiovaskulären Komplikationen (Sekundärprävention) und fehlenden Kontraindikationen für ASS (B)
      • zur Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit gut eingestelltem Blutdruck (<150/90) und Alter >= 50 und Endorganschäden oder Diabetes mellitus Typ II oder 10-Jahres-KHK Risiko >=15% (B)

      Vor Therapiebeginn mit ASS sollte der Blutdruck gut eingestellt sein (B).


      4.7.3 Statine (HMG CoA-Reduktase- Hemmer, Lipidsenker)

      Verschiedene in den letzten Jahren durchgeführte kontrollierte Studien haben gezeigt, dass eine Therapie mit Statinen in der Primär- und Sekundärprävention größere koronare Ereignisse um 30% und die Gesamtmortalität signifikant reduziert [165, 166, 167,168, 294, 311].
      Darüber hinaus senkt eine Therapie mit Statinen auch das Risiko für Schlaganfälle bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit [
      166, 167, 168]. In Untergruppenanalysen war der Nutzen auch bei Patienten mit Hypertonie in der gleichen Größenordnung [166, 167, 168]. Die Konsequenzen aus diesen Studien für das Hypertonie-Management sind bedeutend, haben doch Hypertoniker per se schon ein erhöhtes Risiko für koronare und zerebrovaskuläre Todesfälle [94, 139, 150, 151, 152, 153, 155, 311].
      Es besteht Übereinstimmung darüber, dass eine Statintherapie auf die definierte Schwelle für das koronare Risiko zielt und nicht auf angestrebte Lipidwerte [
      169] (Hintergrundinformationen 4.7.3H).
      Die Hauptbedenken gegen eine Statintherapie betreffen die enormen potenziellen Kosten [
      1].
      Etliche Studien sind noch nicht abgeschlossen, so dass in absehbarer Zeit neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Nach dem aktuellen Stand kann eine Therapie mit Statinen unter folgenden Voraussetzungen empfohlen werden [
      1, 13, 14, 15, 141, 170]:

      • Serumcholesterinspiegel ≥ 5,0 mmol/l (entspricht 193 mg/dl)
        und
      • Sekundärprävention: Myokardinfarkt, Angina pectoris, ACB oder PTCA, zerebrovaskuläre Erkrankung ohne Blutungskomplikationen, pAVK oder atherosklerotische Nierengefäßerkrankung
        oder
      • Primärprävention: 10- Jahres-KHK Risiko >= 30% (» 10% CVD-Risiko >=40%)
        oder
      • Familiäre Hypercholesterinämie

      Basierend auf der derzeitigen Datenlage sollte eine Statintherapie zur Sekundärprävention bis zu einem Alter von 75 Jahren begonnen werden und zur Primärprävention bis zu einem Alter von 70 Jahren.


      Tabelle 24: Statine

      Wirkstoff

      Handelsname(n)

      Tagesdosis (mg)

      Gabe
      (Tag)

       

      Simvastatin
       

      z.B. Denan®, Zocor®

      5-40

      1

       

      Pravastatin
       

      z.B. Pravasin®, Liprevil®

      5-40

      1

       

      Lovastatin
       

      z.B. Mevinacor®

      10-80

      1

       

      Fluvastatin
       

      z.B. Cranoc®, Locol®

      20-40

      1

       

      Atorvastatin
       

      z.B. Sortis®

      10-20

      1

       


      4.7.4 Empfehlungen: Statine (HMG CoA-Reduktase- Hemmer)

      Die Gabe von Statinen bei hypertensiven Patienten sollte erwogen werden:

      • bei vorhandenen kardiovaskulären Komplikationen (Sekundärprävention) und einem Serumcholesterinspiegel ≥ 5,0 mmol/l (entspricht 193 mg/dl) (B)
      • zur Primärprävention bei Patienten mit einem Serumcholesterinspiegel ≥ 5,0 mmol/l (entspricht 193 mg/dl) und einem 10- Jahres-KHK Risiko >= 30% oder bei Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie (B)


    4.8 Therapieresistente Hypertonie („Non Responder“)

    Eine therapieresistente Hypertonie liegt vor, wenn es trotz einer ausreichend dosierten antihypertensiven Dreifachtherapie nicht gelingt, bei systolisch - diastolischer Hypertonie den Blutdruck unter 140/90 mm Hg bzw. bei isolierter systolischer Hypertonie unter 140 mm Hg zu senken [6, 9, 213]. Tatsächlich liegt in den wenigsten Fällen, in denen es nicht gelingt, diese (willkürlichen) Blutdruckgrenzen zu erreichen, eine Therapieresistenz vor. Häufig finden sich andere Ursachen, die ausgeschlossen werden sollten, z.B. eine unzureichende Compliance [6, 9]. Eine Gegenregulation des Körpers auf ein bestimmtes Pharmakon als Ursache einer Therapieresistenz dürfte meist durch einen Wechsel der Substanz vermieden werden [6].
    Eine echte Therapieresistenz liegt nur in etwa 2-5% der Fälle vor [
    288].
    In extrem seltenen Fällen liegt trotz einer hochdosierten, optimal ausgewogenen antihypertensiven Mehrfachtherapie eine Therapieresistenz vor, meistens bei sekundären Hochdruckformen, die einer kausalen Behandlung nicht zugänglich sind, besonders bei renaler Hypertonie und diabetischer Nephropathie, bei denen niedrigere Zielblutdruckwerte angesetzt werden [
    6].

    Für eine ungenügende Blutdrucksenkung auch unter medikamentöser Dreierfach-Therapie kommen verschiedene Ursachen in Betracht [6, 9]:

    • Pseudoresistenz
    • „Weißkitteleffekt“
    • Pseudohypertonie bei alten Patienten
    • Falsche Messtechnik (Verwendung einer regulären Manschette an einem adipösen Arm)
    • Inkomplette oder fehlende Medikamenteneinnahme (siehe 4.12)
    • Volumenüberlastung
    • übermäßige Salzzufuhr
    • fortgeschrittene Nierenschädigung (Nephrosklerose)
    • Flüssigkeitsretention als Folge der Blutdruckreduktion
    • unzureichende diuretische Therapie
    • unerkannte sekundäre Hypertonie
    • Maligne Hypertonie
    • Begleiterkrankungen
    • zunehmende Adipositias
    • unerkanntes Schlaf-Apnoe-Syndrom (SAS)
    • Insulinresistenz / Hyperinsulinämie
    • Alkoholabusus von mehr als 30ml Ethanol pro Tag
    • Angst-induzierte Hyperventilation oder Panikattacken
    • chronische Schmerzen
    • intensive Vasokonstrikition (z.B. im Rahmen einer Arteriitis)
    • organische Hirnsyndrome (z.B. Demenz)
    • Medikamente / Substanzen
    • Antihypertensiva zu niedrig dosiert
    • falsches Diuretikum
    • inadäquate Wirkstoffkombinationen 
    • schnelle Inaktivierung (z.B. Hydralazin)
    • Medikamteninteraktionen (siehe auch unter Anamnese 3.3.1)
    • Sympathomimetika
    • Appetitzügler
    • Abschwellende Nasensprays / -tropfen
    • Kokain und andere Drogen
    • Koffeinabusus
    • orale Kontrazeptiva, Östrogene
    • Kortikoide
    • Lakritzabusus (auch enthalten in Kautabak)
    • Erythropoetin
    • Antidepressiva
    • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)


    4.9 Empfehlungen: Therapieresistente Hypertonie

    In weniger als 5% der Fälle liegt eine „echte“ therapieresistente Hypertonie vor, die durch Spezialisten behandelt werden sollte (C).
    Andere Ursachen (mangelnde Compliance, Begleiterkrankungen, Medikamente, etc.) sollten vorher ausgeschlossen werden (C).


    4.10 Verlaufskontrollen

    Die Häufigkeit von Folgeuntersuchungen und Wiedervorstellungen hypertensiver Patienten mit adäquater Blutdruckeinstellung richtet sich nach Faktoren wie Schweregrad der Hypertonie, Patientencompliance, Blutdruckschwankungen, Komplexität des Therapieregimes und der Notwendigkeit für Schulungsmaßnahmen. Eindeutige evidenzbasierte Empfehlungen können nicht abgeleitet werden, in der Tabelle 26 werden Konsenusempfehlungen angegeben [46]. Im Rahmen der Einstellung auf eine antihypertensive Pharmakotherapie werden Intervalle von 2-4 Wochen bei fehlenden Komplikationen als ausreichend angesehen. Generell sollte der Zeitraum bis zur nächsten Wiedervorstellung 6 Monate nicht überschreiten.

    Die Routine-Vorstellungen beim Arzt sollten im Wesentlichen folgende Punkte klären:

    • Blutdruck- und Gewichtsverlauf (Blutdruckprotokoll)
    • Generelle Gesundheitsprobleme, Nebenwirkungen der Therapie und andere Therapieprobleme
    • Verstärkung der Motivation zu nicht-medikamentösen Maßnahmen

    Im Rahmen der routinemäßigen Vorstellung sollte einmal jährlich das kardiovaskuläre Risiko berechnet werden, da das Alter einen wesentlichen Faktor darstellt und Einfluss auf Therapieentscheidungen haben kann.


    Tabelle 25: Empfehlungen für Verlaufskontrollen

    Vorgehen

    Zeitintervall

    • Wenn unter pharmakologischer Therapie bei zwei Messungen (in der Praxis) die  Zielwerte nicht erreicht wurden
    • Neu eingestellte Patienten: zur Blutdruckkontrolle, zur Frage nach Therapiezufriedenheit und Nebenwirkungen

    monatlich

    • Stabiler Blutdruck unter Therapie
    • Patienten mit Symptomen, schwerer Hypertension, Probleme mit der Medikation,  weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren, Endorganschäden

    alle 3 Monate

    • Stabiler Blutdruck
    • Zur medikamentösen Therapieoptimierung, wenn der Zielblutdruck erreicht ist
    • Für nicht-medikamentöse Therapieoptimierung

    3-6 Monate

    Maximales Intervall

     

    6 Monate

    Berechnung der kardiovaskulären Risikofaktoren

    1x pro Jahr

    Nach [46]

    Nach abgeschlossener Diagnostik (siehe 3.3) benötigen Patienten mit alleiniger Hypertonie im Verlauf nur wenige Untersuchungen. Diese Routineuntersuchungen erfassen neben dem Blutdruck den Status gefährdeter Organe bzw. bereits eingetretene Endorganschäden und Komplikationen.
    Die Routineuntersuchungen (mindestens jährlich, bei Bedarf häufiger) sollten umfassen [
    1, 2, 3, 10]:

    • Urinteststreifen für Eiweiß und Blut
    • Serumkreatinin und Elektrolyte
    • Blutzucker
    • Lipidprofil
    • 12 Kanal-EKG

    Eine Echokardiographie sollte durchgeführt werden bei Verdacht auf eine neu aufgetretene linksventrikuläre Hypertrophie, Herzinsuffizienz oder Koronare Herzerkrankung.
    Routinemäßig nicht erforderlich sind eine Röntgenaufnahme des Thorax, eine Abdomensonografie sowie die mikroskopische und kulturelle Urindiagnostik [
    1].


    4.11 Empfehlungen: Verlaufskontrollen

    Die Routine-Vorstellungen beim Arzt sollten im Wesentlichen folgende Punkte klären (C):

    • Blutdruck- und Gewichtsverlauf
    • Generelle Gesundheitsprobleme, Nebenwirkungen der Therapie und andere Therapieprobleme (z.B. Compliance)
    • Verstärkung der Motivation zu nicht-medikamentösen Maßnahmen
    • Jährliche (Neu-) Berechnung des kardiovaskulären Risikos

    Neben regelmäßigen Blutdruckmessungen sollten bei jährlichen Routineuntersuchungen folgende Untersuchungen durchgeführt werden (C):

    • Urinteststreifen für Eiweiß und Blut
    • Serumkreatinin und Elektrolyte
    • Blutzucker
    • Lipidprofil
    • 12- Kanal-EKG
    • Echokardiographie bei V.a. Linksventrikuläre Hypertrophie, Herzinsuffzienz oder KHK


    4.12 Motivation und Compliance

    Die wirksame Senkung eines erhöhten Blutdrucks hängt vom Patientenverhalten ab, sei dies in Form von Diät oder vermehrter körperlicher Bewegung, von regelmäßigen Untersuchungen oder der Einnahme von Medikamenten [210]. Damit rückt die Motivation des Patienten als Betreuungsproblem in den Mittelpunkt [210]. Häufig nehmen Patienten Folgeuntersuchungen nicht wahr; die Erhaltung der Compliance stellt somit eine große Herausforderung an die behandelnden Ärzte dar [1].
    Im Rahmen von beim Hausarzt durchgeführten Schulungsprogrammen kann mit dem Assistenzpersonal in der Praxis ein therapeutisches Bündnis aufgebaut werden, das dem Patienten durch bekannte Bezugspersonen eine bessere Bindung an die Praxis ermöglicht. Dies kann als Motivationsfaktor genutzt werden [
    200, 297].

    Von der deutschen Hochdruckliga wurde ein offizielles Patientenschulungsprogramm entwickelt und evaluiert [200]. Dieses „Hypertonie Behandlungs- und Schulungsprogramm“ kann im Rahmen von strukturierten Behandlungsprogrammen in den Gesamtkontext integriert werden  [200]. Näheres findet sich bei den Hintergrundinformationen 4.12H.

    Weitere Faktoren zur Motivation der Patienten können sein:

    • Patienteninformationen (z.B. die Patientenleitlinien dieser Leitlinie, die auch unter www.Patientenleitlinien.de abgerufen werden können oder die Informationen der Ärztlichen Zentralstelle für Qualitätssicherung (ÄZQ) bei www.patienten-information.de)
    • Selbsthilfegruppen
    • Erinnerungshilfen
    • Patientenbücher / Blutdruck-Protokolle


    Tabelle 26: Empfehlungen, um Patienten zur Einnahme der Antihypertensiva zu motivieren(C)

    • Auf Hinweise achten, die auf eine fehlende oder inadäquate Einnahme der Antihypertensiva hindeuten
    • Festlegung des Therapieziels und Erläuterung für den Patienten: Senkung des Blutdrucks in normale Bereiche mit minimalen oder gar keinen Nebenwirkungen
    • Aufklärung und Schulung des Patienten über das Krankheitsbild der Hypertonie
    • Patienten und Angehörige sollten in die Therapie mit einbezogen werden. Dazu gehört auch die regelmäßige Selbstmessung des Blutdrucks
    • Kontakt halten mit den Patienten, auch telefonisch
    • Behandlung so einfach (z.B. Einmalgabe oder Kombinationspräparat) und preiswert (z.B. Großpackung) wie möglich
    • Ermutigung zur Lebensumstellung (mehr Bewegung, salz- und fettarme Kost, etc.)
    • Die Medikamenteneinnahme sollte in den normalen Tagesablauf integriert werden (z.B. Einnahme zum Frühstück)
    • Sinnvolle Verordnung der Medikamente (sinnvolle Kombinationen siehe Tabelle 11), möglichst langwirksame Pharma verwenden (Einmalgabe!)
    • Die Angst vor Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie (Beipackzettel) sollte thematisiert werden
    • Bereitschaft, eine erfolglose Therapie zu beenden und einen anderen Ansatz zu wählen
    • Gezielt nach Nebenwirkungen fragen und Anpassung der Therapie, um Nebenwirkungen zu verhindern, zu minimieren oder zu verbessern
    • Gabe von effektiven und gut vertragenen Medikamenten mit langsamer, schrittweiser Dosissteigerung bis zum Erreichen des Therapieziels
    • Ermutigung zu einem positiven Gefühl nach Erreichen des Therapieziels
    • Insbesondere bei betreuten Patienten: Absprachen mit den Pflegenden
    [9, 200, 297]


    4.13 Empfehlungen: Motivation und Compliance

    Zur Steigerung der Motivation sollte die Compliance bei jedem Arztbesuch gezielt angesprochen werden (Probleme mit der Medikation, Einschränkung der Lebensqualität etc.) (C).
    Zur Unterstützung können der Therapie können Schulungsprogramme und Patienteninformationen beitragen (C).


5. Besonderheiten


    5.1 Geriatrische Patienten und Hypertonie

    Hypertoniker über 60 Jahren verdienen aus verschiedenen Gründen eine genauere Betrachtung [3]. Der systolische Blutdruck steigt mit zunehmenden Alter kontinuierlich an, und die Prävalenz der Hypertonie einschließlich der isolierten systolischen Hypertonie (>=160/ <90mm Hg) liegt bei über 50% in der Altersgruppe über 60 Jahre [3, 171]. Diese Patienten haben allein aufgrund ihres Alters im Vergleich zu jüngeren Hypertonikern ein hohes kardiovaskuläres Risiko [3, 172]. Eine antihypertensive Therapie der diastolischen und isolierten systolischen Hypertonie reduziert dieses Risiko [3, 16].
    Neben dem kardiovaskulären Risko kann eine antihypertensive Therapie die Inzidenz für ein Herzversagen um 50% reduzieren [
    173]. Ebenso sinkt das Risiko für eine mögliche Demenz [174, 235]. Beide stellen wichtige Hypertoniekomplikationen in dieser Altersgruppe dar (Hintergrundinformationen 5.1H) [175].

    Der absolute Therapienutzen ist bei den älteren Patienten aufgrund ihres höheren absoluten Risikos wesentlich größer als bei jüngeren Patienten [3, 172].
    Die Therapie dieser Altersgruppe ist verbesserungswürdig, wohl auch weil sich die Ärzte dieser Hinweise nicht immer bewusst sind [
    3, 176, 177]. Bei älteren Patienten ist eine verminderte Kreatinin-Clearance zu erwarten, deshalb sollte

    • die Initialdosis geringer gewählt werden als bei jüngeren Patienten,
    • langsamer auftitriert werden,
    • die Gefahr einer Kumulation berücksichtigt werden.


    (siehe
    Tabelle 18H: Kreatinin-Clearance in Abhängigkeit vom Lebensalter)

    Bei multimorbiden Patienten sollte besonders auf Arzneimittelinteraktionen geachtet werden.Andererseits reduzieren gerade niedrige Einzeldosen die Nebenwirkungen, weshalb die Dosis nicht komplett ausgereizt, sondern bei Bedarf frühzeitig ein weiteres Antihypertensivum hinzugegeben werden sollte [3].
    Außerdem gilt besonders für ältere Patienten, dass das Therapieregime möglichst einfach sein sollte (Kombinationspräparate, Einmalgabe).
    Bezüglich der Blutdrucksenkung bei älteren Patienten erwiesen sich Diuretika, Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ, Betablocker und ACE-Hemmer als gleichwertig [
    278, 315].

    Thiaziddiuretika sind wegen ihres günstigen Nebenwirkunksprofils das Mittel der ersten Wahl [3, 310]. Kalziumantagonisten vom Dihydropyridin-Typ sind eine passende Alternative zu Thiaziden, wenn diese ineffizient, kontraindiziert sind oder nicht toleriert werden [96, 106]. Bei Vorliegen einer isolierten systolischen Hypertonie sind sie gleichwirksam wie Diuretika, ihre antihypertensive Wirkung nimmt jedoch mit dem Alter eher zu, wohingegen die Nebenwirkungsrate eher abnimmt [3].

    Betarezeptorenblocker waren in vielen Studien die Medikamente der zweiten Wahl, erwiesen sich jedoch in Bezug auf kardiovaskuläre Endpunkte als weniger effektiv als Thiazide (Hintergrundinformationen 5.1H) [3].
    Bei allen ACE-Hemmern fanden sich bei älteren Patienten höhere Wirkspiegel im Blut, so dass die Dosierung niedriger gewählt werden sollte als bei jüngeren Patienten [
    299].
    Wenn unter der antihypertensiven Therapie bei älteren Patienten Nebenwirkungen wie Schwindel, Sehstörungen oder das Nachlassen kognitiver Fähigkeiten auftreten, sollte eine vaskuläre Diagnostik erwogen werden (Hirninfarkte, Karotisstenose).

    Hinweise für den Nutzen einer antihypertensiven Therapie betreffen Altersgruppen bis mindestens 80 Jahren, und dementsprechend sollte ein regelmäßiges Blutdruck-Screening bis zu diesem Alter durchgeführt werden.
    Ist eine antihypertensive Therapie einmal etabliert, sollte sie auch bis in das Alter über 80 Jahre fortgeführt werden. Wird eine Hypertonie erst jenseits der 80 Jahre diagnostiziert, so gibt es derzeit keine evidenzbasierte Therapieempfehlung. Man sollte das weitere Vorgehen eher vom biologischen als vom nominellen Alter abhängig machen. Eine Therapieentscheidung sollte dann fallen, wenn die Patienten sich wohlfühlen, eine entsprechende Lebenserwartung haben und besonders dann, wenn sie bereits hypertensive Komplikationen oder Endorganschäden aufweisen [
    3].

    Ältere Patienten reagieren auf nicht-medikamentöse Maßnahmen mindestens so gut wie jüngere Patienten [178]. Eine antihypertensive Therapie ist indiziert und von eindeutigem Nutzen bei Patienten im Alter von 60 Jahren und darüber, wenn die durchschnittlichen Blutdruckwerte >160 mm Hg systolisch und >90 mm Hg diastolisch liegen [3].
    In Einzelfällen kann eine antihypertensive Medikation auch wieder ausgeschlichen werden, ohne dass es erneut zu erhöhten Blutdruckwerten kommt [
    316].

    Eine eindeutige Therapieempfehlung bei Werten systolisch von 140-159 mm Hg und diastolisch <90 mm Hg (grenzwertige isolierte systolische Hypertonie) kann nicht ausgesprochen werden, wird aber bei vorliegenden kardiovaskulären Komplikationen oder Endorganschäden empfohlen. Die Betreuung dieser Patienten mit grenzwertiger isolierter systolischer Hypertonie ohne Komplikationen stellt ein Dilemma dar. Die meisten dieser Patienten haben allein aufgrund ihres Alters ein 10-Jahres KHK-Risiko, das 15% übersteigt. Aufgrund dieses Befundes ist ein Nutzen einer antihypertensiven Therapie anzunehmen. Das Therapeutikum der ersten Wahl, ein niedrig dosiertes Thiazid-Diuretikum, ist sicher und effektiv. Auf der anderen Seite gibt es für diese Patientengruppe keine evidenzbasierten Belege, und die hohe Prävalenz würde dazu führen, dass große Teile der Bevölkerung in dieser Altersgruppe behandelt werden müssten. Eine eindeutige Empfehlung kann angesichts dieser Konstellation nicht ausgesprochen werden. Die behandelnden Ärzte sollten sich angesichts des angenommenen Nutzens und der zur Verfügung stehenden Ressourcen ein eigenes Urteil bilden.


    5.2 Empfehlungen: Geriatrische Patienten und Hypertonie

    Der absolute Therapienutzen ist bei älteren Patienten (belegbar bis mindestens 80 Jahre) größer als bei jüngeren Patienten (A).
    Die Blutdruckzielwerte älterer Patienten entsprechen denen jüngerer Patienten (A).
    Ältere Patienten vertragen eine antihypertensive Therapie so gut wie jüngere Patientengruppen, eine vorsichtigere Dosierung bei einer Einschränkung der Kreatininclearance ist zu berücksichtigen (A).
    Niedrig-dosierte Thiazide sind die Medikamente der ersten Wahl bei älteren hypertensiven Patienten ohne Begleiterkrankungen (A).
    Kalziumkanalantagonisten vom Dihydropyridin-Typ (z.B. Nifedipin) sind eine Alternative, wenn Thiazide nicht toleriert werden oder kontraindiziert sind (A).


    5.3 Hypertonie und Diabetes

    Die Hypertonie ist unter Diabetikern weit verbreitet und spielt eine Hauptrolle bei der Entwicklung makro- und mikrovaskulärer Komplikationen [179, 295]. Die Prävalenz der Hypertonie ist unterschiedlich bei Typ 1- und Typ 2-Diabetes.
    Während die Prävalenz der Hypertonie beim Typ 1-Diabetes, solange keine Nephropathie (Mikroalbuminurie oder Proteinurie) besteht, ungefähr gleich hoch ist wie in der Normalbevölkerung, lässt sich beim Typ 2-Diabetes ein Bluthochdruck (größer 140/90 mm Hg) bei mehr als 70% der Patienten nachweisen [
    180, 181].

    Eine Blutdruckmessung sollte bei Diabetikern auch im Stehen erfolgen, da aufgrund der diabetischen Polyneuropathie häufiger Orthostasen (siehe 3.1) zu beobachten sind und dies bei der antihypertensiven Therapie zu berücksichtigen ist [5, 6, 7, 9, 10, 46, 296].


      5.3.1 Typ 1-Diabetes

      Die Hypertonie beim Typ1-Diabetiker ist oft ein Hinweis auf eine vorliegende diabetische Nephropathie [182]. Blutdrucksenkung und ACE-Hemmertherapie verlangsamen das Fortschreiten der Nierenschädigung und verzögern die Progression von der Phase der Mikroalbuminurie zur manifesten Nephropathie [183, 184, 185]. Bei Unverträglichkeit der ACE-Hemmertherapie aufgrund trockenen Reizhustens ist ein Versuch mit einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten indiziert, obwohl eindeutige Hinweise auf die nephroprotektive Wirkung dieser Substanzgruppe derzeit erst erwartet werden [4].

      Der ACE-Hemmer sollte bis zur maximal empfohlenen und tolerierten Dosis titriert werden. Für die Nephroprotektion ist die Blutdruckkontrolle von entscheidender Bedeutung [186]. Antihypertensive Medikamentenkombinationen werden unausweichlich erforderlich, um die angestrebten Blutdruckziele zu erreichen. Dafür sind Thiazide, Kalziumantagonisten, kardioselektive Betablocker und auch Alpha-Blocker geeignet. Die Grenze für eine antihypertensive Therapie beim Typ 1-Diabetes mit Nephropathie beginnt bei 140/90 mm Hg. Der Blutdruckzielwert liegt bei weniger als 130/80 mm Hg oder niedriger (kleiner 125/75 mm Hg), wenn eine Proteinurie ab 1g pro Tag vorliegt [1]. Patienten mit Typ 1-Diabetes mit persistierender Mikroalbuminurie oder Proteinurie und „normalen“ Blutdruckwerten dürften ebenso von einer ACE-Hemmertherapie profitieren [187]. Es bleibt derzeit unklar, ob der Nutzen von der ACE-Hemmung per se oder von der damit verbundenen Blutdrucksenkung kommt [188]. Typ 1-Diabetiker mit Hinweisen auf eine Nephropathie haben ein sehr hohes Risiko für eine KHK und sollten bei einem Serumcholesterinspiegel ab 5,0 mmol/l (entspricht 193 mg/dl) für eine Therapie mit Statinen und ASS in Betracht kommen, sofern sie die Kriterien (siehe 4.7.1 und 4.7.3) erfüllen.


      5.3.2 Typ 2-Diabetes

      Hypertonie ist unter den Typ 2-Diabetikern weit verbreitet. Des weiteren korreliert die Adipositas stark mit der Hypertonie, ist aber nicht voll verantwortlich für sie [189].
      Eine antihypertensive Therapie wird ab einem Blutdruck von 140/90 mm Hg beim Typ 2-Diabetes empfohlen [
      295].
      In der Diabetes-Untergruppe der sogenannten HOT-Studie zeigte sich, dass die Blutdrucksenkung unter die als sonst normal angesehenen Werte das kardiovaskuläre Outcome deutlich verbessert. So gab es zum Beispiel 50% weniger kardiovaskuläre Endpunkte, wenn der diastolische Blutdruck von kleiner 90 mm Hg auf kleiner 80 mm Hg gesenkt wurde [
      192].

      In einer Studie erwies sich eine antihypertensive Therapie als effektiver zum Schutz vor mikro- und makrovaskulären Komplikationen als eine strenge Blutzuckereinstellung [190].
      Die Studien haben zudem gezeigt, dass mindestens eine antihypertensive Zweifachkombination erforderlich ist, um eine optimale Blutdruckkontrolle beim Typ 2-Diabetes zu erreichen.

      Eine eindeutige Empfehlung für ein bestimmtes Antihypertensivum beim Typ 2-Diabetes kann aus der derzeitigen Studienlage nicht abgeleitet werden, es gibt aber Hinweise aus Untergruppenanalysen von Outcome-Studien von Diabetikern für die Sicherheit und Wirksamkeit von ACE-Hemmern, Dihydropyridin-Kalziumantagonisten, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten sowie niedrig- dosierten Thiaziden und Betarezeptorenblockern [1, 291].

      Eine Studie zeigte, dass Therapieregime basierend auf ACE-Hemmern (Captopril) und Betarezptorenblockern (Atenolol) gleichermaßen effektiv waren in der Reduktion makrovaskulärer Komplikationen; diese Studie war jedoch zu klein, um eindeutige Differenzen herauszuarbeiten [191]. Subgruppenanalysen anderer Outcome-Studien haben gezeigt, dass andere Medikamentenklassen, zum Beispiel Diuretika und Dihydropyridin-Kalziumantagonisten, ebenfalls die Prognose der Diabetiker mit Hypertonie verbessern können [193, 194, 195, 196].
      Die Auswahl der entsprechenden Wirkstoffklasse sollte sich nach den auch für Nicht-Diabetiker geltenden Maßstäben orientieren.

      Es gibt wesentlich weniger Therapiestudien mit Typ 2-Diabetikern mit diabetischer Nephropathie. Eine Hypertonie beschleunigt die Verschlechterung der Nierenfunktion bei Typ 2-Diabetikern mit manifester diabetischer Nephropathie, während eine antihypertensive Therapie die Progression verlangsamt  [197]. ACE-Hemmer haben eine Wirkung auf die Proteinurie und verzögern die Progression von der Mikroalbuminurie zur manifesten Nephropathie [198].

      Bei Vorliegen einer Nephropathie sollte bei einer Kreatinin-Clearance unter 20ml/min (Serum-Kreatinin: 3-6mg/dl) nicht mehr mit einer neuen ACE-Hemmer-Therapie begonnen werden.
      Das hohe kardiovaskuläre Risiko der Typ 2-Diabetiker und die Tatsache, dass viele der Patienten bereits bei Diagnosestellung Manifestationen einer KHK aufweisen, bedeutet, dass neben der Blutdrucksenkung noch weitere therapeutische Strategien verfolgt werden müssen. Alle Patienten mit Typ 2-Diabetes und Hypertonie sollten nach den oben angegebenen Kriterien eine Therapie mit ASS erhalten. Viele Typ 2-Diabetiker mit Hypertonie benötigen ebenfalls eine Statintherapie zur Primärprävention einer KHK, da ihr geschätztes 10-Jahres-KHK Risiko bei mehr als 30% liegt.

      Dieser multifaktorielle Ansatz sollte auch Maßnahmen der optimierten Blutzuckereinstellung und anhaltende nicht-medikamentöse Maßnahmen umfassen, da viele Typ 2-Diabetiker häufig übergewichtig sind und mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren aufweisen [199].
      (Weiteres unter Hintergrundinformationen
      5.3H).


    5.4 Empfehlungen: Hypertonie und Diabetes

    Typ 1 Diabetes:

    Einleitung einer antihypertensiven Therapie bei Blutdruckwerten ab 140/90 mm Hg (B).
    Zielblutdruckwert 130/80 mm Hg oder niedriger bei vorhandener Proteinurie (A).
    Blutdrucksenkung und ACE-Hemmer verlangsamen die Progression der Niereninsuffizienz (A).

    Typ 2 Diabetes:

    Einleitung einer antihypertensiven Therapie bei Blutdruckwerten ab 140/90 mm Hg (B).
    Zielblutdruckwert 130/80 mm Hg (A).
    Eine optimale Therapie mit Medikamenten der ersten Wahl ist derzeit noch nicht etabliert. ACE-Hemmer scheinen Vorteile zu bieten; andere mögliche Medikamente sind ß-Blocker, Kalziumkanalantagonisten vom Dihydropyridin-Typ, Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten, Alpha-Blocker und niedrig-dosierte Thiazide (B).
    Die Auswahl der entsprechende Wirkstoffklasse sollte sich nach den auch für Nicht-Diabetiker geltenden Maßstäben orientieren (C).


6. Hypertensive Krise


    6.1 Definition

    Akute, krisenhafte Steigerungen des systolischen und diastolischen Blutdrucks auf über 210-240/110-140 mm Hg werden als hypertensive Krisen bezeichnet. Zum Notfall werden sie aber nicht durch die absolute Höhe des Blutdrucks, sondern erst durch potentiell lebensgefährliche Störungen von Organfunktionen (ZNS, Herz, Nieren). Die im angloamerikanischen Sprachraum übliche Differenzierung zwischen hypertensivem Notfall (emergency) und hypertensiver Dringlichkeit (urgency) findet zunehmend Eingang in den deutschen Sprachraum [9]. In dieser Leitlinie wird der Begriff Dringlichkeit durch Entgleisung ersetzt.


    6.2 Therapie der hypertensiven Krise

    Zur hypertensiven Krise fehlen randomisierten Studien mit klinischen Endpunkten (z.B. Mortalität). Deswegen wird in dieser Leitlinie auf Empfehlungen des amerikanischen Joint National Committee (JNC VI) und anderer Autoren zurückgegriffen [6, 9, 10, 35, 36, 37, 38, 300].


      6.2.1 Hypertensive Entgleisung (Dringlichkeit)

      Liegen bei einem krisenhaften Blutdruckanstieg keine Symptome einer akuten Organstörung vor – handelt es sich also um eine hypertensive Entgleisung – sollte wegen der Gefahr ischämischer Organschäden vermieden werden, den Blutdruck zu rasch zu senken. Lassen sich andere Ursachen für den Blutdruckanstieg wie Schmerzen, Harnverhalt, Fieber, Entzug (Alkohol, Drogen) oder Medikamente (Ko-Medikation, eigenmächtiges Absetzen, Interaktionen u.a.) ausschließen, normalisiert sich der Blutdruck etwa bei jedem dritten Patienten innerhalb einer Stunde, wenn er sich in einem ruhigen Raum hinlegt [35]. Oft reicht es auch aus, dem Patienten eine zusätzliche Dosis seines Hochdruckmedikaments zu verabreichen [6]. Das Bestreben sollte sein, den Blutdruck innerhalb von 24-48 Stunden zu senken, was meistens ambulant geschehen kann.
      Auch die schwere perioperative Hypertonie und ein massiv erhöhter Druck bei gleichzeitigem Fundus hypertonicus Grad III-IV werden zu den hypertensiven Entgleisungen gezählt [
      9]. Oft sind Patienten mit langjährig erhöhtem Blutdruck, die ihre Medikation nur unregelmäßig einnehmen oder abrupt abgesetzt haben, betroffen.
      Die vielfach praktizierte Behandlung asymptomatisch erhöhter Werte mit Nifedipin sublingual ist nicht indiziert [
      38]. Die damit verursachte schnelle und möglicherweise riskante Blutdrucksenkung ist unnötig, zumal die Gefahr ausgeprägter Reflextachykardien besteht [9, 161]. Zudem ist Nifedipin relativ schlecht steuerbar, die Wirkung hält etwa 2-5 Stunden an.


      6.2.2 Hypertensiver Notfall

      Handelt es sich um einen hypertensiven Notfall – bestehen also lebensbedrohende Beeinträchtigungen von Organfunktionen – sind eine adäquate Senkung des Blutdrucks und die sofortige stationäre Einweisung erforderlich. Meist ist eine intensivmedizinische Überwachung und Therapie nötig [36].
      Ein hypertensiver Notfall liegt dann vor, wenn folgende Hinweise auf schwere Erkrankungen vorliegen wie [
      6, 36, 300]

      Hochdruckenzephalopathie (klinische Symptome: Sehstörungen, Schwindel, Bewusstseinsstörungen, neurologische Ausfallerscheinungen, zum Teil schlecht abgrenzbar von einem Schlaganfall)

      • intrakranielle Blutungen
      • frische Blutungen und Papillenödem am Augenhintergrund
      • Lungenödem
      • instabile Angina pectoris
      • Myokardinfarkt
      • dissezierendes Aortenaneurysma
      • Eklampsie bei Schwangeren

      (Mehr unter Hintergründe 6.H).

      Maßgeblich für die Wahl des Antihypertensivums sind das zu Grunde liegende Krankheitsbild und das Ausmaß der angestrebten Blutdrucksenkung. Der Blutdruck sollte zwar rasch, aber nicht bis auf normale Werte gesenkt werden [36]. Als Richtwert gilt, den arteriellen Mitteldruck (6.H) innerhalb von Minuten bis Stunden um maximal 15-25 % zu senken [9, 300]. Eine Senkung auf Normalwerte ist innerhalb von 24-48 Stunden anzustreben [36]. Als Faustregel kann gelten, den diastolischen Blutdruck innerhalb von 30-60 min um 10-15% zu senken [36].
      Allgemeinmaßnahmen wie Beruhigung des Patienten mit Hochlagerung des Oberkörpers und der Gabe von Sauerstoff (2-4 l/min) werden empfohlen [
      6, 10]. Ebenfalls sollten Patienten mit einem hypertensiven Notfall einen intravenösen Zugang erhalten [6, 10].


    6.3 Medikamentöse Therapie des hypertensiven Notfalls

    Eine wiederholte Gabe der Medikation ist bei allen genannten Substanzen möglich; es sollte allerdings beachtet werden, dass es bei zu rasch aufeinanderfolgenden Verabreichungen zu überschießenden und anhaltenden Hypotonien kommen kann. Prinzipiell soll in erster Linie ein Verschwinden der Symptome, also ein besseres Befinden des Patienten, erreicht werden. Die Blutdruckwerte stehen erst an zweiter Stelle.


      6.3.1 Nifedipin und Nitrendipin (sublingual)

      Wegen des Auftretens von ausgeprägten Reflextachykardien wird die Gabe von Nifedipin-Kapseln (Adalat® 5 oder 10 mg Kapsel) nicht mehr allgemein empfohlen [36]. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte favorisiert stattdessen die orale Gabe von Nitrendipin (Bayotensin® 5 mg in der Phiole, Wirkungseintritt nach 5-10 Minuten). Sowohl Nifedipin als auch Nitrendipin sind kontraindiziert bei Myokardinfarkt und instabiler Angina pectoris [6].


      6.3.2 Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin) (sublingual)

      Mittel der Wahl bei Lungenödem, Linksherzinsuffizenz, instabiler Angina pectoris und Myokardinfarkt ist Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin). Es kann als Spray oder Kapsel (Nitrolingual®, Corangin®) in der Dosierung 0,4-1,2 mg verabreicht werden, die Wirkung setzt nach 1-2 Minuten ein [6, 10].


      6.3.3 Urapidil (intravenös) oder Clonidin (intravenös/subcutan/intramuskulär)
      Als Medikamente der zweiten Wahl für die intravenöse Gabe kommen 25 mg Urapidil (Ebrantil®) oder 0,075 mg Clonidin (Catapresan®) in Frage [6, 10]. Beide erreichen ihren Wirkungseintritt nach etwa 10 Minuten. Bei Urapidil ist eine Wiederholung bzw. Steigerung der Dosis auf 50 oder 100 mg möglich.
      Clonidin wirkt bradykardisierend und sedierend, was das Erkennen neurologischer Defizite erschweren, bei erregten Patienten aber auch therapeutisch genutzt werden kann. Clonidin kann bei Hochdruckkrisen auch unverdünnt subkutan oder intramuskulär (Cave: Kontraindikation für eine Lysetherapie) appliziert werden (vorzugsweise mit 0,075 mg), ist dann aber schlechter steuerbar [36].


      6.3.4 Furosemid (intravenös/oral)

      Bei einem Lungenödem und anderen Zeichen einer Überwässerung ist Furosemid (Lasix®) in der Dosierung 20-40 mg zu empfehlen [10]. Kontraindiziert ist es bei Hypovolämie und Dehydratation. Bei Niereninsuffizienz und Überwässerung kann die Dosis gesteigert werden. Bei einer terminalen Niereninsuffizienz oder dem Nichtansprechen auf medikamentöse Maßnahmen kann eine Hämodialyse oder –filtrationsbehandlung notwendig werden.


      6.3.5 Nitropussid-Natrium (intravenös)

      US-amerikanische Empfehlungen geben der parenteralen Therapie mit 60 mg Nitropussid-Natrium (Nitropuss®) wegen der guten Steuerbarkeit den Vorzug [9, 36]. Wegen der aufwendigen Handhabung (Lichtempfindlichkeit!) und einer möglichst intraarteriellen Blutdruckkontrolle ist es in Deutschland eher der Intensivmedizin vorbehalten.
       


      6.3.6 Dihydralazin (intravenös/oral)

      Dihydralazin (z.B. Nepresol®) sollte wegen möglicher immunallergischer Wirkungen routinemäßig nicht verabreicht werden. Im letzten Trimenon der Schwangerschaft hat es in der Dosierung von 25 mg zur Akutbehandlung des hypertensiven Notfalls jedoch seine „Indikationsnische“ [10, 19, 20]. In der Frühschwangerschaft ist es wegen teratogener Effekte kontraindiziert.
      Das weitere Vorgehen der antihypertensiven Therapie in der Schwangerschaft ist nicht Gegenstand dieser Leitlinie.


      6.3.7 Captopril (oral/sublingual)

      Statt Nitrendipin kann auch Captopril (z.B. Lopirin®) verabreicht werden. Die Wirkung tritt jedoch erst nach 15 Minuten ein, zudem kann eine überschießende Blutdrucksenkung bei Erstgabe auftreten (First-Dose-Hypotonie). Vorsicht ist geboten bei Volumenmangel, fortgeschrittener Niereninsuffizienz und Nierenarterienstenose [300].


    6.4 Empfehlungen: Hypertensive Krise

    Bei einer hypertensiven Krise ohne Beeinträchigung von Organfunktionen ist eine schnelle Blutdrucksenkung unnötig (C).
    Eine hypertensive Krise mit Beeinträchigung von Organfunktionen ist ein Notfall. Eine adäqute Blutdrucksenkung und die stationäre Einweisung unter Monitoring sollten unverzüglich erfolgen (C).

    Mittel der ersten Wahl sind (C)

    • 5 mg Nitrendipin (Bayotensin®) sublingual oder
    • 0,4-1,2 mg Glyceroltrinitrat (Nitrolingual®, Corangin®) als Spray oder Kapsel bei Lungenödem, Linksherzinsuffizienz, instabiler Angina pectoris und Myokardinfarkt.

    Bei hypertensivem Lungenödem ist Furosemid (Lasix®) in der Dosierung 20-40 mg indiziert (C).

    Als Mittel der zweiten Wahl eignen sich die intravenöse Gabe von (C)

    • 25 mg Urapidil (Ebrantil®) oder
    • 0,075 mg Clonidin (Catapresan®) oder
    • 60 mg Nitropussid-Natrium (Nitropuss®).

    Nifedipin sublingual sollte wegen der Gefahr ausgeprägter Reflextachykardien und einer zu raschen Blutdrucksenkung nicht zum Einsatz kommen (B).

     

 

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Eine Aktualisierung dieser Leitlinien ist nicht geplant (Stand September 2007)

 

 

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Update:03/09/09

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